Eichhörnchen

Der Frühling liegt in der Luft, und viele Menschen machen sich jetzt an die Gestaltung ihrer Balkone. Dabei werden relativ häufig Eichhörnchennester mit Jungen entdeckt. Die Tiere bringen ab Januar ihren Nachwuchs zur Welt. Da sie als Kulturfolger an ein Leben in der Nähe des Menschen gewöhnt sind und ohne Probleme an Gebäudefassaden hochklettern können, suchen sich die niedlichen Nager oft Balkonkästen oder Kissenstapel als Nistplatz aus.

Wenn Sie also planen, Ihren Balkon aufzuräumen, dann gehen Sie bitte sehr vorsichtig ans Werk! Decken, Polster und Kissen sollten behutsam aufgenommen und am Boden untersucht werden, so dass eventuell darin liegende Eichhörnchenjunge nicht herausfallen können und sich dabei verletzen. Auch die Balkonkästen mit Gewächsen aus dem Vorjahr sollten zunächst vorsichtig untersucht werden, bevor man die Pflanzen oder Tannenzweige entfernt. Findet man im Kissenstapel oder in den Pflanzgefäßen ein Nest mit Jungen, legt man das Ganze wieder schön zugedeckt an die Ursprungsstelle zurück, damit die Hörnchenmutter es wiederfindet. Der Eichhörchennachwuchs darf dabei ruhig in die Hand genommen werden, denn das Muttertier stört sich nicht am menschlichen Geruch.

Wenn das Muttertier durch das Hantieren auf dem Balkon und das Entdecken des Nestes erschreckt flüchtet, sollte man sich leise zurückziehen. Sobald Ruhe eingekehrt ist, wird die Eichhörnchenmama zu ihren Jungen zurückkehren. Spätestens nach sechs Wochen steht ohnehin der Umzug vom Wurfnest in einen anderen Kobel an und dann steht der Balkon-Neugestaltung nichts mehr im Wege.

Ein etwa 14 Tage altes EichhörnchenjungesWurde aus Versehen ein Nest komplett zerstört, kann aus einem kleinen Handtuch ein Ersatznest geformt und die Jungtiere hineingelegt werden. Da gerade sehr kleine Eichhörnchenjunge schnell auskühlen, ist es ratsam, eine nicht zu heiße Wärmflasche unter das Handtuchnest zu schieben. In den allermeisten Fällen kommt die Eichhörnchenmutter zurück und siedelt ihre Jungen der Reihe nach in eines ihrer Ausweichnester um. Dies kann mehrere Stunden dauern, sodass man gegebenenfalls die Wärmequelle erneuern muss.

Doch mitunter kommt es auch vor, dass die Eichhörnchenmama nicht zurückkommt und die jungen Eichhörnchen die Hilfe von Menschen benötigen. Dann sollten die Jungtiere in eine entsprechend spezialisierte Auffangstation gebracht werden.

Und nicht nur Jungtiere benötigen die Hilfe von Menschen – kranke oder hilflose Eichhörnchen suchen diese sogar aktiv! Die Eichhörnchen laufen dann hinter den Menschen her und klettern sogar an ihnen hoch - ein in der Tierwelt einzigartiges Phänomen! Selbst Hörnchen, die noch nie Kontakt zu Menschen hatten, wenden sich in Zeiten der Not an uns.

Trifft man in freier Natur auf ein anhängliches Eichhörnchen, sollte man daher unbedingt helfen und es vorsichtig aufnehmen, um es zu untersuchen. Keine Sorge vor Tollwut – Deutschland gilt seit 2008 offiziell als tollwutfrei (mit Ausnahme von Fledermäusen, die aber auch nur eine äußerst geringe Gefahr darstellen). Während junge Eichhörnchen in der Regel nicht beißen, sollte man – bevor man ein erwachsenes Tier aufnimmt – besser Handschuhe überstreifen.

Grundsätzlich gilt: Ist das Hörnchen deutlich abgemagert oder verletzt – was man unter anderem an offenen Wunden oder verdrehten Extremitäten erkennt – muss es unbedingt schnell zu einem fachkundigen Tierarzt.

Es kommt nicht selten vor, dass Eichhörnchenjunge draußen allein angetroffen werden und dann vielleicht mit Menschen Kontakt aufnehmen. Nicht immer handelt es sich dabei um verwaiste Tiere, deren Mutter gestorben ist. Aus diesem Grund sollte man die Tiere nicht sofort mitnehmen. Es kann nämlich durchaus sein, dass das Eichhörnchenjunge nur aus dem Nest (Kobel) herausgefallen ist, weil dieses z. B. durch langanhaltenden Starkregen oder größere Vögel wie Krähen zerstört wurde. Dann ist die Mutter noch in der Nähe und kümmert sich früher oder später um ihren Nachwuchs.

Erscheint der junge Findling gesund, sollte man ihn am besten einfach nur in einen mit Stoff ausgepolsterten Korb oder Pappkarton setzen und an einem sicheren Ort zur Ruhe kommen lassen. Das minimiert die Gefahr, von Greifvögeln, Hunden oder Katzen verletzt oder sogar getötet zu werden. Sinnvoll ist es, sich nicht allzu weit vom Fundort zu entfernen und mindestens eine, besser jedoch drei Stunden zu warten, ob sich das Muttertier blicken lässt. Sobald die Hörnchenmutter sich zeigt, kann das Junge in ein aus einem Handtuch geformtes Ersatznest gesetzt und damit auf den Boden gelegt werden. Es muss gut zu sehen sein – dann wird es in der Regel schnell abgeholt. Taucht auch nach der beschriebenen Wartezeit das Muttertier nicht auf, ist anzunehmen, dass ihm etwas zugestoßen ist. Hier sollte man sich dann in die bereits zuvor erwähnte Auffangstation wenden.

Wenn ein kerngesundes Eichhörnchen in freier Natur sehr stark „menschelt“, uns hartnäckig verfolgt und immer wieder an uns hochklettert, kann es für dieses Verhalten allerdings noch einen weiteren Grund geben: Das Hörnchen wurde ziemlich sicher von Menschen aufgezogen, die es dann einfach irgendwann wieder in die freie Natur gesetzt haben, ohne es vorher auf ein selbstständiges Leben vorzubereiten. Es hat von einem Moment auf den anderen kein Zuhause mehr und weiß nicht, wie es sich Nahrung beschaffen soll. Deshalb wenden sich solche Tiere an Menschen, die ihnen helfen sollten, indem sie sie in eine spezielle Einrichtung für Eichhörnchen bringen.

Die Auswilderung von Pfleglingen muss allmählich über Außenvolieren durchgeführt werden. In diesen Volieren erhalten die Tiere weiterhin Nahrung, aber die Türen stehen offen, so dass Ausflüge in die Freiheit nach Belieben unternommen werden können. Nach einer gewissen Zeit haben sich die Hörnchen draußen orientiert und kommen immer seltener zu Besuch in die Voliere, bis sie schließlich ganz verschwinden und ein eigenständiges Leben ohne Hilfe des Menschen führen. Man muss den Eichhörnchen die Entscheidung selbst überlassen, wann sie endgültig gehen möchten.

Mehr Informationen zum Umgang mit Eichhörnchen finden Sie unter unter
http://www.eichhoernchenhilfe-berlin.de/

Ursula Bauer, Diplom-Biologin

01.04.2019

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