Fipronil

Eier-Skandal ja – Frontline-Skandal nein?

Firponil-SkandalMillionen Hühnereier mussten im August 2017 aus dem Verkehr gezogen werden, nachdem deren Kontamination mit Fipronil bekannt geworden war.

Aber was hat dieser Eier-Skandal mit Frontline, einem gängigen Floh- und Zeckenmittel für Hunde und Katzen, zu tun?

Was ist Fipronil?


Fipronil ist ein Breitspektrum-Insektizid. Es wird als Kontaktgift in Floh- und Zeckenmitteln für Hunde und Katzen (z.B. Frontline, Fiprotec, Amflee, Fipralone, Effipro u.a.) eingesetzt. Kontaktgifte wirken als Nervengift auf die ungeliebten Ektoparasiten. Desgleichen ist Fipronil der Wirkstoff in Antiläusemitteln für Tauben, Papageien, Sittiche und ein Mittel gegen Milben bei Meerschweinchen. Genauso auch ein Wirkstoff in Ameisenködern. Kaninchen sollten tunlichst nicht mit Fipronil-Präparaten behandelt werden, man kann sie nämlich damit umbringen.

Fipronil wird seit über 20 Jahren bedenkenlos in der Tiermedizin eingesetzt.

Vielen Hunden und Katzen wird Fipronil monatlich in ‚Mindestempfehlungs-Dosen‘ – und sogar prophylaktisch – auf die Haut gesprüht bzw. als Spot-on zugemutet. Für Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, ist Fipronil als Wirkstoff allerdings verboten!

Eigenartig: Für Haustiere unbedenklich, aber in Lebensmitteln giftig?


Steht dieser Riesen-Eiertanz um Fipronil nicht in einem groben Missverhältnis zu der Selbstverständlichkeit, mit der unsere Haustiere mit den Fipronil-haltigen Mitteln behandelt werden? Und das meist sogar prophylaktisch und ganzjährig!

Warum dann diese strengen Vorsichtsmaßnahmen im „Beipackzettel“ zum Umgang mit insbesondere frisch behandelten Hunden, Katzen? Sie sollen in den ersten 24 Stunden nach der Behandlung, solange die Applikationsstelle noch feucht ist, nicht gestreichelt werden, Kontakt mit Haut und Augen ist zu vermeiden, Kinder sollten vom Tier ferngehalten werden usw. Und falls sie dann doch ihr Lieblingstier einmal berührt haben, müssen sich die Kinder sofort die Hände mit Wasser und Seife waschen. Welches Kind, bitteschön, tut das? Und die Eltern haben doch nicht ständig ihr Kind unter Kontrolle! Und sich selber vermutlich auch nicht …

Das Mittel sollte auch nicht auf verletzte Hautareale des Tieres aufgetragen (appliziert) werden. Nun verteilt sich Fipronil jedoch von der Applikationsstelle aus über den gesamten Körper des Tieres in dessen oberflächlichen Hautschichten, in den Talgdrüsen und in den Haaren. Wer garantiert, dass nirgendwo Mikrotraumen in der Haut vorkommen, etwa durch einen Mückenstich oder einen feinen Riss? Und dass Fipronil nicht über diese Wunden eben doch ins Blut gelangt und u.U. systemisch wirken könnte?

Wirkungsdauer


Die Langzeitwirkung von Fipronil (1-3 Monate gegen Flöhe, 1 Monat gegen Zecken), beruht auf der Einlagerung von Fipronil in den Talgdrüsen und der fortwährenden, langsamen Abgabe mit dem Talg auf die Haut. Hier ist Fipronil fest mit dem Fell verhaftet.

Könnte das Berühren des Hundes und/ oder der Katze (Streicheln) nicht auch längere Zeit nach der Applikation noch problematisch sein?

Und selbst das Ablecken des verabreichten Mittels – insbesondere bei Katzen mit ausgeprägtem Putzverhalten, aber doch auch bei spielenden Hunden? – lässt laut Hersteller keine nennenswerten Nebenwirkungen befürchten: „nur“ vorübergehendes Speicheln, vorübergehender Juckreiz und/oder Haarausfall, reversible neurologische Symptome, Erbrechen, Atemwegssymptome u.a. Denn die akute tödliche Dosis ist deutlich höher als die verabreichte Menge über z.B. Spot-ons. Wie tröstlich!

Spot-on für den HundGeht es also nicht um die Gesunderhaltung unserer Haustiere, sondern ‚nur‘ um das Vermeiden ihres Ablebens?

Die Symptome bei Überdosierung sprechen hingegen eine deutliche Sprache: Neurotoxizität mit Krämpfen, Übererregung und Tod.

Ja, was denn nun?!

Laut Umweltbundesamt ist Fipronil „[…] giftig beim Einatmen, bei Hautkontakt und Verschlucken und führt zur Schädigung von Organen. Auf Wasserorganismen wirkt Fipronil sehr giftig. Zudem ist Fipronil auch als Gefahrengut (UN-Nummer 2588) eingestuft.“ 

Die Aussagen zur oralen (Verschlucken) und dermalen Giftigkeit von Fipronil durch die vom Umweltbundesamt angeführte Europäische Chemikalienagentur sind ziemlich verwirrend. Demnach ist Fipronil giftig und doch nicht giftig …

Sicher ist: Es wird nur langsam abgebaut; vermutlich weil es sich einerseits im Fettgewebe anreichert und andererseits in stärkerem Ausmaß über den sog. enterohepatischen Kreislauf recycelt wird. Eigenschaften, die nicht unbedingt für Unbedenklichkeit sprechen.

Und was sagt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zur möglichen (menschenbezogenen) Gesundheitsgefährdung durch Fipronil haltige Lebensmittel? Denn es geht ja nicht ausschließlich um Hühnereier, sondern um jegliche Lebensmittel, in denen Eier verarbeitet wurden (Kuchen, Kekse, Nudeln, Eierlikör usw.)! Antwort: Es gibt „keine Überschreitungen der lebenslang duldbaren täglichen Aufnahmemengen, so dass eine gesundheitliche Gefährdung unwahrscheinlich ist.“ 

Diese beruhigende ‚Zusicherung‘ an den Verbraucher beruht offenbar auf einer 2-jährigen Studie an Ratten! So etwas nennt man dann Langzeitstudie mit der Legitimation, wissenschaftliche Schlussfolgerungen auf die ganze Lebensspanne eines Menschen zu übertragen. Und auch Hunde und Katzen können deutlich länger als 10 Jahre leben.

Wenn es angeblich keine gesundheitliche Gefährdung gibt, warum dann die Vernichtung von Millionen Eiern? Könnte es sein, dass eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch Fipronil verharmlost wird? Und wir als Tierhalter sogar bewusst getäuscht werden, um unsere Gemüter zu beruhigen?

Dr. Frauke Garbers, Biologin

Quellen

http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?tak/05000000/00053840.03?inhalt_c.htm

https://www.umweltbundesamt.de/themen/fipronil-rueckstaende-in-eiern-durch-belastetes

http://dissemination.echa.europa.eu/Biocides/factsheet?id=0033-18

http://www.bfr.bund.de/cm/343/aktualisierte-bewertung-von-gesundheitlichen-risiken-durch-den-laengerfristigen-verzehr-von-fipronil-haltigen-lebensmitteln.pdf

http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Fipronil

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eier-skandal-pflanzengift-fipronil-auch-in-eierlikoer-und-backwaren-1.3700701

http://www.deutschlandfunk.de/fipronil-sehr-sicheres-medikament-fuer-haustiere.697.de.html?dram:article_id=393018

https://www.tierservice-fehmarn.de/fipronil-ist-fuer-hunde-und-katzen-im-dauergebrauch/

https://de.wikipedia.org/wiki/Fipronil

Hans-Hasso Frey, Wolfgang Löscher. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin. Enke Verlag Stuttgart, 2010

23.01.2018

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