Wie finde ich gutes Fleisch für meine Tiere?

Der Hund ist ein Tierfresser, kein Fleischfresser. Wenn er noch jagen dürfte, wie der Wolf es tut, fräße er das ganze Tier, zuerst das Blut, dann Darm mit Inhalt und Innereien, Muskeln, Sehnen, Bänder, Knochen und Haut mit Haaren. Stärke (z. B. Getreide) gehört nur in geringem Maße zum Nahrungsspektrum der Wölfe. Wer Rohfleisch füttert, muss das wissen. Mit Fleisch alleine geht es nicht, vor allem dann nicht, wenn überwiegend Muskelfleisch gefüttert wird, denn so bauen sich gefährliche Defizite auf.

Rindermägen - Pansen und BlättermagenRohfleisch sollte immer aus einer Mischung verschiedener Organe bestehen. Der Hund braucht eben das ganze Tier. Bei uns in Deutschland werden 30 bis 50 % eines geschlachteten Rindes fortgeworfen! Viele dieser Teile, die wir wegwerfen, gehören zur Ernährung der Hunde. Jedenfalls führt bei Hundefuttern eine Werbung mit Begriffen wie „für den menschlichen Verzehr geeignet“ oder „in Lebensmittelqualität“ völlig in die Irre. Wir essen weder Sehnen noch Bänder, Zwerchfell oder Magen, auch keine Hoden oder Euter, um nur einige zu nennen. Hunde sollten z. B. auch Hautteile mit Fell bekommen, damit sie sich auf diese natürliche Weise entwurmen können – ohne Chemie.

Rohfleischfütterung – Barfen – falsch verstanden führt zu gefährlichen Defiziten, und das ist dann gerade für alle, die Trockenfutter verkaufen, die passende Argumentationshilfe.

A propos Lebensmittelqualität – den jüngsten Fleischskandal hinsichtlich Fleisch für den menschlichen Verzehr haben wir alle sicher noch gut in Erinnerung. Aufgrund der Diskussionen haben wir uns in der Redaktion gefragt, wie es denn dann um das Fleisch für BARFer bestellt ist, und haben uns ans Recherchieren gemacht.

Was bedeutet „Lebensmittelqualität“?

Grundsätzlich unterliegen alle Schlachthöfe in Deutschland bzw. die Tiere, die dort geschlachtet werden, erst einmal mehr oder weniger strengen Kontrollen. Die meisten Betriebe, die Frisch- oder Frostfleisch für Tiere anbieten, kaufen dort im besten Fall Fleisch in Lebensmittelqualität ein. Aber was heißt Lebensmittelqualität? Ist das wirklich ein „sicherer“ Begriff? Zur Schlachtung kommen in diesen Betrieben beispielsweise auch Milchkühe – aber diese Tiere wurden nie auf Fleischqualität hin gefüttert, sondern auf Milchleistung. Die dafür verwendeten Futtermittel und Zusätze spiegeln sich zwangsweise auch im Fleisch der Milchkühe wieder. Lecker! Wenn man dann noch überlegt, wie viele zumindest weitestgehend artgerecht ernährte und gehaltene Mastrinder es geben müsste, um den Bedarf von Mensch und Tier zu decken, wird schnell klar, dass diese Rechnung nicht aufgehen kann! Das gilt auch für alle anderen Tiere, die für Tiernahrung verarbeitet werden – Fisch, Geflügel, Wild etc.

Die Bezeichnung „Lebensmittelqualität“ ist also an sich nur eine begrenzte Qualitätsaussage. Interessanterweise finden wir diese Aussage in manchen BARF-Shops bei Fleischprodukten, die von vornherein gar nicht Lebensmittelqualität haben können, weil sie als sogenanntes K3-Material gelten. Darunter fallen aber auch tierische Produkte, die unsere Hunde für eine ausgewogene und artgerechte Ernährung brauchen. Alles nicht so ganz einfach …

Was bedeutet „K3-Material“?

Kategorie-3-Material nach den Verordnungen der Tierkörperverwertung umfasst Abfälle und Nebenprodukte aus Schlachtbetrieben, für den menschlichen Verzehr nicht mehr geeignete Lebensmittel tierischen Ursprungs, Rohmilch, frischen Fisch und Fischnebenprodukte. Außerdem werden bei der Verarbeitung Tierteile, die zwar zum menschlichen Verzehr geeignet sind, aber in einem bestimmten Land wenig nachgefragt werden, beispielsweise Kutteln (Pansen), Zunge und andere Innereien, hierhin sortiert. K3-Material darf ausschließlich zu Tierfutter verarbeitet werden und war mehrfach Ausgangspunkt von Skandalen rund um das sogenannte Ekelfleisch.

Zum K3-Material gehören etwa

  • Fische oder andere Meerestiere (ausgenommen Meeressäugetiere) sowie Fischabfälle
  • Tierische Lebensmittel, die aus anderen Gründen mit nicht gesundheitsschädlichen Folgen, z. B. Verpackungsmängeln, nicht mehr für den menschlichen Verzehr bestimmt sind (etwa Tiefkühlfleisch mit eingerissener Verpackung, das aber nicht angetaut ist)
  • Schlachtkörperteile, die genussuntauglich sind, jedoch von Tieren stammen, die an sich genusstauglich sind (z. B. Stichfleisch)
  • Rohmilch
  • Schalen, Brütereinebenprodukte (z. B. Eintagsküken) und Knickeiernebenprodukte von klinisch unauffälligen Tieren
  • Tierische Abfälle aus der Lebensmittelindustrie
  • Häute, Hufe und Hörner, Schweineborsten, Federn und Blut (nicht von Wiederkäuern) von Tieren, die nach einer Schlachttieruntersuchung in einem Schlachthof geschlachtet wurden – was bedeutet, dass die Tiere bei der Lebenduntersuchung als gesund beurteilt wurden, sonst dürften sie nämlich gar nicht geschlachtet werden
  • überlagertes Fleisch
  • minderwertiges Fleisch
  • Fleisch von Tieren unter erheblicher Stressbelastung
    Anmerkung der Redaktion: Wenn man sich die Abläufe auf den Schlachthöfen anschaut, ist eigentlich alles, was dort den Hof verlässt, K3-Material.
  • Reste tierischer Schlachtkörperteile und Nebenprodukte, die bei der Herstellung von für den menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen angefallen sind, sowie entfettete Knochen und Grieben

Jetzt muss man noch wissen, dass ein Stück Fleisch in Lebensmittelqualität, sobald es auch nur in den Produktionsraum eines Tiernahrung herstellenden Betriebes getragen wird (noch nicht einmal dort abgelegt), automatisch zu K3-Material wird. Verrückte Welt!

„K3“ bedeutet also nicht unbedingt, dass die Ware an sich minderwertig oder verdorben wäre – im Gegenteil, einige der genannten „Materialien“ sind für Hunde sogar gesund. Das Tückische an der Definition von K3-Material sind also eher Punkte wie „überlagertes Fleisch“, weil sie an Gammelfleisch-Skandale erinnern und es durch diese Assoziation guten und seriös arbeitenden Tiernahrungsbetrieben schwer machen.

Und woher kommt das Fleisch?

Wo kommen denn nun all diese Fleischmengen her? Aus dem Ausland, wo meist neben den grundlegenden EU-Verordnungen ganz andere Gesetze gelten? Mit den betreffenden Importbestimmungen werden wir uns in der nächsten Ausgabe von artgerecht noch genauer auseinandersetzen. Stutzig gemacht hat uns auch die werbliche Aussage eines BARF-Shops: „Aus nicht konventioneller Schlachtung“ – was bedeutet das denn jetzt? Derzeit wird „konventionell“ und „Bio“ geschlachtet, allerdings liegt der Unterschied zumeist nicht im Schlachtvorgang selbst. Wenn mit der Aussage „aus nicht konventioneller Schlachtung“ geworben wird – was will uns das sagen? Bei solchen unklaren Aussagen sollte man deshalb konkret nachfragen.

Mit dem Anspruch „Lebensmittelqualität“ oder gar „Bio“ verbindet sich ja auch ein gehobenes Preisgefüge. Zu recht? Bei einem ländlichen Betrieb, der seine Puten unter wirklich sehr guten Bedingungen im Sinne der Tiere hält und füttert und alles ordentlich und sauber sowie sämtlichen Verordnungen gemäß verarbeitet, kostet 1 kg Putenfleisch ca. 4,50 Euro. Was haben wir dann von Frost-Fleisch-Angeboten zu rund 2 Euro je Kilo zu halten?

Unser Fazit

Der Preiskampf im Frisch-/Frostfleischmarkt und die stetig steigende Nachfrage seitens der Hundebesitzer öffnet zweifelhaften Händlern Tür und Tor. Die nationale und internationale Gesetzeslage trägt ihren Teil dazu bei. Der Billigste kann nicht der Beste sein – und der Teuerste muss nicht die beste Qualität bieten. Wie viel Geld Werbung und der Kampf um Marktanteile verschlingen, wissen wir alle – und das muss ja auch irgendwoher kommen. Informieren Sie sich genau bei Ihrem Händler – wer wirklich gutes Fleisch für Ihr Tier bereithält und sein Geschäft seriös betreibt, kann und wird Ihnen Auskunft geben. Prüfen Sie die Informationen, die Sie am besten schriftlich erhalten haben, genau. Fragen Sie nach, wenn Ihre Fragen nicht ausreichend beantwortet wurden.

Für eine geschlossene Kühlkette und Frische bevorzugen wir hier im Team Händler, die sich die Mühe machen, zumindest großteilig regional einzukaufen. Dafür nehmen wir gerne auch einen gewissen Preis in Kauf. Denn wenn wir nicht das billigste Fleisch kaufen und uns als Käufer für ein ehrliches Nahrungsmittel stark machen – also Fleisch von Tieren, die möglichst artgerecht gehalten, ernährt und betreut und möglichst schnell und schmerzlos geschlachtet werden – schaffen wir eine Verbesserung in den Lebensumständen dieser Tiere. Und das kommt am Ende auch unseren Tieren zu Gute!

Franziska Böhmer,  Ernährungsberatung für Hund und Pferd

24.06.2017

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