Holzrückepferde

- eine alte Tradition kehrt zurück

Holzrücken mit Pferden im Wald – das klingt nach Romantik und Nostalgie, aber es ist notwendig, wenn der Waldboden geschont werden soll. Die Zusammenarbeit von Pferd und Mensch bedeutet harte Arbeit. Bis diese Teamarbeit klappt und das Pferd zuverlässig allein auf Stimmkommando stehenbleibt, abbiegt, rückwärts tritt und an Hindernissen vorbeigeht, vergehen Jahre intensiver Ausbildung. Zwar wird das Pferd mit langen Zügeln begleitet, der Großteil der Kommunikation erfolgt aber über Zuruf.

Immer häufiger trifft man die vierbeinigen „Waldarbeiter“ wieder an, wie sie gefällte Baumstämme aus unwegsamen Waldstücken bis zum nächsten befahrbaren Weg, der sogenannten Rückegasse, ziehen (= rücken). An den Rückegassen, die man eigens für die großen Transportfahrzeuge in den Wald schlägt, werden die Stämme dann auf die Lastwagen verladen. Durch den Einsatz von Rückepferden wird ein großes Problem in der Forstwirtschaft gelöst: die schweren Forstmaschinen verdichten und zerstören den Waldboden, während die Rückepferde den Boden nur punktuell belasten, was für die Bodengesundheit von großem Wert ist.

Die körperlichen Voraussetzungen eines Rückepferdes sind Stärke, Ausdauer und Trittsicherheit. Mit dem Baumstamm im Schlepptau muss es sich an Hindernissen vorbeischlängeln und in dressurmäßigen Seitengängen eng wenden können.

Viele Geräusche gehören zum Arbeitsalltag eines Rückepferdes. Wegbrechende Äste, knisterndes Dickicht, wegrollende oder rutschende Stämme, kreischende Kettensägen und laute Traktoren. Das darf ein Rückepferd nicht aus der Ruhe bringen. Es muss unerschrocken und gelassen bleiben und nicht in Panik geraten. Damit sich das Holzrückepferd gut im Wald orientieren kann, verzichtet man auf Scheuklappen. Der Führer bringt dem Pferd die notwendige Sicherheit.

Um die Gesundheit des Pferdes zu erhalten, sollte beim einspännigen Zug ein Rückepferd  auf Dauer nicht mehr als 20% seines eigenen Körpergewichts ziehen. Bei einem mittelschweren Kaltblut von 800 kg sind das immerhin 160 kg Zuglast. Typische Rückepferderassen sind mittelschwere Kaltblüter wie Rheinisch-Deutsches Kaltblut, Ardenner, Noriker, Schleswiger bzw. Schwarzwälder Kaltblut.

Geschichte und Renaissance des Rückepferdes

Jahrhundertelang war es üblich, dass Pferde die Arbeit in den Wäldern unterstützten. Seit Ende des 2. Weltkrieges wurden die Rückepferde jedoch zunehmend durch schwere Maschinen wie Traktoren und Harvester ersetzt. Die Effizienz war wichtiger als der Schutz des Waldes. Nur noch in steilen, für Maschinen unzugänglichen Waldstücken verrichteten diese spezialisierten Pferde ihre Arbeit. Spätestens aber seit den 1960er Jahren verschwanden die Holzrückepferde fast vollständig aus dem Wald, denn der technische Fortschritt entwickelte auch Maschinen für diese Bereiche.

Auch Pferde sind im Einsatz ...Glücklicherweise scheint sich nun eine Entwicklung zugunsten der Rückepferde anzubahnen. Ihr Einsatz gewinnt wieder mehr und mehr an Bedeutung. So manches Forstamt und einige kommunale und private Waldbesitzer setzen wieder auf eine sanftere Form der Forstwirtschaft und verzichten weitgehend auf schwere Maschinen, denn mit Pferden Holz zu rücken ist weitaus ökologischer und bestandsschonender als mit Maschinen: Rückepferde können auch in steilem und engem Gelände arbeiten, sie sind wendiger als Forstmaschinen und sie ziehen Baumstämme auch aus schwer zugänglichen Waldgebieten heraus, ohne große Schäden im Wald zu hinterlassen. Zudem finden sie auch auf nassem, matschigem Boden Halt und transportieren die Stämme sicher zur Stelle des Abtransportes.

Der Wald wird also auf mehrfache Weise durch die tierischen Waldarbeiter geschont. Wo sonst breite Rückegassen für die Forstmaschinen geschlagen werden müssten, kann die Natur erhalten werden, was auch das Wasser zurückhält. Rückegassen hingegen fördern die Erosion und damit die Austrocknung der Böden, denn sie wirken wie Drainagen, über die das Regenwasser extrem schnell abfließen kann und dabei Erde und Blätter mitnimmt. Mindestens 15 % der Produktionsfläche des Waldes werden so verschont.

Unterhalb der Bäume, wo durch Einschlag lichte Stellen entstanden sind, kann sich durch natürliche Aussaat eine neue Generation von Jungbäumen entwickeln, die dann nach einigen Jahren neue Bestände bilden. Das gilt besonders für den bei uns typischen Buchenwald. Diese empfindlichen Jungpflanzen werden bei Waldarbeiten mit Pferden weitgehend geschont, während beim Einsatz von Maschinen ein Großteil der jungen Bäume zerstört würde.

Soll Forstwirtschaft nachhaltig sein oder wieder werden, kann auf Rückepferde nicht verzichtet werden. Viele Kaltblüter fänden in unseren Wäldern Arbeit.

Will man sich von der Schönheit, Kraft und Geschicklichkeit dieser einzigartig ausgebildeten Pferde faszinieren lassen, so schaue man sich Holzrückewettbewerbe an – in natura oder im Internet. Man wird begeistert sein von der beeindruckenden körperlichen und geistigen Leistung des Pferdes und von dem harmonischen Zusammenspiel von Mensch und Tier.

Ruth Rowohlt

01.12.2019

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