Vitamin B3 (Niacin)

Speisepilze

Zusammenfassung

Niacin (veraltet auch Vitamin B3) ist kein essentielles Vitamin, da es von Pferden und Hunden mikrobiell im Dickdarm synthetisiert werden kann. Auch aus Tryptophan, einer essentiellen Aminosäure, können die Tiere Niacin bilden.

Natürliche niacinhaltige Nahrungsmittel sind Fleisch, Fisch, Innereien, Pilze, Eier, Getreide, Hülsenfrüchte, Hefe, Kleie und Grünfutter. Tierische Nahrungsmittel enthalten mehr Niacin als pflanzliche, und Niacin tierischer Herkunft ist deutlich besser resorbierbar. In Getreidesorten befindet sich das Niacin zu über 80% in den Randschichten der Getreidekörner. Bei starkem Ausmahlen (helle Mehle) geht dadurch ein großer Prozentsatz dieses Vitamins verloren.

Niacin hat eine zentrale Funktion

  • bei der Energiegewinnung
  • für die Regeneration der Haut 
  • für den Schutz der Schleimhäute (Mundschleimhaut, Darmschleimhaut)
  • für die Stabilisierung des Nervensystems, da Niacin an der Synthese von Neurotransmittern beteiligt ist
  • für die Gesunderhaltung des Herzens, da es den Fettstoffwechsels günstig beeinflusst (das HDL, das „gute Cholesterin“, wird erhöht)

Der Niacinbedarf wird bei Pferden, Hunden und Katzen vorwiegend über die Nahrung gedeckt. Zusätzlich zur Futteraufnahme kann Niacin aus Tryptophan gebildet und auch über den Dickdarm bakteriell synthetisiert werden. Letzteres setzt einen gesunden Darm mit einer physiologischen Darmschleimhaut voraus. Aufgrund einer Stoffwechselbesonderheit der Katzen haben diese einen höheren Niacinbedarf als Hunde (s. ausführlichen Teil).

Mangelsituationen können Schleimhautveränderungen und -entzündungen sowohl im Maul als auch im Darm verursachen. Symptome: Verdauungsstörungen, Durchfall und Erbrechen. Es kann zu neurologischen Störungen und unter Umständen zu einer negativen Beeinflussung der Gefäße (Arteriosklerose) kommen, wie sie im humanmedizinischen Bereich beschrieben worden ist. Folgen eines Überangebotes an Niacin wurden bei Pferden, Hunden und Katzen bisher nicht beobachtet.

Vitamin-B-Komplex


Die zur B-Gruppe gehörenden Vitamine sind wasserlöslich und wurden ursprünglich wegen gleichartigen Vorkommens in der Nahrung und ähnlicher Stoffwechselfunktionen zusammen klassifiziert. Zu ihnen gehören: Vitamin B1 (Thiamin), Vitamin B2 (Riboflavin), Vitamin B3 (Niacin), Vitamin B5 (Pantothensäure), Vitamin B6 (Pyridoxin, Pyridoxal, Pyridoxamin), Vitamin B7 (Biotin), Vitamin B9 (Folsäure) und Vitamin B12 (Cobalamin).

Allgemeines

Das wasserlösliche Niacin (veraltet auch Vitamin B3) ist eine Sammelbezeichnung für Nikotinsäure und Nikotinamid. Diese beiden Vitamine sind unter physiologischen Gesichtspunkten als gleichwertige Niacinquellen zu betrachten, da sie im Stoffwechsel ineinander überführt werden können. Niacin wird auch als Vitamin PP („pellagra preventing“) bezeichnet. In bestimmten Gebieten Afrikas und des Fernen Ostens kann bei übermäßigem Verzehr von poliertem Reis und Mais das Krankheitsbild Pellagra auftreten. Durch Proteinmangel kombiniert mit Niacinmangel und der Unterversorgung mit anderen B-Vitaminen entstehen bei den Erkrankten Hautleiden an Kopf und Händen.

Niacin wurde 1867 entdeckt, erst 1934 erkannte man seine physiologische Wirksamkeit. Die biologisch aktiven Formen des Niacins sind die wasserstoffübertragenden Koenzyme NAD und NADP. Sie haben eine Schlüsselfunktion im Energiestoffwechsel von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen. Niacin kann von Pferden und Hunden in geringer Menge im Darm bakteriell synthetisiert werden. Außerdem sind sie in der Lage, dieses Vitamin aus Tryptophan, einer essentiellen Aminosäure, selbst zu bilden.

Niacin ist ein kristalliner Feststoff und kommt in vielen pflanzlichen und tierischen Zellen vor. Gegenüber Hitze, Licht und Luftsauerstoff reagiert es weniger empfindlich als andere B-Vitamine.

Natürliche niacinhaltige Nahrungsmittel sind Fleisch, Fisch, Innereien, Pilze, Eier, Getreide, Hülsenfrüchte, Hefe, Kleie und Grünfutter. Tierische Produkte verfügen über einen höheren Niacingehalt (hier hauptsächlich als Nikotinamid bzw. NAD vorliegend) als pflanzliche Nahrungsmittel, die Nikotinsäure enthalten. In Getreidesorten befindet sich die Nikotinsäure zu über 80% in den Randschichten der Getreidekörner. Bei starkem Ausmahlen (helle Mehle) geht dadurch ein großer Prozentsatz des Niacins verloren.

Aufnahme und Verwertung

Niacin wird als Nikotinsäure oder Nikotinamid im oberen Dünndarm verdaut. Die Nikotinsäure wird in der Leber zu NAD(P) umgewandelt. Hier erfolgt die Aufspaltung zu Nikotinamid, das über das Blut die anderen Gewebe und Organe versorgt. Grundsätzlich kann Niacin aus tierischen Nahrungsmitteln fast vollständig resorbiert und verwertet werden, da es hier in ungebundener, freier Form vorliegt. Hingegen ist Niacin pflanzlicher Herkunft, wie z. B. aus Getreideprodukten, an Makromoleküle gebunden und deshalb schlechter verwertbar. Dies ist bei der  Selbstversorgung von Hunden zu berücksichtigen. Pferde als reine Pflanzenfresser haben sich vermutlich im Laufe der Evolution an diese Stoffwechselsituation angepasst, denn Mangelerscheinungen werden ausgesprochen selten beschrieben.

Katzen weisen eine Stoffwechselbesonderheit auf. Wie ober erwähnt, haben sie einen höheren Niacinbedarf als Hunde. Der Grund: Tryptophan steht zwar auch Katzen als Provitamin (Vorstufe) zur Verfügung. Sie sind enzymatisch gut ausgestattet, um Niacin aus Tryptophan bilden zu können. Allerdings ist bei der Katze ein bestimmtes Enzym (Piccolincarboxylase) enorm aktiv. Dieses Enzym bewirkt eine Unterbrechung im Syntheseweg des Niacins: Anstatt Niacin zu Ende zu synthetisieren, wird das Tryptophan für die Energiegewinnung (Acetyl-CoA) genutzt. Daher der größere Bedarf an Niacin – bei gleichzeitig verringertem Tryptophanbedarf im Vergleich zum Hund.

Jedoch ist dieser „Stoffwechselumstand“ offensichtlich kein Problem für Katzen – vorausgesetzt, sie werden artgerecht ernährt! Denn Fleisch enthält reichlich Niacin.

Wirkung

  • Energiegewinnung: Niacin besitzt eine zentrale Funktion im Stoffwechsel der Energiegewinnung. Die Koenzyme NAD und NAD(P) wirken in den „Kraftwerken der Zellen“, den sogenannten Mitochondrien,  als Wasserstoffüberträger und liefern damit den Brennstoff für die Atmungskette in den Zellen. Die für einen reibungslosen Stoffwechsel benötigte Energie steht dadurch in Form  einer chemischen Verbindung – dem ATP – zur Verfügung.
  • Regeneration der Haut durch Regulierung des Feuchtigkeitsgehaltes und Unterstützung der Kollagenbildung
  • Schutz der Schleimhäute (Mundschleimhaut, Darmschleimhaut)
  • Stabilisierung des Nervensystems, da Niacin an der Synthese von Neurotransmittern beteiligt ist
  • günstige Beeinflussung des Fettstoffwechsels, da die Enzymtätigkeit des Niacins das HDL („gutes Cholesterin“) erhöht und dadurch auch das Herz geschützt wird.

Bedarf und Mangelerscheinungen

Der Bedarf an Niacin wird vorwiegend über die Nahrung gedeckt. Hunde und Pferde können zusätzlich zur Aufnahme über das Futter dieses Vitamin über den Tryptophan-Stoffwechsel bilden. Der Tryptophananteil im Futter entscheidet also darüber, wie viel Niacin auf diesem Weg gebildet werden kann.

Bei der Umwandlung von Tryptophan in Niacin sind auch die Vitamine B2, B6 und die Folsäure beteiligt. Eine Unterversorgung mit diesen Vitaminen stört die Niacinsynthese aus Tryptophan. Ungünstige Eiweißzusammensetzungen im Futter (z. B. Mais) mit einem hohen Anteil der Aminosäure Leucin und geringer Menge Tryptophan erschweren die Niacinsynthese, da Leucin sowohl die Tryptophanaufnahme behindert als auch die Bildung von Niacin aus Tryptophan hemmt.

Die Niacineigensynthese bei Pferden und Hunden über den Dickdarm unterliegt ebenfalls Einschränkungen: Die Resorption des Vitamins erfolgt überwiegend im Dünndarm, die Synthese von Niacin durch Mikroorganismen und Bakterien jedoch im Dickdarm. Ein Großteil des mikrobiell gebildeten Niacins wird somit über den Kot wieder ausgeschieden bzw. von den Mikroorganismen für den Aufbau eigener Körpersubstanz genutzt.

Voraussetzung für die Eigensynthese von Niacin ist ein intakter Darm mit gesunder Darmschleimhaut bei Pferden und Hunden. Diese Bedingung schafft man durch schwerpunktmäßig rohfaserreiche, das Darmmilieu unterstützende Heu- und Strohfütterung. Der Kraftfutteranteil sollte grundsätzlich der Leistung angepasst sein. Zu bedenken ist, dass die meisten Freizeitpferde kaum wirkliche Arbeit leisten müssen und daher eher überfüttert werden.

Bei Hunden, die mit hochwertigem – und damit tryptophanhaltigem – Eiweiß gefüttert werden, reduziert sich der Niacinbedarf. Das Niacin in tierischen Produkten ist voll verwertbar. In Getreidekörnern und -produkten liegt das Vitamin hingegen in gebundener, für Hund und Pferd schwer löslicher Form vor. Wer seinen Hund das Futter selbst zubereitet und Getreide ergänzt, sollte deshalb Vollkorngetreide vorziehen.

Wie bei allen Vitaminen besteht ein erhöhter Bedarf während des Wachstums, der Trächtigkeit und Stillzeit, in Zeiten vermehrter Leistungsanforderung, bei Stress und in der Rekonvaleszenz. Alte Pferde zeigen generell einen erhöhten Vitaminbedarf.

Mangelsituationen können Schleimhautveränderungen und -entzündungen mit Geschwürbildung im Mund und am Zahnfleisch (Schwarzzungenkrankheit des Hundes) verursachen. Ebenso kann die Darmschleimhaut betroffen sein mit der Folge von Verdauungsstörungen, Durchfall und Erbrechen. Es kommt zu Gewichtsverlust, Wachstumsverzögerungen und neurologischen Störungen. Aufgrund der Interaktion des Niacins im Fettstoffwechsel kann ein Niacinmangel beim Menschen das LDL („schlechtes Cholesterin“) erhöhen und somit Arteriosklerose begünstigen. Ein Niacinmangel ist allerdings selten bei Pferden und Hunden beobachtet worden.

Folgen eines Überangebotes an Niacin wurden bei Pferden, Hunden und Katzen bisher nicht beobachtet.

Dr. Frauke Garbers, Biologin

Quellen


Biesalski, H.K. (1997): Vitamine. Bausteine des Lebens, München: Beck

Biesalski, H.K. (2002): Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Prävention und Therapie mit Mikronährstoffen, Stuttgart New York: Thieme

Case, Linda P.., Carey, Daniel P., Hirakowa, Diane A. (1999): Ernährung von Hund und Katze, Stuttgart New York: Schattauer

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