Der geriatrische Patient in der Tierheilkunde (2)
Im zweiten Teil finden Sie einen Überblick über die häufigsten altersbedingten Krankheiten
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- Chronische Niereninsuffizienz
- Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
- Hormonelle Erkrankungen, insbesondere der Schilddrüse
- Demenz
- Schlaganfall
Die chronische Niereninsuffizienz:
Todesursache Nummer 1 der älteren Hauskatze
Nicht nur die Leber, auch die Nieren büßen im Laufe des Alterungsprozesses ihre Funktion ein. Insbesondere bei den älteren Hauskatzen ist die chronische Niereninsuffizienz (CNI) sehr weit verbreitet. Man bezeichnet damit den fortschreitenden Verlust der Nierenfunktion, so dass der Körper den Urin nicht mehr konzentrieren kann und große Mengen Flüssigkeit ausscheidet. Die physiologischen Stoffwechsel- und Entgiftungsprozesse können damit nicht mehr ablaufen, der Körper vergiftet sich schleichend selbst. Unbehandelt führt die Niereninsuffizienz zum Tode.
Die Symptome, die bei der nierenkranken Katze ins Auge stechen, sind die einer systemischen Vergiftung: Die Katze trinkt sehr viel und setzt viel Urin ab. Sie wirkt krank und ungepflegt, sie leidet unter chronischer Übelkeit, unter Erbrechen und Appetitmangel und kann das Fressen gänzlich einstellen. Mit dem Nährstoffmangel geht ein körperlicher Verfall und ein allmähliches Organversagen einher. Die meisten nierenkranken Katzen leiden darüber hinaus unter einem erhöhten Blutdruck, der zu Ablösungen der Netzhaut im Auge und damit zu plötzlicher Erblindung führen kann und zudem das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, drastisch erhöht.
An Bluthochdruck leidende Katzen werden häufig durch Unruhe und eine gesteigerte Aggressivität gegenüber ihren Artgenossen und ihrem Halter auffällig. Im finalen Stadium der Niereninsuffizienz kommt es zu Koordinationsstörungen und neurologischen Auffälligkeiten. Dank verlässlicher Parameter kann eine Nierenerkrankung heutzutage bereits im Frühstadium erkannt und behandelt werden. Wichtig ist, die CNI nicht als rein lokales Krankheitsgeschehen zu begreifen, sondern als systemische Erkrankung, die Auswirkungen auf den Gesamtorganismus des Patienten haben kann. Der Therapieansatz muss entsprechend vielschichtig sein. Während die konventionelle Medizin versucht, die Lebensqualität des nierenkranken Tieres durch Infusionstherapie, Magenschutz und die Substitution von B-Vitaminen zu erhalten, zielt die Naturheilkunde auf eine individuelle Medikation des Patienten und nach Möglichkeit auf die Regeneration der Nierenfunktion ab.
Obwohl die Ernährung des Tieres therapeutisch genutzt werden sollte, wird in der ganzheitlichen Veterinärmedizin doch von der konventionellen Nierendiät abgeraten. Hält man sich vor Augen, dass die meisten nierenkranken Katzen diese Organschädigung aufgrund einer artwidrigen Fütterung erlitten haben, so wäre es leichtsinnig, auf ein ebensolches Spezialfuttermittel zurückzugreifen, das in weiten Teilen aus Getreide, pflanzlichen Eiweißextrakten und minderwertigen tierischen Anteilen besteht. In der therapieunterstützenden Fütterung sollte deshalb auf hochwertiges Muskelfleisch mit einem moderaten Fettanteil Wert gelegt werden, auf eine gute Vitalstoffversorgung durch die Fütterung von Innereien und Nährstoffboostern wie beispielsweise Spirulina und eine Ergänzung der Nahrung durch hochwertige Zusätze wie Taurin, Seealgenmehl und Lachsöl. Auf schwerverdauliche Strukturen wie Bindegewebe wird bei diesem Ansatz verzichtet; einen zu hohen Phosphorgehalt des Futters vermeidet man, indem man den Knochenanteil durch die Fütterung von Calciumcarbonat ersetzt. Durch diese frische, selbst zubereitete Diät erhält der erkrankte Organismus die nötigen Strukturen, um sein Gewebe zu erhalten und zu regenerieren.
Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
Dass die Ernährung für die Tiersenioren eine so gewichtige Rolle spielt, liegt auch daran, dass die Bauchspeicheldrüse im Alter an Leistungsbereitschaft verliert. Als zentrales Stoffwechselorgan besitzt sie zwei wichtige Funktionen im Körper: Zum einen produziert sie Verdauungsenzyme und schüttet diese in den Dünndarm aus, damit die aufgenommene und im Magen angedaute Nahrung aufgespalten werden kann. Zum anderen ist die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) für die Regulation des Blutzuckerspiegels verantwortlich.
Im Laufe des Lebens kann die Funktionsfähigkeit der Bauchspeicheldrüse von zahlreichen Störfaktoren beeinträchtigt werden: Intensive Antibiosen und klassische Wurmkuren zählen zu den schädigenden Einflüssen, und gerade Tiere, die eine konventionelle Giardien-Therapie über sich ergehen lassen mussten, neigen zu Erkrankungen des Pankreas. Eine beträchtliche Mitschuld trägt aber auch hier die hochverarbeitete Industrienahrung: Dadurch, dass sie die natürlichen Nahrungsbedürfnisse unseres Hundes und unserer Katze so grundlegend missachtet, belastet sie sämtliche Stoffwechselorgane. Die Bauchspeicheldrüse leidet insbesondere unter den großen Mengen an Kohlenhydraten, die sich in der Fertignahrung befinden und die aus rein physiologischen Gründen nicht aufgespalten werden können. Industriell hergestellte Trocken- und Dosenfütterung belastet den Organismus weiterhin dadurch, dass sie ultrahocherhitzt und denaturiert ist und vom Körper kaum mehr als Nahrung erkannt werden kann.
Diese permanente Überreizung führt zu Entzündungszuständen und Gewebsschädigungen. Wirken diese sich auf den endokrinen, sprich hormonbildenden Teil der Bauchspeicheldrüse aus, so entwickelt das Tier Diabetes mellitus, der medikamentös behandelt werden muss. Sehr weit verbreitet ist auch die Einschränkung der enzymbildenden Funktion, die sogenannte exokrine Pankreasinsuffizienz. Bei diesem Krankheitsbild kann der Patient nicht ausreichend Verdauungsenzyme bilden, die Nahrung wird nicht mehr aufgespalten und passiert den Magen-Darm-Trakt weitestgehend unverdaut.
Das betroffene Tier wird im Laufe seiner Erkrankung eine Vielzahl an Symptomen ausbilden: Es verliert immer mehr an Gewicht, obwohl es guten Appetit hat und sehr große Futtermengen einfordert. Es setzt erhebliche Mengen Kot ab, die talgig riechen und fettig glänzen können. Aufgrund des fortschreitenden Nährstoffmangels kommt es zu Haut- und Fellveränderungen, der Patient verliert an Struktur und Leistungsfähigkeit. Doch nicht nur das: Durch die unzureichende Aufspaltung der Nahrung im Dünndarm kann es zu Schleimhautreizungen und zur Ausbildung chronischer Darmentzündungen kommen.
Eine Therapie der Bauchspeicheldrüseninsuffizienz beinhaltet selbstverständlich eine Anpassung der Ernährung, die hochverdaulich und fettreduziert gestaltet sein sollte. Bei vielen Patienten ist eine Enzymzugabe in Kapselform notwendig, um die Funktionseinschränkung der Bauchspeicheldrüse auszugleichen.
Hormonelles Durcheinander:
Wenn die Schilddrüse verrückt spielt
Ein weiteres hormonbildendes Organ, das im Alter weitreichende Probleme verursachen kann, ist die Schilddrüse – ein kleines, schmetterlingsförmiges Organ, das dem Kehlkopf aufgelagert ist. Während bei den Hunden meist eine Unterfunktion (Hypothyreose) vorliegt, haben die geriatrischen Katzenpatienten mit der Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) zu kämpfen.
Die Schilddrüse ist ein zentrales Steuerungsorgan im Körper, das Einfluss auf alle organischen Systeme hat: Sie reguliert Herzfrequenz und Blutdruck und beeinflusst so das Herz-Kreislauf-System. Sie ist an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt, beeinflusst den Energieverbrauch des Körpers und seine Leistungsfähigkeit. Sie steuert den Knochenstoffwechsel sowie die Reizweiterleitung der Zellen. Gerät dieses komplexe Organ nun aus dem Takt, so wirkt sich dies auf den Gesamtorganismus aus.
Die Symptome der Schilddrüsenunterfunktion lassen sich zusammenfassen als Prozess der Verlangsamung: Der Patient wirkt müde und abgeschlagen, seine Haut wird grau und fahl, sein Haarkleid wird schütter und fällt an manchen Stellen sogar aus. Das Tier kann Hauterkrankungen entwickeln, die nur schlecht abheilen. Es nimmt stetig an Gewicht zu und wirkt schwammig, seine Muskulatur bildet sich zurück, es kann den Herausforderungen des täglichen Gassigangs kaum mehr standhalten.
Bei der Schilddrüsenüberfunktion hingegen werden sämtliche Prozesse rasant beschleunigt: Der Patient verliert an Gewicht, obwohl er heißhungrig ist und nach großen Futterportionen verlangt. Aufgrund der Überforderung des Verdauungstrakts und der Beschleunigung auch der Stoffwechsel- und Verdauungsprozesse stellen sich häufig Erbrechen und Durchfall ein. Eine Schilddrüsenüberfunktion wirkt sich insbesondere auf das Herz-Kreislauf-System aus und führt zu einer Erhöhung des Blutdrucks, der sich durch Unruhe und gesteigerte Aggressivität äußern kann.
Diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko, plötzlich zu erblinden oder einen Schlaganfall zu erleiden, wie wir es auch bei Bluthochdruckzuständen im Rahmen einer chronischen Niereninsuffizienz vorfinden. Die Katzenpatienten mit Schilddrüsenüberfunktion neigen darüber hinaus zu der Angewohnheit, nachts laut und anhaltend zu schreien und ihren Besitzern den Schlaf zu rauben.
Eine Schilddrüsenerkrankung wird durch entsprechende Blutparameter diagnostiziert und in den meisten Fällen klassisch medizinisch mit Hormonpräparaten behandelt.
Vergesslichkeit und seltsame Macken:
Die Demenz beim alten Tier
Wie auch bei uns Menschen lassen bei den Tieren im Alter die geistigen und kognitiven Fähigkeiten nach: Der Patient wirkt zerstreut, vergesslich, manchmal gedankenverloren, er entwickelt seltsame Angewohnheiten oder auch Macken. Im Alter kann ein Tier aber auch seine Sinneswahrnehmungen verlieren, es kann taub oder blind werden und dadurch orientierungslos. Alte Katzen beginnen dann laut zu schreien, um sich selbst zu verorten und auf sich aufmerksam zu machen. Die fortschreitende Erblindung eines Tieres macht sich durch stark geweitete Pupillen bemerkbar, durch einen vorsichtigen, fast tastenden Gang.
Die Beeinträchtigung der Nerven- und Gehirnfunktion ist jedoch nicht nur ein physiologischer Alterungsprozess, er kann durch die Lebensumstände und vor allem die konventionelle Prophylaxetherapie durchaus beschleunigt werden. Besonders kritisch sind in diesem Zusammenhang die zahlreichen Antiparasitika wie oral verabreichte Wurmkuren und Spot-ons zu werten: Sie beinhalten neurotoxische Substanzen, die imstande sind, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und beträchtliche Schäden am zentralen Nervensystem hervorzurufen. Auch die Hilfs- und Trägerstoffe in den Impfungen (sog. Adjuvantien) stehen im Verdacht, neurologische Schäden hervorzurufen.
Dass auch in diesem Zusammenhang die Ernährung des Patienten eine Rolle spielt, mag zunächst überraschen – wir dürfen jedoch nicht übersehen, dass es sich bei den zahlreichen Geschmacksverstärkern und Aromastoffen in unseren konventionellen Fertigfuttermitteln um Mononatriumglutamate handelt, die als nervenschädigende Substanzen direkt zum zentralen Nervensystem durchdringen können.
Eine Demenz beim Tier macht sich zumeist durch eine gesteigerte Unruhe, Verwirrtheit und zeitweise Orientierungslosigkeit bemerkbar. Altbekanntes kann mit einem Male fremd für die Tiere wirken, sie reagieren übertrieben ängstlich auf Geräusche, auf Gerüche, sie erkennen plötzlich die alten Spazierwege nicht mehr oder schrecken bei Berührung zusammen. Einem solch eingeschränkten Tier helfen feste Strukturen, feste Regeln und feste Uhrzeiten, damit es einen Rahmen für sein Leben wiedererlangen kann. Geht mit der Demenz der Verlust der Sehfähigkeit oder des Gehörs einher, so kann es nützlich sein, das Tier räumlich zu begrenzen, etwa indem man ihm einen separaten Rückzugsort schafft oder es zeitweise in einen Welpen-Laufstall setzt.
Naturheilkundliche Therapien können hier helfen, die zerebrale Durchblutung zu fördern und die Gehirnleistung zu verbessern; hierbei sind vor allem Ginkgo und Ginseng von bewährter Wirkung. Leidet das Tier darüber hinaus unter manifesten neurologischen Erkrankungen, unter Krampfgeschehen, Unruhe- oder Schmerzzuständen, so ist eine Basistherapie mit einem Vollspektrum-CBD-Öl zu überdenken. Hochwertige Fettsäuren, wie sie zum Beispiel in Lachsöl zu finden sind, schützen die Nervenfasern und reduzieren entzündliche Prozesse im Körper. Eine Substitution von B-Vitaminen trägt zur Unterstützung und zum Erhalt der Nervenfunktion bei.
Schlaganfall oder Vestibularsyndrom:
Der Patient in der Schieflage
Eine solch regenerative Therapie ist auch dann hilfreich, wenn das Tier bereits einen Gehirnschaden erlitten hat. Auch bei Tieren kann ein klassischer Schlaganfall auftreten, wie wir ihn vom Menschen kennen – dabei wird der Blutfluss zu bestimmten Gehirnarealen unterbrochen. Das Symptomenspektrum kann von kurzzeitigen neurologischen Ausfallerscheinungen bis hin zu irreparablen Halbseitenlähmungen reichen.
Die betroffenen Tiere zeigen zumeist eine plötzlich auftretende, sehr ausgeprägte Schwäche und Koordinationsstörungen, so dass sie ihre Gliedmaßen nicht mehr kontrollieren können. Sie wirken wesensverändert und verlieren ihr Gleichgewicht. In vielen Fällen sind die Pupillen unterschiedlich geweitet oder weisen zitternde Bewegungen auf (Nystagmus).
Ein erhöhtes Schlaganfallrisiko haben – beim Tier wie beim Menschen – Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck, der unter anderem durch Schilddrüsenproblematiken und Nierenerkrankungen hervorgerufen werden kann.
Es gilt jedoch, den klassischen Schlaganfall (Apoplex) gegen das Vestibularsyndrom abzugrenzen, das vor allem bei alten Hunden sehr weit verbreitet ist. Es handelt sich dabei um eine Störung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr, die durch Infektionskrankheiten, Fremdkörper und schwerwiegende Ohrentzündungen hervorgerufen werden kann.
Ein Vestibularsyndrom entsteht meist sehr plötzlich und verursacht Koordinationsstörungen und Orientierungslosigkeit; der Patient wirkt wie benommen und zeigt häufig eine Kopfschiefhaltung zu einer Seite hin. Durch die Störung des Gleichgewichtsorgans leiden die Patienten unter Schwindel und daraus resultierend unter Übelkeit und Erbrechen. Auch hier finden wir unkontrollierte Augenbewegungen und Veränderungen der Pupillen.
Von liebenswerten Macken und Altersstarrsinn:
Warum die Psychologisierung nicht weiterhilft
Im Alter können die Tiere Marotten und Verhaltensweisen an den Tag legen, die ihre Besitzer unter Umständen zur Verzweiflung treiben. Jede Verhaltensauffälligkeit nun aber einer seniorentypischen Schrulligkeit oder gar einer Form von Demenz zuzuschreiben, wäre jedoch fahrlässig – denn Tiere kommunizieren in vielen Fällen eine körperliche Beschwerde dadurch, dass sie sich anders verhalten als sonst.
Wenn das Tier plötzlich inkontinent wird oder mit dem Harnmarkieren beginnt, sollten wir zunächst untersuchen lassen, ob eine Erkrankung der Nieren oder der Harnwege vorliegt. Wenn das Tier seinen Kot nicht mehr gezielt absetzen kann oder ihn unter dem Laufen verliert, lassen wir seinen Bewegungsapparat untersuchen, vielleicht verursacht eine degenerative Erkrankung der Wirbelsäule Nervenschäden und Schmerzzustände. Beleckt das Tier bestimmte Körperteile sehr intensiv und ausdauern, so ist an ein Schmerzgeschehen zu denken – ebenso wenn das Tier sich mit einem Male aggressiv uns oder den Artgenossen gegenüber verhält.
Dass ein Tier alt geworden ist, rechtfertigt nicht, seine Probleme zu psychologisieren und sich über seinen Versuch der Kommunikation hinwegzusetzen. Wir müssen unser Bewusstsein schärfen für die Eigenarten und die Bedürfnisse des geriatrischen Patienten – die meisten Tiersenioren wollen noch am Leben und an ihrem gewohnten Alltag teilnehmen, sind aber schlichtweg nicht mehr dazu imstande. Dies erfordert Hilfestellungen unsererseits: Wir sollten das Tier regelmäßig kämmen und bürsten, um das Fell sauber zu halten, um die Durchblutung anzuregen und das Wohlbefinden des Tieres zu verbessern. Es kann nötig sein, das Fell gelegentlich mit einem feuchten Waschlappen abzureiben, auch die After- und Genitalregion müssen hin und wieder von uns gesäubert werden.
Die Körperhygiene unseres Tiersenioren liegt in unseren Händen – wir kontrollieren regelmäßig Augen und Ohren, aber auch die Krallen, die im Alter nicht mehr abgenutzt werden können und leicht splittern oder einwachsen. Auf die Zahn- und Maulgesundheit unseres Tieres sollten wir insbesondere achten, die meisten geriatrischen Patienten weisen einen starken Zahnsteinbefall auf, der zu Entzündungen des Zahnfleisches und der Maulschleimhaut führen kann. Von den Schmerzen und womöglich einer Einschränkung des Fressverhaltens abgesehen, können die im Maul befindlichen Entzündungszellen den Herzmuskel und das Nierengewebe schädigen, sobald sie abgeschluckt werden. Ist eine Zahnsanierung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich, so sollten die Zähne doch regelmäßig vom Besitzer gepflegt und kontrolliert werden.
Ein bedingungsloses Ja zu dem letzten gemeinsamen Weg
Ein altes Tier wird uns herausfordern – aber uns um viele Erfahrungen reicher machen. Es liegt in unserer Hand, den letzten Lebensabschnitt unseres vierbeinigen Gefährten so würdevoll und unbeschwert wie möglich zu gestalten. In unserer Gesellschaft ist die Angst vor dem Tod sehr weit verbreitet: Die Palliativpflege unserer Angehörigen legen wir in die Hände ausgebildeten Fachpersonals, unser Tier „erlösen“ wir von einem Prozess, der ganz natürlich ist und der nicht immer ein Einschreiten unsererseits erfordert. Der Tod soll heutzutage schnell und sauber vonstattengehen, absehbar sein. Wovor haben wir Angst?
Im Leben wie im Sterben haben die Tiere uns einiges voraus: Ein Tier fragt nicht nach dem, was war. Auch nicht nach dem, was kommen wird. Ein Tier lebt im Hier und Jetzt. Sein Zustand ist in seiner Wahrnehmung kein leidvoller Prozess, der unweigerlich mit dem Tod endet – das Tier nimmt Momentaufnahmen wahr. Und das macht es hinnehmbar, dass der Rücken an dem einen Tag etwas mehr zwickt als an dem anderen oder dass man die Treppe mit einem Mal nicht mehr so schwunghaft hinauflaufen kann wie man es noch vor einigen Monaten konnte.
Das Wagnis des Älterwerdens auf uns zu nehmen ist der letzte Liebesdienst, den wir unserem Hund und unserer Katze erweisen können. Unser vierbeiniger Freund sollte seinen letzten Weg in Liebe, Würde und Geborgenheit beschreiten dürfen.
Er hätte uns dasselbe ermöglicht.
Franzisca Flattenhutter, Tierheilpraktikerin
01.12.2019
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