Katzen fangen Mäuse ...

... und wer hilft ihnen dabei?

Lauernde Katze im Gras

Wie Mäuse leichte Beute für Katzen werden

Die Katze sitzt stundenlang vor dem Mäuseloch. Erfolglos! Denn die Maus ist klug und geht in Deckung. Keine Chance für die hungrige Katze.

Die Realität sieht anders aus, manchmal völlig gegenteilig. Durch irgendetwas angelockt oder gar wie „fremdbestimmt“, läuft die Maus der Katze neugierig und arglos entgegen, direkt „in die Arme“! Die Katze freut sich, so ohne Anstrengung und Zeitaufwand zu ihrer Mahlzeit zu kommen …

Welchen für die Maus doch offensichtlich sehr nachteiligen Mechanismus hat die Natur hier entwickelt?


Forscher um Vera Voznessenskaya vom AN-Severtov-Institut für Ethologie und Evolution in Moskau stellten in ihren Untersuchungen fest, dass das im Katzenurin enthaltene Felinin das Verhalten der Nagetiere wesentlich beeinflusst: Felinin ist eine schwefelhaltige Aminosäure, die in den Nieren von Katzen und Katern aus Cystein und Taurin gebildet wird. Felinin ist mitverantwortlich für den strengen Geruch des Katerurins, insbesondere des Harns unkastrierter Kater, und spielt eine wesentliche Rolle bei der Territorialmarkierung.

Bei gut, das heißt artgerecht, ernährten Katern ist der Taurinanteil im Futter höher. Und folglich auch die Felininkonzentration im Katerharn. Für die Katzen interessant, denn auf diese Weise können sie die Fitness des Katers abschätzen …

Auch unkastrierte Katzen produzieren Felinin – wenngleich in bedeutend geringeren Mengen (ca. 20 mg pro Tag) als ihre männlichen Artgenossen (ca. 90 mg täglich). Aber warum? Katzen zeigen doch kein Territorialverhalten.

Felinin macht Mäuse mutig!

Durch Laborversuche mit Mäusen kamen die Moskauer Wissenschaftler zu folgendem Ergebnis: Das Felinin wird von den Nagern wahrgenommen und führt zur Ausschüttung von Stresshormonen. Das resultierende Verhalten der Mäuse ist abhängig von dem Alter, in dem sie zum ersten Mal mit Felinin in Berührung gekommen sind.

Junge Mäuse, die von klein auf an den Geruch von Katzenurin gewöhnt sind, bilden mehr spezifische Neurone im Geruchssinn ihres Gehirns aus als ihre Artgenossen, die erst in höherem Alter mit Felinin in Kontakt kommen. Erstere reagieren somit sensibler auf Katzenurin.

Unterschiedliches Fluchtverhalten

Jedoch nicht mit der Konsequenz, dass sie verstärkt die Flucht vor Katzen ergreifen würden. Stattdessen werden vermehrt Stresshormone ausgeschüttet – und dennoch werden diese Mäuse furchtloser gegenüber Katzen … Diese auf Felinin konditionierten Mäuse zeigen also weniger Angstreaktionen und fliehen später vor den Katzen.

Welche Logik könnte hinter dieser augenscheinlich paradoxen Verhaltensweise stecken?

Nach Meinung der Moskauer Forscher und aus Sicht der Mäuse haben die Nagetiere vermutlich einen Anpassungsvorteil: Katzen leben meist in der Nähe des Menschen – und dort gibt es eben auch attraktive Nahrungsquellen für Mäuse, z. B. Vorratskammern.

Nach dieser Hypothese würde es sich für die Mäuse eher lohnen, die Inhalte besagter Vorratskammern anzuknabbern, als Katzen zu meiden.

Eine erstaunliche Symbiose

Nun zur differenzierteren Erklärung für mangelnde Angst der Mäuse vor Katzen:

Wissenschaftler der University of California, Berkeley führen dieses Verhaltensmuster auf die Symbiose zwischen Katzen und dem Erreger der Toxoplasmose, Toxoplasma gondii, zurück.

Katzen sind nämlich Hauptwirte dieses Erregers. Mäuse, Vögel – und auch Menschen – sind hingegen Zwischenwirte. Sie ermöglichen den vollständigen Entwicklungszyklus des Parasiten. Im Fall des Endwirtes Katze handelt es sich beim Toxoplasmose-Erreger jedoch nicht um einen Parasiten, sondern um einen Symbionten!

Die Katze bietet dem Erreger Kost und Logis und die Möglichkeit, sich fortzupflanzen. Als Dankesgeste manipuliert Toxoplasma gondii das Gehirn von Mäusen: Die Nager geben einen Urinstinkt auf. Sie verlieren die Angst vor dem Geruch von Katzenurin. Und schlüpfen in das Maul der Katze! Eine perfekte Symbiose.

Diese wirkt überdies sehr nachhaltig. Denn selbst wenn die Mäuse behandelt und von Erregern befreit wurden, verblieben diese Verhaltensweisen – auch noch lange Zeit nach einer ausgeheilten Toxoplasmose-Infektion. Wie die genauen biochemischen Prozesse zu erklären sind, die zu dieser „Fernsteuerung“ der Mäuse führen, ist nicht bekannt.

Dr. Frauke Garbers, Biologin

Quellen


http://www.spektrum.de/news/wie-katzen-ihre-beute-manipulieren/1354395
http://www.sueddeutsche.de/wissen/verhaltensforschung-wie-parasiten-die-hirnchemie-veraendern-1.1182686
http://guardianlv.com/2013/09/cats-mice-and-toxoplasma-gondii-parasite-weird-love-triangle/

24.03.2017

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