Mineralstoffe

Wilhelm Heinrich SchüßlerBereits der Oldenburger Arzt Dr. Wilhelm Heinrich Schüßler (1821-1898) wusste um die große Bedeutung der Mineralstoffe für den Organismus. Er entdeckte wiederholt im menschlichen Gewebe zwölf Mineralsalze und befand sie berechtigterweise als lebensnotwendig. Daraus entwickelte er die Schüßler-Salz-Therapie, eine Behandlung mit 12 sogenannten Funktionsmitteln, die aus einer Kombination von jeweils 2 Mineralstoffen bestehen. Diese Funktionssalze entsprechen im Großen und Ganzen den Mineralstoffen, die in der heutigen Medizin als unerlässlich für den menschlichen und tierischen Stoffwechsel gelten. Ende des letzten Jahrhunderts standen Schüßler noch keine ausreichenden Analysemethoden für alle im Körper permanent vorkommenden Mineralstoffe zur Verfügung. Mit Hilfe modernerer technischer Verfahren wurden seither im Körper des Menschen – wie aller Lebewesen – zudem viele Spurenelemente entdeckt.

Minerale (auch Mineralien) sind überwiegend kristalline, durch geologische Prozesse natürlich gebildete chemische Elemente oder chemische Verbindungen. Bis auf wenige Ausnahmen sind sie anorganischer Natur, d.h. sie enthalten keine N (Stickstoff)-, O (Sauerstoff)-, C (Kohlenstoff)- oder H (Wasserstoff)-Atome (NOCH).

Mengen- und Spurenelemente

Man unterscheidet die Mineralstoffe entsprechend ihrer Konzentration im Körper in Mengenelemente (mehr als 50g pro kg Körpertrockengewicht) und Spurenelemente (weniger als 50g pro kg Körpertrockengewicht). Eisen als Spurenelement mit ca. 60g pro kg Körpertrockengewicht weicht von dieser Definition ab. In der allgemeinen Literatur werden Mengenelemente oft verallgemeinernd als Mineralstoffe bezeichnet, Spurenelemente hingegen differenziert abgegrenzt.

Mengenelemente Spurenelemente
Ca - Calcium Cr - Chrom Mo - Molybdän
Cl - Chlor Co - Cobalt Se - Selen
K - Kalium Fe - Eisen Si - Silicium
Mg - Magnesium F - Fluor V - Vanadium
P - Phosphor I - Iod Zn - Zink
S - Schwefel Cu - Kupfer
Na - Natrium Mn - Mangan

Lebensnotwendige Mineralstoffe

Die Mineralstoffe sind für die menschlichen und tierischen Körperfunktionen, aber ebenso für die pflanzliche Zelle, für Pilze und Bakterien lebensnotwendig. In diesem Zusammenhang wird häufig von „essenziellen“ Mineralstoffen gesprochen. „Essenziell“ bedeutet, dass ein Stoff lebensnotwendig ist und vom Organismus nicht selbst hergestellt werden, sondern nur über die Nahrung aufgenommen werden kann. Der Begriff ist daher im Zusammenhang mit Mineralstoffen unangemessen! Der Organismus kann viele Aminosäuren, Fettsäuren, Kohlenhydrate und manche Vitamine selbst bilden, aber natürlich kein einziges chemisches Element – die Zufuhr muss immer über die Nahrung erfolgen. Die Mineralstoffe können also gar nicht in „essenziell“ und „nicht essenziell“ unterschieden werden.

Allerdings suggeriert der Begriff „essenziell“ dem Tierhalter eine gewisse NOTwendigkeit: Das Tier leide permanent Mangel an einem speziellen Mengen- oder Spurenelement und demzufolge müsse Ergänzung über das Futter erfolgen. Der wirtschaftliche Vorteil für die Mineralfutterhersteller ist ersichtlich.

Die heutigen Bedingungen für die Herstellung von Pferde- und Hundefutter (Bodenbeschaffenheit, Lagerung, Artenarmut der Pferdeweiden, Ausblutenlassen des Fleisches usw.) sind bedeutend nachteiliger als vor einigen Jahrzehnten. Umso wichtiger sollte das Bestreben sein, Tieren auf möglichst naturnahe Weise, z.B. über Kräuter, eine ausreichende Mineralstoffgrundversorgung zu garantieren.

Funktionen der Mengenelemente

Die Funktionen der Mineralstoffe für den Organismus sind mannigfaltig und tiefgreifend. So spielen die Mengenelemente als Elektrolyte für die Elektronenneutralität der Gewebe eine entscheidende Rolle. Als feste Mineralstoffverbindungen sind sie u.a. Bestandteil von Knochen und Zähnen. Häufig besteht ein enger Funktionsverbund zwischen einzelnen Mengenelementen, so z.B. zwischen Natrium und Kalium in Bezug auf die Nerven- und Muskelreizleitung oder zwischen Natrium und Chlor für die Regulation des Wasserhaushaltes. Natrium, Kalium und Chlor regulieren im Körper den osmotischen Druck und dadurch die Gewebespannung. Auch die Regulation des Säure-Basen-Gleichgewichts im Körper wird durch diese Mineralstoffe gesteuert. Phosphor als Bestandteil von Adenosintriphosphat (ATP) besitzt u.a. eine Schlüsselfunktion für die Energiebereitstellung sämtlicher Stoffwechselprozesse. Die Bildung des ATP ist wiederum abhängig von einem Enzym, das Magnesium oder Kalium als Cofaktor benötigt. Magnesium ist z.B. auch in Pflanzen das Zentralatom des Chlorophylls, spielt also für die Photosyntheseleistung (Energiegewinnung) der Pflanzen eine entscheidende Rolle.

Funktionen der Spurenelemente

Obwohl die Spurenelemente in nur geringsten Mengen (in Spuren eben) im Körper auftreten, sind sie von größter Bedeutung für viele Körperfunktionen. Erleidet ein Pferd oder ein Hund einen dauerhaften Mangel an einem speziellen Mengen- oder Spurenelement, so werden die durch diesen Mineralstoff gesteuerten Stoffwechselvorgänge gestört. In diesem Fall ist eine erhöhte Zufuhr von Nährstoffen Mineralstoffen, die bereits in genügendem Umfang vorhanden sind, nicht nutzbringend. Das Tier braucht ausschließlich den mangelnden Mineralstoff. Dieses durch den Chemiker Justus von Liebig (1803-1873) postulierte „Minimumgesetz“ bezieht sich ursprünglich auf das Wachstum von Pflanzen, deren Entwicklung demgemäß auf die im Verhältnis knappste Ressource (Nährstoffe, Mineralstoffe, Vitalstoffe, Wasser, Licht usw.) begrenzt ist. Allerdings lässt sich dieses „Gesetz des Minimums“ uneingeschränkt auf alle Lebewesen übertragen.

Meist sind Spurenelemente an zahlreichen enzymatischen Funktionen entweder als Bestandteil der Enzyme oder als Aktivator (Cofaktor) beteiligt. Somit nehmen sie Einfluss auf eine Vielzahl von Stoffwechselvorgängen:

  • Fluor ist am Aufbau von Zahnschmelz und Knochen beteiligt.
  • Iod ist für die Biosynthese von Schilddrüsenhormonen von Bedeutung.
  • Mangan-haltige Enzyme, die einige hundert Stoffwechselreaktionen vermitteln, spielen z.B. im Kohlenhydrat-und Fettstoffwechsel eine Rolle.
  • Kupfer als Metallatom des Enzyms Cytochrom-Oxidase ist im Energiestoffwechsel (Atmungskette) bedeutsam.
  • Kobalt ist als Zentralatom im Vitamin B12 (Cobalamin) gebunden und somit Voraussetzung für dessen Synthese.
  • Eisen spielt als Bestandteil des Hämoglobins (Blutfarbstoff) und Myoglobins (Muskelfarbstoff) eine wichtige Rolle für die Sauerstoffversorgung des Körpers. Auch ist es in zahlreichen Enzymen enthalten, die eine zentrale Bedeutung für die Zellatmung und -entgiftung besitzen.
  • Selen ist ein chemisches Element in ca. 30-50 Selenoproteinen (Selen-Eiweiß-Verbindungen). Es wirkt z.B. in dem selenhaltigen Enzym Gluthationperoxidase in Verbindung mit der Aminosäure L-Cystein als Antioxidanz.
  • Zink als mengenmäßig wichtigstes Spurenelement ist am Aufbau von über 200 Enzymen beteiligt, deren Wirkungen sich auf den Zellschutz, auf Zellwachstum und -differenzierung, auf die Stärkung des Immunsystems und auf die Steuerung des Säure-Basen-Gleichgewichts erstrecken.
  • Molybdän spielt insbesondere bei Pflanzen und Bakterien für Luftstickstoff bindende Enzyme eine wichtige Rolle.
  • Chrom als Bestandteil des Glukose-Toleranz-Faktors (GTF) beeinflusst die Wirkung des Insulins im Kohlenhydratstoffwechsel.

Viel hilft viel?

Unsicherheiten bestehen durchaus bezüglich der optimalen Mineralstoffversorgung bei Pferden und Hunden. Nach dem Motto „Viel hilft viel“ wird oftmals eine zu gut gemeinte Überversorgung des Tieres provoziert, zumal der Futtermittelmarkt eine Vielzahl verschiedenster mineralisierter und vitaminisierter Ergänzungsfutter anbietet. Zudem sind die Auflistungen der Inhaltsstoffe und der jeweiligen Zusammensetzungen nicht immer übersichtlich.

Es wird üblicherweise davon ausgegangen, dass im Überschuss aufgenommene Mineralstoffe vom Körper wieder ausgeschieden und so Vergiftungen vermieden werden. Dies gilt nicht für die Spurenelemente Selen und Iod, deren Aufnahme in den Körper über Diffusionsprozesse erfolgt - die Resorption unterliegt somit keiner körpereigenen Regulation. Eine längerdauernde, regelmäßige Zufuhr kann hier durchaus zu einer Vergiftung des Tieres führen. Doch auch die bedarfsübersteigende Versorgung z.B. mit Calcium, Magnesium und Phosphor ist nicht unbedenklich, denn Überschüsse müssen über die Nieren ausgeschieden werden. Erstens werden die Nieren dadurch mehr belastet und zweitens kann es zur Bildung von Harnsedimenten oder Harnsteinen kommen.

In Bezug auf Fehlernährung spielt jedoch nicht nur die eigentliche Mangel- oder Überversorgung mit Mineralstoffen eine zentrale Rolle. Auch Ungleichgewichte zwischen den einzelnen Mengen- und Spurenelementen können zu tiefgreifenden Stoffwechselstörungen und Krankheitsbildern führen. Die nachfolgende Abbildung der Mineralstoff-Interaktionen nach WIESNER (1970) veranschaulicht diese Zusammenhänge:

Mineralstoff-Interaktionen

Mineralstoffe können sich in ihrer Wirkung wechselseitig verstärken, aber auch blockieren: Hohe Dosen an Zink, Eisen oder Molybdän behindern z.B. die Kupferaufnahme. Wird Calcium im Überschuss angeboten, so kann dies eine verminderte Zink-, Mangan- und Kupferresorption zur Folge haben. Cobalt begünstigt zusammen mit Vitamin B12 und Vitamin C die Eisenaufnahme im Darm. Ein Überangebot eines Stoffes kann somit einen Mangel eines anderen Mineralstoffs bedingen, der eigentlich in ausreichender Menge im Futter enthalten ist.

Optimale Mineralstoffversorgung

Bedarfserrechnungen beziehen sich meist auf isolierte Mineralstoffe, die Gesamtkomplexität wird außer Acht gelassen. Die Interaktionen der Mineralstoffe, wie an einigen Beispielen oben ausgeführt, werden nicht berücksichtigt. Mineralstoffe wirken außerdem mit allen dem Organismus über die Natur zur Verfügung stehenden Nährstoffen und weiteren Vitalstoffen (Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe) zusammen. Berücksichtigt man zudem die enorme Enzymproduktionsleistung der Darmbakterien und den Einfluss der Verdauungsenzyme, so wird man die Unsinnigkeit dieser isolierten, detailbezogenen Basis einer Bedarfsermittlung erkennen. Auch die komplexen Wechselwirkungen der Mineralstoffe mit allen weiteren körpereigenen Verbindungen katalysieren Tausende von Stoffwechselreaktionen im Körper, die teils überhaupt noch nicht genauer erforscht sind.

Eine Supplementierung bei Mangel mag im Einzelfall kurzfristigen Erfolg verzeichnen. Aufgrund der erwähnten wechselseitigen Mineralstoffwirkungen, sowohl untereinander als auch mit vielen anderen Substanzen, kann das Ergänzen eines oder mehrerer Einzelminerale auf Dauer jedoch zu unabsehbaren Stoffwechselentgleisungen führen. Denn in der Natur kommen diese Mineralstoffe so isoliert nicht vor.

Grundlage einer optimalen Mineralstoffversorgung der Pferde und Hunde ist eine artgerechte Fütterung mit Ergänzung durch abwechslungsreiche Kräuter, Baumrinden, Früchte und Wurzeln. Diese Nahrung enthält viele natürliche Mineralstoffe, Vitamine und Aminosäuren, die im Zusammenwirken mit sekundären Pflanzenstoffen von Pferd und Hund optimal verstoffwechselt werden können. Diese Ernährungsweise hat ja auch Millionen von Jahren in der Natur funktioniert.

Dr. Frauke Garbers, Biologin

Grafik: Wiesner, E. (1970): Ernährungsschäden der landwirtschaftlichen Nutztiere. VEB Gustav Fischer Verlag, Jena

Elektrolyte

Chemische Verbindungen, die in wässriger Lösung in frei bewegliche Ionen (elektrisch geladene Atome) dissoziieren.

Cofaktoren

Moleküle oder Molekülgruppen, die - gebunden an ein Enzym - Stoffwechselreaktionen ermöglichen. Eine Art der Cofaktoren sind sog. Coenzyme.

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