Phytotherapeutische Möglichkeiten der Schmerzbehandlung

Unter Phytotherapie versteht man die Heilung, Linderung und Vorbeugung von Beschwerden und Krankheiten durch Arzneipflanzen.

In der Pflanzenheilkunde kommen ganze Pflanzen oder Pflanzenteile (Blüten, Blätter, Samen, Rinden, Wurzeln) und die Zubereitungen daraus zur Anwendung. Dabei werden immer Wirkstoffkomplexe eingesetzt. Die häufigsten phytotherapeutisch behandelten Gebiete sind Magen- und Darmprobleme sowie Atemwegsbeschwerden. Die verschiedenen darin auftretenden Krankheitsbilder können von unterschiedlich starken Schmerzen begleitet werden.

Schmerz ist eine sehr komplexe und subjektive Sinneswahrnehmung, die den Charakter eines Warn- und Leitsignals aufweist. Die Schmerz-Intensität kann von unangenehm bis unerträglich reichen. Chronische Schmerzen haben den Charakter eines Warnsignales verloren und werden darum als eigenständiges Krankheitsbild behandelt.

Schmerzen haben ihre eigene Botschaft, als Warnsignal fordern sie auf zur Schonung oder zur Verhaltensänderung. Werden Schmerzen mit Medikamenten unterdrückt, neigen Tiere dazu, sich zu überfordern. Wo die notwendige Schonung ausbleibt, kommt es zur Verschlimmerung der Symptome. Der Vorteil pflanzlicher Mittel ist die lindernde Wirkung, die den Schmerz zwar reduziert, aber nicht vollständig unterdrückt.

HEILPFLANZEN MIT SPEZIELLER SCHMERZLINDERNDER WIRKUNG


Sonnenblumenkerne
Helianthus annus


Sonnenblumenkerne enthalten hohe Mengen der Aminosäure Phenylalanin. Phenylanalin wirkt als Botenstoff, reduziert das Schmerzempfinden und wirkt stimmungsaufhellend.

Interessant für die Behandlung von Vögeln und Nagern. Andere Samen, die helfen können, das Schmerzempfinden zu reduzieren, sind Hanfsamen und Blaumohn.


SilberweideWeidenrinde
Salix alba, Salix spec. Cortex Salices


Weidenrinde wirkt schmerzlindernd, entzündungshemmend und fiebersenkend. Der Hauptwirkstoff des Weidenrindenextraktes ist das Salicin, das in die Gruppe der Polyphenole gehört. Der Organismus verarbeitet Salicin zu Salicylsäure, dem eigentlich aktiven Wirkstoff. Die Wirkung der Weidenrinde beruht darauf, dass die Salicylsäure im Körper die Entstehung des Prostaglandins hemmt, welches als Schmerzbotenstoff das Schmerzempfinden verstärkt. Außerdem verbessert sie die Durchblutung der Kapillargefäße; das hilft mit, die entzündungshemmenden und schmerzlindernden Stoffe besser an die Zielorte zu transportieren.

Weidenrinde gibt ihre Wirkstoffe nur schwer ab, deshalb wird sie nach dem Kaltansatz als Dekot zubereitet. Pferde sind in der Lage, die Rinde aufzuschließen.

Dosierung:

Hunde: 1 bis 3 g als Pulver oder Tee
Pferde: 10 bis 30 g als Kraut oder, in akuten Fällen bei Rehe, als Tee für eine schnellere Wirkung
Hinweis: Zu stark gezogene Tees enthalten sehr viel Gerbstoffe, die den Magen reizen können.


Echtes MädesüßMädesüß
Filipendula ulmaria


Mädesüß enthält Salicylate, Flavonoide, Gerbsäuren, Ätherische Öle und Zitronensäure. Man gibt Mädesüß gern und mit gutem Erfolge bei gichtigen und rheumatischen Erkrankungen, die häufig mit Herzleiden und unregelmäßigem Puls verbunden sind, sowie als Diuretikum bei Blasen- und Nierenleiden.

Dosierung:

Hunde: 3 bis 5 g als Kraut oder Abkochung
Pferde: 20 bis 50 g als Kraut oder Abkochung.

Mädesüß kann sehr stark die Nieren anregen.Bewährt hat sich die Kombination von Weidenrinde mit Mädesüß, 1/1 gemischt.

Bei der Verfütterung an Pferde wird im vorderen Darmbereich Mädesüß verdaut, im hinteren die Weidenrinde aufgeschlossen, dadurch hat man eine lang anhaltende Wirkung.

Pappel, Erle und Esche enthalten auch Salicylate und können entsprechend eingesetzt werden, werden aber wegen der höheren Gerbstoffgehalte weniger gerne gefressen.


Gänsefingerkraut
Anserine Potentilla anserine


Ursprünglich war sie besonders auf Gänseweiden zu finden. Weil sie hohe Trittbelastung gut erträgt, wächst sie häufig auch auf Pferdeweiden. Sie ist ein altes Heilmittel aus Mittel- und Nordeuropa, das in der Kräuterliteratur seit dem Mittelalter ausführlich behandelt wird. Wegen seiner stopfenden, zusammenziehenden und schmerzstillenden Eigenschaften wird Gänsefingerkraut bei Durchfall, Ausfluss, Blutungen, Glieder- und Zahnschmerzen, äußerlich gegen Entzündung und Flecken der Augen sowie als hautreinigendes Mittel eingesetzt.
Kneipp empfiehlt es ganz besonders bei Krämpfen. Das Kraut verdiene den Namen Krampfkraut vollkommen, „Besonders gut wirke es in Milch gesotten“.
Madaus hat es ebenfalls als krampflösendes Mittel beschrieben, aber auch zur Verwendung bei Durchfällen, Koliken und als blutstillendes und wundheilendes Mittel zur Versorgung nach der Geburt.

Über seine Wirkung nach einer Geburt zur Zurückbildung der Gebärmutter und als Krampflöser gibt es unterschiedliche Ansichten. Die adstringierende und stopfende Wirkung ist unbestritten. Beste Erfahrungen haben wir bei Pferden, die das Kraut fressen oder auch den bitter-adstringierenden Absud trinken sowie in der Verfütterung an Geflügel bei Muskelkrämpfen und Flügellähme.

Dosierung:

Hunde: Abkochung in Milch/Sahne: 1 Teelöffel (ca. 3 g) auf 100 ml. Durch den Fettgehalt wird die Magenschleimhaut weniger gereizt
Pferde: 20 bis 40 g als Kraut oder als Aufguss: 30 g auf 1 Liter Wasser Hinweis: Abkochungen länger als 5 Minuten können die Magenschleimhäute reizen, viele Therapeuten bevorzugen daher den Kaltauszug.


Cayennepfeffer (Chili)
Capsicum annuum


Wichtige Wirkstoffe sind die Scharfstoffe, Capsaicinoide. Capsaicin hemmt die Freisetzung eines Schmerzbotenstoffes. Die Schmerzsignale werden somit nicht weitergeleitet, die Endungen der Nervenfasern bilden sich innerhalb der Behandlung zurück. Deshalb wird der Schmerz auch nach Beendigung der Therapie nicht weitervermittelt. Das unterscheidet Capsaicin von anderen klassischen Schmerzmitteln. Die Linderung tritt sehr schnell ein, die vollständige Wirkung erst nach längerer Behandlung. Am besten in Form von Wickeln, Pflastern, in Massageölen oder Salben anwenden.

Bei Nervenschmerzen, rheumatischen Beschwerden und Muskelerkrankungen wird die pulverisierte Schote eingesetzt. Capsaicin und andere Scharfstoffe regen die Schmerz- und Wärmerezeptoren der Haut an und bewirken so eine gesteigerte Durchblutung. Dieser Effekt wird bei schmerzhaften Muskelverspannungen genutzt.

Sollte es zu starken Hautreizungen kommen, kann das aufgebrachte Präparat mit kaltem Wasser entfernt werden. In keinem Fall darf das Präparat mit den Augen in Kontakt kommen, denn die Augen reagieren sehr empfindlich darauf.

CAVE:

Wegen des hohen Reizpotentials sollte Cayenne/Chili nicht länger als zwei Tage an einer Stelle angewandt werden. Eine Wiederholung auf den gleichen Hautbereichen sollte erst wieder nach 10 bis 14 Tagen erfolgen!


Teufelskralle
Harpagophytum procumbens


In der Teufelskralle ist der wichtigste Wirkstoff das Harpagosid. Ein Iridoidglykosid, das zu den Bitterstoffen gezählt wird. Das Harpagosid befindet sich hauptsächlich in den Seitenwurzeln. Diese bis zu 600 g schweren Sekundärwurzeln werden aus einer Tiefe bis zu 2 m ausgegraben. Die Teufelskralle und ihre Zubereitungen wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd. Sie hilft der Gelenkmatrix, sich wieder zu glätten und ermöglicht geschmeidigere Bewegungen bei Arthrose und Rheuma.

Die schmerzlindernde Wirkung setzt laut Literatur erst nach zwei- bis vierwöchiger Anwendung ein. Nach meinen Erfahrungen wirkt Teufelskralle bereits nach ein bis drei Tagen. Teufelskralle eignet sich zur Anwendung bei Arthrose, Hufrehe und bei Hufbehandlungen.

Dosierung:


Hunde: 1 bis 2 g als Pulver
Pferde: 10 bis 20 g geschnitten, als Kur sechs bis zehn Wochen. Es hat sich bewährt, parallel die Nieren anzuregen z.B. mit Birke, Brennnessel oder Goldrute.


Myrrhe
Commiphora myrrha, Commiphora molmol


Die Myrrhe wird seit Jahrtausenden im arabischen Raum und in Ostafrika in den verschiedensten Bereichen angewandt. Als Tinktur wird Myrrhe bei Entzündungen im Mundbereich, bei Druckstellen oder Zahnfleischbluten zum Spülen eingesetzt. Myrrhe wirkt desinfizierend, geruchbindend, zusammenziehend und fördert die Wundheilung. Außerdem hat sie eine leicht schmerzlindernde Wirkung. Zubereitungen aus Myrrhe werden auch innerlich angewandt bei Husten, Bronchitis und Darminfektionen.

In der Tierheilkunde wird die Myrrhe ebenfalls gerne genommen. Dort werden die gleichen Beschwerden mit Myrrhe behandelt wie beim Menschen.

Dosierung:

Hunde: Myrrhentinktur 5-%ig, 2 bis 10 Tropfen
Pferde: 30 Tropfen, insbesondere bei Magengeschwüren und Verpilzungen.

Myrrhe hat eine starke fungizide Wirkung, sie sollte also auch äußerlich angewandt werden – ähnlich wie Propolis oder auch in Kombination. In der Zahnheilkunde hilft sie bei wundem und entzündetem Zahnfleisch und sie hilft bei Zahnfleischschwund.


Indischer Weihrauch
Boswellia serrata oder Olibanum


Das Harz des Weihrauchbaumes enthält neben ätherischen Ölen und Gerbstoffen auch 5 bis 8 % der Boswellia-Säuren. Forscher haben herausgefunden, dass diese Substanzen Entzündungsreaktionen stoppen.

Bei vielen Entzündungskrankheiten werden von einem Enzym Leukotriene gebildet, die Entzündungen und damit auch Schmerzen chronifizieren. Wissenschaftler suchten eine Substanz, die in diesen Enzymstoffwechsel eingreift und die Bildung der Leukotriene hemmt. Die Boswellia-Säure des indischen Weihrauchs ist dazu in der Lage. Die bei chemischen Entzündungshemmern gefürchteten Nebenwirkungen treten hierbei nicht auf.

Die jahrhundertealte Erfahrung mit Weihrauch als Phytotherapeutikum sowie die Ergebnisse der modernen Weihrauchforschung weisen auf verschiedene potentielle Einsatzmöglichkeiten hin: Polyarthritis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Asthma bronchiale. Die heute üblicherweise genutzten Weihrauch-Extrakte mit konzentrierter Boswellia-Säuren zeigen noch andere Perspektiven auf: Sie können Cortison ersetzen, das Ausschleichen von Cortison gut begleiten; der Einsatz von Cortison kann damit reduziert werden.

Ähnlich wie das Cortison hemmen die Boswellia-Säuren Entzündungsprozesse. Der entscheidende Vorteil ist aber, dass Weihrauch gezielt nur gegen die Entzündung und gegen den Schmerz wirkt, aber keine Nebenwirkungen entfaltet. Weihrauch kann daher auch langfristig gegeben werden. Die Nieren funktionieren weiter normal, der Körper wird nicht aufgeschwemmt.

Dosierung:

Hunde bekommen eine bis drei Kapseln täglich, ca. 0,5 bis 1,5 g
Pferde 3 mal 3 Kapseln oder 5 bis 10 g Pulver

Weitere Heilpflanzen mit Cortison-ähnlicher Wirkung sind Johanniskrautblätter, junge Blätter der Schwarzen Johannisbeere und Bittersüßstängel.


Lavendel
Lavendula angustifolia


Die schmerzlindernde, antiseptische und antibiotische Wirkung machen Lavendel zu einem wertvollen Mittel bei der Behandlung von Infektions- und Viruskrankheiten. Sehr gute Wirkung erzielt man, indem man Lavendelöl zum Inhalieren verwendet. Eine der wichtigsten Eigenschaften besteht darin, Muskelbeschwerden lindern zu können – unabhängig davon, was die Schmerzen verursacht hat. Lavendelöl hebt insgesamt die Stimmung, beruhigt und erfrischt.

Ätherisches Lavendelöl fördert zudem die Wundheilung, verhindert Narbenbildug und ist als Schmerzmittel bei Verbrennungen hervorragend in der Kombination mit Johanniskrautöl (Rotöl). Es sorgt für schnelleres Abheilen von Verletzungen und Operationswunden. Es wird auch gerne in der Geburtsnachsorge gegeben. Außerdem lässt sich die Fettproduktion der Talgdrüsen damit regulieren.

Einsatz:

Als Tee in Kombination mit Melisse und Kamille (Magen und Darm), als ätherisches Öl zum Inhalieren, Massieren, oder als Hydrolat


Gewürznelke · Nelkenöl
Syzigium aromaticum, Eugenia cariophyllus


GewürznelkenbaumAus der getrockneten Blütenknospe wird das Gewürznelkenöl destilliert. Nelkenöl sollte man immer in der Praxis haben. Es lindert die Entzündung, den Schmerz und die Schwellung nach einem frischen Insektenstich, auch von Bienen, Wespen und Hornissen. Der entzündungshemmende Wirkstoff heißt Eugenol. Dieser ist auch in den Blättern vorhanden, trotzdem ist das günstigere Nelkenblattöl weniger zur Schmerzbekämpfung geeignet als das Öl das aus den Blütenknospen gewonnen wird.

In der Vergangenheit wurde Nelkenöl überwiegend gegen starke Zahnschmerzen eingesetzt. Beträufeln Sie ein Wattestäbchen mit Nelkenöl und betupfen Sie damit die schmerzende Stelle. Bei der Zahnbehandlung wirkt es leicht sedierend. Aromatherapeuten und Zahnbehandler lassen die Tiere selbst entscheiden, ob sie Lavendel, Minze oder eben Nelke bevorzugen.

Eingesetzt wird es auch zum Einleiten einer Geburt als Nelkenöl-Tampon. Ein mit einigen Tropfen Nelkenöl versehener Tampon lässt den Muttermund nachgiebig werden und leitet schnell die Geburt ein. Wie alle ätherischen Öle wirkt auch Nelkenöl desinfizierend


Arnika
Arnica montana


Anwendung nur als Gel oder Tinktur.
Der Extrakt aus Arnika enthält den Hauptwirkstoff Sesquiterpenlaktone, eine Gruppe die häufig in Korbblütlern vorkommt und die zu den Terpenen zählt. Diese Wirkstoffe der Arnika können tief in die Hautschichten eindringen und sich an den entzündeten Stellen anreichern.

Professor Ingrid Merfort, Universität Freiburg: „Die Sesquiterpenlaktone greifen frühzeitig in das Entzündungsgeschehen ein, wobei sie die Bildung der Entzündungsmediatoren nicht komplett unterdrücken, sondern in deren Synthese eingreifen und überschießende Reaktionen regulieren“.

Andere Inhaltsstoffe der Arnikapflanze machen die Haut durchlässig und helfen den Sesquiterpenlaktonen, an ihren Wirkungsort zu gelangen. In einer Kooperation mit Dr. Stefan Martin aus der Abteilung Allergologie der Hautklinik konnte das Team um Merfort auch zeigen, dass Arnika kein starkes Kontaktallergen ist – auch wenn in den vergangenen 20 Jahren gerne das Gegenteil behauptet wurde. Sie betont: „Aus der Geschichte heraus ist dieser Vorwurf völlig unbegründet“. Und auch die neuen Kenntnisse über den Wirkmechanismus der Sesquiterpenlaktone widersprechen derartigen Spekulationen: Die Behandlung mit Arnika hemmt die Ausschüttung der Zytokine, doch ohne Zytokinfreisetzung kann keine Kontaktallergie entstehen.

Arnika sollte nur äußerlich angewendet werden. Die Tinkturen sollen nicht unverdünnt und auch nicht längere Zeit auf verletzte Hautstellen aufgetragen werden.

Verwendung:

Gel oder Arnikatinktur (wässrig oder alkoholisch 1:10) für Wickel, Umschläge und Einreibungen


Meerrettich
Armoracia rusticana


Der scharfe Geschmack und die die Schleimhäute reizende Wirkung beruhen auf dem Gehalt an Senfölen. Flüchtige Senföle entstehen aus ihren Vorstufen, den Glucosinolaten. Durch enzymatischen Abbau wirken sie keimtötend gegen Bakterien und Pilze. Wegen ihrer Reizwirkung auf die Schleimhäute kommt es örtlich zu einer vermehrten Durchblutung, sowohl im Magen und Darm, als auch in den Bronchien.

Meerrettich enthält die Vitamine C und B1 sowie Enzyme und Flavonoide. Innerlich eingenommen, wird der Meerrettich gegen Erkältungskrankheiten und zur unterstützenden Behandlung bei Infektionen der ableitenden Harnwege verwendet.

Äußerlich wird Meerrettich zur Behandlung von Muskelschmerzen eingesetzt. Dafür macht man Umschläge, Wickel oder Pflaster. Dabei sollte der Gehalt an Senfölen nicht zu hoch sein (2 %), da es sonst zu starken Hautreizungen kommen kann.

Getrockneter Meerrettich muss vor Verwendung eingeweicht werden, am besten in lauwarmem Wasser, damit sich die Senföle bilden können.

Dosierung:

Hund: 2 bis 5 g
Pferd: 10 bis 30 g


Nachtkerzenöl
Oenothera biennis


Oenothera biennis ist eine der wenigen bisher bekannten Pflanzen, deren Samenöl die dreifach ungesättigte Gamma-Linolensäuren enthalten. Diese Fettsäuren können von Säugetieren nicht synthetisiert werden, sie sind also essentiell. Außerdem kommen als weitere wichtige Fettsäuren die Linolund Ölsäure vor. In der modernen Medizin nutzt man das Öl zur Linderung von Hauterkrankungen (Neurodermitis), Diabetes mellitus, Arthritis und Prämenstruellem Syndrom.

Neurodermitis ist eine Immunschwäche der Haut. Aufgrund einer Fehlsteuerung kommt es zu Abwehrmaßnahmen gegen Stoffe, die eigentlich harmlos sind. Durch Einnahme von Gamma-Linolensäure-haltigem Nachtkerzensamenöl, aber auch durch direktes Auftragen auf die Haut wird das Hautbild gebessert, die Haut wird geschmeidiger, die Ekzeme gehen zurück.

Das Nachtkerzensamenöl hat auch eine entzündungshemmende und damit schmerzlindernde Wirkung. So konnte in Tierexperimenten gezeigt werden, dass mit diesem Öl die schmerzhaften Entzündungen der Gelenke, bei Arthritis, unterdrückt werden.

Schon 1935 fand man heraus, dass der Anteil essentieller Fettsäuren im Plasma im Verlauf von Virusinfektionen abnimmt. Man geht davon aus, dass essentielle Fettsäuren einen antiviralen Effekt dann haben, wenn Viren von einer Lipidhülle eingeschlossen sind. Andererseits kann ein Virus dem Körper essentielle Fettsäuren wegnehmen und deren Umwandlung blockieren. Dies erklärt auch, warum manche Allergiker so ungewöhnlich empfindlich gegenüber viralen Infekten sind.

Oenothera biennis ist keine neue Heilpflanze. Bereits vor 500 Jahren heilten die Algonkin-Indianer in Nordamerika Hautausschläge, indem sie die Samen zerstampften und auf die betreffenden Stellen legten.

In der Volksheilkunde werden auch die blühenden Sprossspitzen, die Blätter, Stängel, Samen und Wurzeln verwendet. Ein aus den Blättern und Stängeln bereiteter Tee wird als Mittel gegen Erkältungen der oberen Luftwege empfohlen.

Nachtkerzensamen sind reich an den essentiellen Aminosäuren Cystein, Methionin, vor allem aber Tryptophan, das akute und chronische Schmerzen reduzieren kann.

Dosierung:

Hunde: 1 bis 3 Kapseln. 5 bis 10 g Samenpulver
Pferde: 5 bis 10 Kapseln. 50 bis 70 g Sprossspitzen, 30 g Samenpulver

Da die ungesättigten Fettsäuren des Nachtkerzenöls sehr schnell ranzig werden, ist das verkapselte Öl sicherer in der Anwendung.


Johanniskraut
Hypericum perforatum


Als Arzneimittel wird die ganze oberirdische Pflanze verwendet. Sie ist durch ihre Wirkungen auf das Nervensystem bekannt und berühmt. Zum einen wirkt sie durch ein ätherisches Öl beruhigend und gehört damit zu den Sedativa, zum anderen kann Johanniskraut die Stimmung aufhellen. Insbesondere chronische Schmerzzustände führen bei Betroffenen zu depressiven Verstimmungen. Deshalb werden in der Schmerztherapie häufig stimmungsaufhellende Medikamente zusätzlich zu den Schmerzmitteln verordnet. Die dadurch verbesserte psychische Befindlichkeit des Patienten beeinflusst die Schmerzverarbeitung positiv und hilft, synthetische Mittel einzusparen.

Das Rotöl (Ölmazerat aus den Blüten) wirkt unter anderem entzündungshemmend, es hat eine wundheilende Wirkung und ist eine gute Hilfe bei Sonnenbrand und anderen Brandwunden.

In der innerlichen Anwendung reduzieren Johanniskrautpräparate den Lichtschutzfaktor der Haut, was bei Sonnenbestrahlung zu Hautverbrennungen führt.

Dosierung:

Hunde: 5 g
Pferde: 30 bis 50 g
Rotöl zum Einreiben


Viele Patienten, die dem Therapeuten vorgestellt werden, haben bereits eine Antibiotika-Cortisonkarriere hinter sich.

Die inneren Organe arbeiten in diesen Situationen auf Hochtouren und sind doch überfordert. Zuerst müssen die Tiere entgiften und die Giftstoffe ausleiten, damit sie ihr inneres Gleichgewicht wiederfinden. Die Entgiftung muss in dieser Situation mit besonderem Feingefühl durchgeführt werden. Es wäre unverantwortlich, den vorbehandelten und an die Medikamente gewohnten Tieren jede Schmerztherapie vorzuenthalten und das Cortison abrupt abzusetzen. Gerade hier bietet die Phytotherapie viele Möglichkeiten, wie ich auf den vorausgehenden Seiten ausführlich beschrieben habe.

Zur Anregung der Leber und der Ausleitung über den Darm gehören unbedingt die Erhöhung der Harnmenge und die Durchspülung der Nieren.
Die Anregung der Leber muss immer wieder von Intervallen, in denen ausschließlich ausgeleitet und die Niere durchspült wird, unterbrochen werden.

Bewährt haben sich zur Anregung der Leber:
Mariendistel-Extrakte, Artischocke, Löwenzahn, Curcuma.

Zur Ausleitung über die Nieren:
Goldrute, Hauhechel, Bohnenschale, Birkenblätter, Brennnessel, Ackerschachtelhalm, Orthosiphon oder Queckenwurzel.

Unentbehrlich sind die Mikroalgen Spirulina und Chlorella als Komplexbilder, damit Giftstoffe, die über die Gallengänge in den Dünndarm gelangen, nicht wieder resorbiert werden können und so der enterohepatische Kreislauf unterbrochen wird.

Die Phytotherapie bietet viele Möglichkeiten, Tieren schmerztherapeutisch zu helfen und gleichzeitig andere Therapien begleitend zu unterstützen.

Manfred Heßel, Dipl.-Ökologe und Phytotherapeut

31.08.2019

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