Die seltsame Mutation des Hundes

Vom Tier- zum Pflanzenfresser

Es ist erstaunlich, auf welche Ideen der Mensch in der Diskussion um die Ernährung von Hunden (und auch Katzen) kommt. Eine dieser „grandiosen“ Ideen ist es, Hunde vegetarisch ernähren zu wollen. Darüber kann man sich im Internet belesen, es gibt auch diverse Bücher zum Thema.

Als Begründung, einen Hund fleischlos oder – „noch besser“ – gar vegan zu ernähren, werden verschiedene Gründe genannt. An erster Stelle steht hier der Tierschutz. Meist handelt es sich hier um Menschen, die sich aus ethischen Gründen selbst vegetarisch oder vegan ernähren und dieses Prinzip dann auch auf ihren Hund übertragen. So unter dem Motto: „Kein Tier darf für die Befriedigung der Bedürfnisse eines anderen sterben.“ Es wird mit schrecklichen Haltungsbedingungen, Tiertransporten, Schlachtung und Tierquälerei argumentiert.

Schauen wir uns das einmal genauer an. Es ist ganz sicher richtig, sich gegen industrielle Massentierhaltung und die damit verbundenen Qualen für die Nutztiere zu wenden. Eine dringende Aufgabe. Als Mensch habe ich natürlich auch die Freiheit, aus diesen Gründen auf den Verzehr tierischer Produkte zu verzichten. Soweit so gut. Aber habe ich das Recht, dies auch dem Hund aufzuzwingen, für dessen Wohlergehen ich die Verantwortung übernommen habe?

Werfen wir doch vorab mal einen Blick ins Deutsche Tierschutzgesetz, Zweiter Abschnitt – Tierhaltung – § 2. Hier steht: Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

„muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen“,

und unter § 3:

„… muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.“

Aha, interessant. Nun stellt sich natürlich die Frage, ob vegetarische Kost für einen Hund eine seinen Bedürfnissen entsprechende Ernährung darstellt. Welche Bedürfnisse hat ein Hund im Zusammenhang mit seiner Ernährung?

Das soll für mich sein?Unsere Haushunde stammen vom Wolf ab und sind wie ihre wilden Vorfahren Carnivoren, also Fleischfresser. Da sie auch einen pflanzlichen Anteil mit ihrer Nahrung aufnehmen (z.B. Mageninhalt der Beutetiere, Kräuter, Beeren), bezeichnet man sie häufig auch als omnivore Carnivoren. Der Hauptbestandteil des Futters unserer Haushunde muss demzufolge tierischer Herkunft sein. Man geht dabei von ca. 80 – 90 % tierischen und 10 – 20 % pflanzlichen Bestandteilen in der Gesamtfuttermenge aus. Mit diesem Wissen im Hinterkopf sollte eigentlich jedem klar sein, dass die vegetarische Ernährung von Hunden alles andere als artgerecht ist. Ich persönlich bin der Meinung, dass sie einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz darstellt und Tierquälerei ist. Das Argument der Massentierhaltung ist dem Hund egal. Er fragt nicht nach der Quelle.

Das können aber die Hundehalter tun. Es ist deren Aufgabe, auf die Herkunft von Futter und Fleisch zu achten. Ich kenne sehr viele Vegetarier, die selbstverständlich bereit sind, ihrem Hund Frischfleisch zu füttern, weil sie das als artgerecht erkannt haben. Sie füttern auch kein Fertigfutter. Ihr Argument ist, dass sie mit ihrer eigenen Ernährung bewusst umgehen und dies dazu geführt hat, das Gleiche auch bei der Fütterung ihrer Hunde zu tun. Na schau mal einer an!

Oft wird das Argument der Domestikation angebracht. Es heißt dann, der Hund habe sich über die vielen Jahre der Haustierwerdung so weit an die Ernährung des Menschen angepasst, dass er vegetarisches Futter gut verwerten könne. Auch würde das heutige vegetarische Hundefutter durch seine optimale Zusammensetzung alle Nährstoffe liefern, die ein Hund braucht. Letzteres stimmt nur zum Teil und nur rein theoretisch.
Sicherlich sind in diesen Futtermitteln, die als Alleinfutter bezeichnet werden, rein rechnerisch alle Nährstoffe enthalten, die der Hund benötigt, nur liegen sie in einer Form – nämlich pflanzlich – vor, die der Hund schlecht und keinesfalls in ausreichendem Maße verwerten kann, weil seine Verdauung gar nicht darauf ausgelegt ist. Die pflanzliche Nahrung belastet den Organismus, ganz besonders Nieren, Leber und Bauchspeicheldrüse. Der Organismus verschlackt nach und nach, was auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen führt.

Das Argument der Anpassung ist schlicht und ergreifend falsch. Der Verdauungsapparat der Hunde hat sich in den vielen Jahren der Domestikation kaum verändert und ist dem seiner wilden Vorfahren, der Wölfe, fast gleich geblieben. Das heißt, dass seine Verdauung auch heute noch auf die Verarbeitung hauptsächlich tierischer Futtermittel ausgelegt ist und diese auch zwingend zu seiner Gesunderhaltung benötigt. Wer sind wir Menschen eigentlich, dass wir uns permanent einbilden, der Natur reinreden zu müssen und sie verbessern zu wollen?
Gerät man weiter in die Diskussion, bekommt man zu hören, dass vegetarische Ernährung für Hunde vielleicht unnatürlich sei, genauso unnatürlich sei es aber, dass Hunde Halsbänder trügen, im Körbchen im Haus oder gar im Bett des Menschen schliefen oder Dosenfutter fräßen. Der Hund lebe also völlig unnatürlich mit den Menschen zusammen, aber das sei ja deshalb nicht gleich schlecht.

Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Über diese Haltungsbedingung kann man auch sprechen, aber hier geht es um den Carnivoren Hund. Und wer sich entscheidet, einen Fleischfresser in sein Heim aufzunehmen, übernimmt für dieses Wesen die Verantwortung und ist Zeit seines Lebens verpflichtet, ihn entsprechend seinen Bedürfnissen zu versorgen.

Dann gibt es noch das Argument, dass manche Hunde gar kein Fleisch vertrügen und deshalb mit vegetarischen Spezialprodukten ernährt werden müssten. Ich weiß von einigen Hunden, die die Diagnose „Allergisch auf jede Form tierischen Proteins“ erhielten. Ich weiß auch, wie verzweifelt mancher Hundebesitzer nach den Jahren der Odyssee von Tierarzt zu Tierarzt, ohne dass der Durchfall, das Hautjucken oder andere Beschwerden sich auch nur ansatzweise besserten, am Ende sein müssen. Und dann eine solche Diagnose! Was soll man da machen? Zuerst einmal fragen, ob diese Hunde bisher mit Trockenfutter oder artgerecht mit Frischfleisch ernährt wurden? Vielleicht hat ja das Allergieproblem seine Ursache an ganz anderer Stelle.

Ein sehr interessantes Argument ist auch, dass vegetarische Ernährung bestimmten Krankheiten vorbeugen könne. Dies belege auch ein Test an 300 vegetarisch und vegan ernährten Hunden der Tierschutzorganisation PETA. So könne z. B. die linksseitige Herzerweiterung durch eine bestimmte Aminosäurekombination im Futter verhindert werden. Und dann heißt es sinngemäß: „Aber Vorsicht! Es ist kaum möglich den Hund mit selbst zubereiteten vegetarischen Rationen zu ernähren, da hierfür spezielle Kenntnisse über eben diese bestimmte Aminosäurekombination erforderlich sind.“ Nachtigall ik hör dir trapsen …

Betrachtet man nun alles zusammen, kann man eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass vegetarische Hundeernährung vielleicht die ethischen und moralischen Bedenken der Verfechter mildert und ihnen ein ruhigeres Gewissen verschafft. Aber ist es ethisch zu rechtfertigen, aus einem von der Natur zum Carnivoren bestimmten Tier einen Pflanzenfresser, einen Vegetarier oder gar Veganer zu machen?

Jeder Hundehalter hat sich verpflichtet, die Verantwortung für seinen Hund zu übernehmen und ihn art-, tier- und bedürfnisgerecht zu ernähren und das heißt nun einmal: Ein Fleischfresser braucht Fleisch. Punkt. Alles andere ist Tierquälerei. Wer sich damit nicht anfreunden kann, sollte auf das Zusammenleben mit Hund und Katze verzichten und sich stattdessen Kaninchen halten. (Da fällt mir noch ein: Ob wohl ein „eingefleischter“ Fleischesser auf die Idee kommen wird, seinem Kaninchen ein schönes fettes Steak vorzusetzen? Wohl kaum… Man würde das als pervers bezeichnen.)

Isabelle Czok-Alm, Tierheilpraktikerin und Ernährungsberaterin, Mildenitz

04.09.2017

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