Die Verhaltenstherapie der Katze

Die häufigsten Verhaltensauffälligkeiten, ihre Ursachen und mögliche Therapiemaßnahmen

Ein irisches Sprichwort lautet: „Einer Katze Augen sind Fenster, die uns eine andere Welt erblicken lassen.“

Damit Sie diese andere faszinierende Welt ein wenig besser verstehen lernen, möchte ich versuchen, Ihnen den Bereich der Tierpsychologie und Verhaltenstherapie der Katze ein Stück näher zu bringen.

Was bedeutet eigentlich Tierpsychologie?

Muss meine Katze jetzt auf die Couch, werden sich einige von Ihnen fragen?

Nein, selbstverständlich muss Ihre Katze nicht auf die Couch. Lassen Sie sich bitte nicht von der Wortwahl "Tierpsychologie" irritieren.
Bei der Tierpsychologie der Katze handelt es sich um das Studium der Ethologie. Dieses ist das Wissen von der Lebensweise der Katze, besonders von ihrem Verhalten. Anhand des Wissens über das Normalverhalten einer Tierart und seiner Stammform erkennt man Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensveränderungen. Diese Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensveränderungen können mit den unterschiedlichsten Methoden therapiert werden.

Die Katzenpsychologie ist also eine verhaltenstherapeutische Beratung für den Tierhalter und seine Katze und bietet die Möglichkeit, gegen Verhaltensstörungen und störendes Verhalten gezielt vorzugehen.

Zu den am häufigsten auftretenden Verhaltensproblemen gehören:

  • Unsauberkeit
  • Zerkratzen von Möbeln / Zerstörungswut
  • Aggressionen gegen Menschen und Artgenossen
  • Angststörungen – die sich auch in Aggressionen äußern können
  • Stereotypes Verhalten – zum Beispiel Schwanzjagen
  • Overgrooming – ständiges Belecken von Körperteilen
  • Aufmerksamkeit forderndes Verhalten

Eine Veränderung im Verhalten wird von einer Katzenpsychologin unter anderem durch Umgewöhnung, Umerziehung oder Desensibilisierung erreicht. Dieses geschieht immer in engster Zusammenarbeit mit dem Halter.

Oft entstehen Verhaltensprobleme aus Missverständnissen zwischen Mensch und Katze. Unterschiede zwischen den Erwartungen, die der Mensch in die Katze setzt und deren Bedürfnissen, können der Auslöser für z. B. Unsauberkeit oder die plötzliche Aggression gegenüber Artgenossen sein. Durch Störungen im Verhalten, sei es nun eine echte Störung oder eine für den Menschen vermeintliche Störung, wird die Beziehung der Katze zum Halter oft auf eine harte Probe gestellt.

In den letzten Jahren hat sich die Beziehung zwischen Mensch und Katze gewandelt. Unsere Katzen haben sich aus dem Status des Nutztieres, sprich des Mäusefängers, herausgelöst und stellen nun als Freund und Begleiter des Menschen eine eigenständige Gruppe von Tieren dar.
Heute leben wir viel intensiver mit unseren Katzen zusammen, sehen diese als Familienmitglied an und bauen eine sehr starke und liebevolle Beziehung zu ihnen auf. Leider vergessen wir oftmals, dass unsere Samtpfoten eigenständige Charaktere sind.

Arttypische Verhaltensweisen (z. B. kratzen an Wänden oder Möbelstücken) die sich für den Halter als Verhaltensstörungen darstellen, müssen eventuell nur in ein für beide Seiten tolerierbares Maß gelenkt werden.
Das Kratzen ist ein vollkommen normales Verhalten der Katze. In der freien Natur findet die Katze genügend Möglichkeiten (Bäume, Äste etc.), um diesem Bedürfnis nachzukommen. Eine in der Wohnung gehaltenen Katze muss der Halter Kratzbäume, Kratzmatten etc. zur Verfügung stellen, damit die Katze genau dieses Bedürfnis nicht an Möbelstücke, Tapeten oder Teppichen auslebt.

Bei der Beurteilung, was eine Verhaltensstörung ist, sollte nicht von einer Norm ausgegangen werden, an der alle Tiere einer Spezies gemessen werden.
Nicht jede Abweichung von der Norm ist ein Fehlverhalten! Nein, hier ist es wichtig, die Gesamtheit dieser einen speziellen Katze zu sehen.
Der einzige Maßstab sollte die Lebensfreude, Ausgeglichenheit und Freiheit von Leiden sein, welches wiederum von der Individualität jeder Katze abhängt.

Jede Katze kann prinzipiell dazu neigen, durch zwanghaft bestimmte Verhaltensweisen Frustrationen abzureagieren. Es ist wichtig, ein solches Verhalten rechtzeitig zu erkennen und es ist ebenso wichtig, dieses frühzeitig zu behandeln.
Darüber hinaus muss der Tierhalter bereit sein, die Ursachen und Umstände, die zu diesem Verhalten geführt haben, auch zu beseitigen. In vielen Fällen wird eine Kombination von Haltungsänderung, Verhaltenstraining und ganzheitlicher Therapie angebracht sein.

Bei Problemen wie Angst, Eifersucht oder dominantem und aggressivem Verhalten ermöglichen die Kombinationen Verhaltenstherapie in Kombination mit Homöopathie oder Bachblütentherapie eine sichere, sanfte und dauerhafte Heilung des Tieres innerhalb seiner individuellen Grenzen.
Natürlich wird aus einem kleinen Angsthasen sicher kein mutiger Löwe und aus einer mitteilsamen Plaudertasche kein stummer Fisch, aber die Katze wird in die Lage versetzt, innerhalb ihrer angeborenen, individuellen Möglichkeiten adäquat und vor allem aber stressfrei und gelassener auf bestimmte Reize zu reagieren.

Überschießende Reaktionen werden durch diese Behandlungsmöglichkeiten nicht unterdrückt, sondern reguliert und in geordnete Bahnen gelenkt.

Die Verhaltenstherapie hat das Ziel, das Tier zu entlasten. Geht es dem Tier sichtbar besser, fühlt sich auch der Tierhalter deutlicher wohler.


Die Aufgabe einer Therapeutin liegt nicht nur allein in der Beseitigung des Problems, sondern sie muss auch in der Lage sein, eventuelle vorhandene organische Erkrankungen zu erkennen.
Als passendes Beispiel möchte ich hier die Unsauberkeit von Katzen anführen. Etwa bei 80% meines Katzenklientels habe ich es mit Katzen zu tun, die „plötzlich“ oder auch länger schon unsauber sind. Und nicht selten ist der Ursprung in einer Blasenentzündung zu finden!

Der Ausschluss möglicher gesundheitlicher Probleme ist durch einen Tierarzt vor einer Therapie absolut notwendig. Eine gute Therapeutin wird darauf aufmerksam machen.

Sehr viele Verhaltensstörungen haben ihre Wurzel zwischen der 3. und 16. Lebens-woche, in der so genannten Prägungsphase und Sozialisierungsphase.
Leider ist es so, dass später kaum noch jemand diesen Zusammenhang mit der Welpenzeit sieht. Es wird viel zu häufig vergessen, dass alles, was das Tier macht oder unterlässt, einen Lernprozess voraussetzt.
Mit jedem Fehlverhalten zeigt das Tier auch die Fehler des Tierhalters im Umgang mit seinem Hausgenossen auf.
Viele Faktoren, die zu einer Verhaltensstörung führen können, liegen nicht immer nur bei der Katze selber. Sind diese Störungen auf Haltungsfehler oder das Lebensumfeld der Katze zurückzuführen, so lassen sie sich nur erfolgreich korrigieren, wenn Fehler dieser Art in der Zukunft vermieden werden.

Die artgerechte Haltung der Katze sollte also eine absolute Selbstverständlichkeit sein. Dazu gehört ebenfalls die richtige und artgerechte Ernährung.
Falsche Fütterung kann unter Umständen zu Verhaltensstörungen führen, die sich nicht selten bei einer Futter- oder Nahrungsmittelallergie in Aggression, Hypernervosität oder auch Apathie äußern können. Eine Verhaltenstherapie kann hier bestenfalls lindern, indem sie einen anderen, besseren Umgang mit den Symptomen ermöglicht. Eine Wiederherstellung der Katze wird in diesen Fällen nur eine konsequente Umstellung auf qualitativ hochwertige Nahrung bringen.

Die richtige Nahrung wirkt sich ganzheitlich aus. Sie fördert ein ausgeglichenes Temperament, glänzendes Fell und eine stärkere Resistenz gegen Krankheiten. Ein qualitativ hochwertiges Futter wird dazu beitragen, fettiges Fell, Schuppen, Übergewicht oder Lethargie zu beseitigen. Aus einer artgerechten Fütterung resultieren verspieltere, ausgeglichenere und aktivere Katzen, die sich bester Gesundheit erfreuen.

Plötzlich auftretende Verhaltensauffälligkeiten

Meist treten Verhaltensstörungen nur für den Menschen plötzlich auf. Unsere Katze versucht oft bereits lange vorher auf Probleme aufmerksam zu machen. Wenn der Halter darauf nicht reagiert, kann es bei einigen Katzen zu einer Verhaltensauffälligkeit kommen.

Nehmen wir hier noch einmal das Beispiel der häufig auftretenden Unsauberkeit.
Bedeuten könnte dieses, dass Ihre Samtpfote mit neuen Möbeln, neuem Futter oder dem neuen ach so gut riechendem Katzenstreu vollkommen unzufrieden ist. Wahrscheinlich hat Ihre Katze schon vorher darauf aufmerksam gemacht. Sie wussten aber mit diesem Verhalten nichts anzufangen.

Eine Zerreißprobe für die Beziehung Mensch/Katze


Eine weitere Möglichkeit ist, dass Sie sich im Umzugsstress befanden und Ihr Stubentiger plötzlich an Orientierungslosigkeit leidet in dem er die Katzentoilette nicht mehr findet und seine Hinterlassenschaften in der gesamten Wohnung absetzt. Vor dem Umzug gab es in dieser Hinsicht keinerlei Probleme!

Bedenken Sie bitte, dass für eine Wohnungskatze die Wohnung das ureigenste Re-vier ist, in der sie schläft, ruht, jagt und frisst. Sie kennt dort jede Ecke, jedes Möbel-stück, jeden Geruch und fühlt sich dort behütet und sicher.
Stellen sie sich das psychische Chaos vor in der sich ihre Katze befinden muss, wenn sich für sie dann wirklich ganz plötzlich alles verändert. Ein Umzug gehört wahrlich nicht zu den freudigen Ereignissen in ihrem Leben. Jede Veränderung des Gewohnten stellt für sie eine Belastung dar.
Hier ist jetzt Einfühlungsvermögen, Rücksicht und Geduld, Liebe und Behutsamkeit vom Halter gefordert. Um eine solche Verhaltensstörung erst gar nicht aufkommen zu lassen würde ich ihnen gerne ein paar Regeln mit auf den Weg geben, damit ein stressfreier Umzug gewährleistet ist:

  1. Die Katze muss vom Umzugsrummel verschont werden, indem sie in dieser Zeit in einem leeren Zimmer bleibt, wo sie mit allem versorgt wird was sie braucht. Das gilt gleichermaßen für den Auszug als auch für den Einzug.
  2. Sie sollten Ihre Katze in der neuen Wohnung erst dann aus dem Zimmer lassen, wenn der größte Rummel vorbei ist, die Möbel am richtigen Platz stehen, Kratzbaum, Katzentoilette, Futter- und Wassernapf richtig platziert worden sind. Wichtig hierzu ist, dass Katzentoilette, Futter- und Wassernapf an ähnlichen Stellen stehen sollten wie zuvor, damit sich Ihre Katze schneller zurechtfindet.
  3. Ihre Katze muss zusammen mit Ihnen in die neue Umgebung fahren, damit sie vertraute Stimmen und Gerüche wahrnehmen kann und sie sich so sicherer fühlt.
    Am günstigsten wäre es, wenn Sie sich als Halter ein paar Tage Urlaub nehmen würden, damit die Katze in der ersten Zeit in der ungewohnten Umgebung nicht allein ist.
    Sie sollten sich die Zeit nehmen mit ihr zu sprechen, sie zu beruhigen und vor allem sollten sie gewohnte Rituale wieder aufnehmen, damit ihr Stubentiger lernt, dass sich zwar die Umgebung verändert hat, aber sonst alles beim Alten geblieben ist. Dieses vermittelt ihr wiederum ein Gefühl von Sicherheit.
  4. Bei einer an Auslauf gewöhnten Katze müssen Sie sich als Halter davon überzeugen, dass der Auslauf ebenso ungefährlich ist wie der in der alten Wohnung. Jedoch sollte die Katze in der ersten Woche nicht nach draußen gelas-sen werden. Danach kann sie dann ihre neue Umgebung für sich entdecken, am besten anfangs unter Aufsicht.
  5. Niemals sollten Sie Ihre Katze mit Gewalt unter einem Schrank o. ä. hervorziehen, unter dem sie sich anfangs in der neuen Umgebung verunsichert verkrochen hat.
    Gönnen Sie ihr die Ruhe, denn sobald sie sich sicher fühlt, wird sie ihr Versteck verlassen, um neugierig ihr neues Domizil zu erkunden.

Fazit


Unsaubere Katzen sind in den meisten Fällen einfach nur unzufriedene oder in ihrer Sicherheit beeinträchtigte Katzen. Stoßen Sie bitte nie Ihre Katze mit der Nase in ihre Exkremente. Durch diese Maßnahme würden Sie das Problem erheblich verschlimmern.

Ein verhaltensgestörtes Tier sollte man nicht einfach stupide strafen, sondern sich vielmehr als Erstes fragen, was man selber falsch gemacht haben könnte. Die Ursachen sind fast immer bei uns selber zu finden und nicht bei dem Tier.

Unbeabsichtigtes Fehlverhalten vom Tierhalter

Ein weiterer genereller Grund für eine Verschlimmerung von Verhaltensproblemen ist die unbeabsichtigte Belohnung durch den Tierhalter.

Wenn der Tierhalter beispielsweise versucht, ein aggressives, aufgeregtes Tier zu besänftigen oder ein ängstliches Tier durch Kraulen und Zureden zu beruhigen oder durch Spiel oder durch Leckerbissen abzulenken, kann die Katze dieses Vorgehen fälschlicherweise als „Belohnung“ für ihr Verhalten empfinden.
Die Folge könnte ein vermehrt auftretendes Fehlverhalten in verstärkter Form sein.

Sicher ist in jedem Fall, dass sich Probleme nur gemeinsam mit dem Halter bzw. mit der ganzen Familie lösen lassen. Die Mitarbeit des Halters ist unumgänglich und wichtig!

Demzufolge wird eine gute Tierpsychologin und Verhaltenstherapeutin sich nicht nur direkt mit dem Tier, sondern möglichst auch mit dem gesamten Umfeld vertraut machen.
Der Therapeut kann dann durch sein Wissen helfen, das Verständnis zwischen Mensch und Katze zu verbessern. Er fungiert als eine Art Übersetzer, da ihm die Ausdrucksweise beider Seiten vertraut ist. Von ihm sind ganzheitliche Kenntnisse gefragt, die dem Katzenhalter einfühlsam vermittelt werden sollten.

Leben mehrere Personen in einem Haushalt, so ist es unbedingt erforderlich, dass alle Personen die erforderlichen Anordnungen in der gleichen und konsequenten Weise befolgen. Bei Inkonsequenz kann bestehendes Fehlverhalten nicht reguliert werden, sondern es besteht sogar die Gefahr, dass sich daraus weitere Verhaltensauffälligkeiten entwickeln.

Werden diese Veränderungen im Zusammenleben mit der Katze akzeptiert und dementsprechend umgesetzt, steht einem harmonischen Zusammenleben nichts mehr im Wege.

Wie auch bei allen medizinischen Behandlungen, lässt sich die Dauer einer Verhaltenstherapie nicht zeitlich verbindlich bestimmen. Sie ist in erster Linie vom Umfang und der Art der Problemstellung abhängig und auch von der Zusammenarbeit mit dem Tierhalter.

Zum guten Schluss möchte ich gerne einen Satz von Pam Brown zitieren: „Eine kleine Katze verändert Heimkommen in ein leeres Haus in ein nach Hause kommen.“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen immer ein schönes und freudiges nach Hause kommen und ein allzeit harmonisches Miteinander mit Ihrer Samtpfote.

Barbara Teichmann, Tierverhaltens- und Bachblütentherapeutin

31.01.2018

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