Endoparasiten in Stall, Schlag und Voliere

© antonivano - AdobeStockWürmer, deren Eier und Larven gehören mit zum Lebensraum der Hühner und werden dort auch täglich aufgepickt. In ihrer Entwicklungsgeschichte haben die Hühner gelernt, damit klarzukommen und die Parasiten in Schach zu halten. Parasiten stimulieren das Immunsystem des Wirtes und bilden damit eine sehr wichtige Grundlage zu einer schnellenAbwehrreaktion des Körpers, die verhindert, dass sich die Parasiten im Körper etablieren und es zur Krankheit kommt. Zudem reduziert der Kontakt mit Parasiten die Gefahr von Autoimmunerkrankungen.

Parasitismus

Unter Parasitismus, veraltet auch als Schmarotzertum bezeichnet, versteht man das Aneignen von Ressourcen auf Kosten eines (i. d. R. größeren) Organismus einer anderen Art. Meist dient eine Körperflüssigkeit des Wirtes dem Parasiten als Nahrung. Parasiten und ihre Wirte sind aufgrund einer langen Koevolution sehr gut aneinander angepasst. Man kann diese Phänomene von zwei Seiten betrachten. Auf der einen Seite der Parasitismus, der Vorteil des einen zum Nachteil des anderen. Auf der anderen Seite die Symbiose, bei der beide Partner einen Vorteil haben.

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Exakte Abgrenzungen sind schwierig: Der Vorteil, die Stimulanz des Immunsystems, will sich nicht jedem erschließen. Wissenschaftler vertreten unterschiedliche Positionen. Die Extreme sind: „Symbiosen gibt es nicht, alles ist wechselseitiger Parasitismus“ und „alle Beziehungen sind symbiontischer Natur“. Dazwischen gibt es, wie immer, viele verschiedene Abstufungen und Ausformungen.

Was lebt denn da?

Setzen wir uns mit den Mitbewohnern in Stall und Voliere auseinander: Wo Hühner leben, gibt‘s auch Mist. Das fördert weitere Lebewesen wie Raupen oder Insekten und eben auch das, was wir unter „Würmern“ verstehen. Die meisten hier vorkommenden Würmer sind die Rundwürmer und Bandwürmer. Hierzu gehören die Palisaden-, Spul-, Zwergfaden-, Lungen-, Haar- und Plattwürmer. Auch die einzelligen Kokzidien kommen häufig vor, von ihnen gibt es etliche Unterarten. Sie alle sind Teil des natürlichen Lebensraumes unseres Geflügels. Mit ihnen, die schon seit Hunderttausenden von Jahren auf der Welt sind, gestaltet sich das komplexe Ökosystem. Das gilt auch für den Hühnerstall als Biotop, mit allem was in ihm lebt, wächst und sich vermehrt oder eben nicht. Deswegen sind die Parasiten wichtig, auch sie gehören zum Leben dazu.

Infektionsdruck in Stall und Voliere

Die wenigsten Geflügelhalter können ihren Hühnern eine Streuobstwiese als Revier anbieten oder eine Auslauffläche von 20 m² pro Huhn; denn das wäre eine Größe, in der nicht automatisch alles Grüne eliminiert würde. Je dichter der Besatz in der Voliere, umso höher auch der Infektionsdruck.

Die Eier von Würmern und Kokzidien sind mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Sie haben eine dicke Wand, wodurch sie äußerst widerstandsfähig sind und bei extremer Kälte oder auch Feuerhitze überleben können. Das vom Boden aufgenommene Wurmei kann sich im neuen Wirt entwickeln. Meist kommt es nicht zu einer vollständigen Ausreifung oder Vermehrung. Ein Wurm hat eine begrenze Lebenszeit und wenn der Wirt fit und vital ist, dann entspricht das Darmmilieu nicht den Anforderungen des Parasiten. Er kann nicht im Darm bleiben und sich hier weiterentwickeln. Dennoch stimuliert der Parasit das Immunsystem des Wirtes und bildet damit eine wichtige Grundlage der schnellen Abwehrreaktion des Körpers. Das Geflügel merkt gar nicht, wenn mal wieder ein Parasit in den Darm gelangt. Beide profitieren von der kurzzeitigen Begegnung, der Wurmdruck im Körper reguliert sich.

Fehlbesiedlungen im Darm

Bei einer Krankheit oder in Zeiten besonderer Immunschwäche, wie Kükenalter, Umzugsstress oder Fehlernährung, kann es eher zu einer Fehlbesiedlung des Darms mit Parasiten kommen. Durch Veränderungen im Darmmilieu können sich die Parasiten extrem vermehren, dadurch wird die Darmschleimhaut stark geschädigt. Die Folgen sind: eine eingeschränkte Nährstoffaufnahme, blutiger Kot und geschwächte Tiere.

Jetzt ist es wichtig, die ausgebrochene Kokzidiose oder den Wurmbefall fachkundlich beurteilen zu lassen, es könnten sogar Medikamente und Desinfektionsmittel nötig sein. Falls Sie das Gefühl haben, Ihr Gartengeflügel könnte durch Parasiten belastet sein, da es beispielsweise schlapp wirkt und dünnen Kot hat, raten wir zuerst zu einer Kotuntersuchung. Das geht ganz schnell (mit dem Licht-Mikroskop) und erspart im Zweifel den Tieren eine unnötige synthetische Wurmbehandlung.

© stockphoto mania - AdobeStockProphylaxe

Vorsorglich können wir einiges tun: die regelmäßigen Gaben von Kräutern und Gemüsen, mit Bitter-, Scharf- und Gerbstoffen, sorgen für ein wurmfeindliches und wurmtreibendes Milieu. So wird das Immunsystem auf natürliche Weise unterstützt und der Verdauungstrakt gestärkt. Zusätzliche Gaben von Faserstoffen stärken die erwünschte Darmflora. Dadurch finden Hühner, Tauben, Wachteln und andere Vögel zu einer gesunden Symbiose mit den Parasiten. Eine gewisse Population an Würmern ist also nichts Schlechtes – doch wie immer gilt: Balance halten. Und das klappt mit dem Weg der Natur.

Bei begrenzter Freifläche, wie einem abgesteckten Gartengehege, steigt der Gehalt an Parasiteneiern pro Quadratmeter. Wegen der erhöhten Reinfektionsgefahr muss das Schema der präventiven Kräutergaben angepasst werden. Der Infektionsdruck sollte zudem durch regelmäßige und gründliche Reinigung von Stall, Tränken, Trögen und Auslauf so gering wie möglich gehalten werden. Einzellige Parasiten halten nichts von Trockenheit: Achten Sie also stets auf feuchte Stellen in der Einstreu und auf den Sitzplätzen und entfernen Sie diese. Damit reduzieren Sie den möglichen Befall mit z. B. Kokzidien oder Trichomonaden.

Bedeutung des Kropfes

© stockphoto mania - Adobe StockDer Kropf ist eine Aussackung am Ende der Speiseröhre und bei fast allen Vogelarten angelegt. Die abgeschluckte Nahrung wird in dieser Vorratskammer eingeweicht und durchmischt. Bevor sie portionsweise in den Magen weitergeschleust wird, kommt sie in Kontakt mit der Mikroflora der Kropfschleimhaut. Diese Flora ist ein unterschätztes Multitalent. Egal, was das Huhn oder die Taube mit dem Futter so aufliest, ob aus Versehen Kotreste, Wurmeier oder ungewünschte Keime mit aufgenommen werden, eine robuste Kropfflora hilft bei der ersten Abwehr. Je artenreicher die mikrobielle Besiedelung der Schleimhäute ist und das gilt für sowohl für Kropf und Magen als auch den Darm, desto weniger können parasitäre Arten überhandnehmen.

Kräuter und Gemüse, mit ihren sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, fördern das erwünschte Mikrobiom. Sie wirken im gesamten Verdauungsprozess, im direkten Kontakt mit den Schleimhäuten vor Ort.

Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe

Als besonders wirksame Pflanzenstoffe gegen Parasiten gelten Bitterstoffe, Gerbstoffe, Scharfstoffe, Faserstoffe und ätherische Öle. Die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe sind wegen ihrer sehr komplexen Zusammensetzung einzigartig, denn ausschließlich Pflanzen sind in der Lage, sie zu synthetisieren.

Bitterstoffe (Amara)

Bitterstoffreiche Kräuter sorgen für ein stabiles Darmmilieu.

© dolvita108 - Pixabay.comBesonders reich an Bitterstoffen sind z. B. Beifuß, Wermut, Schafgarbe, Löwenzahn, Artischocke, Tausendgüldenkraut. Sie regen den Gallenfluss an und regulieren damit den pH-Wert im Darm. Schon geringe Verschiebungen dieses pH-Wertes entscheiden über ein freundliches oder feindliches Milieu für Parasiten. Bitterstoffe stimulieren außerdem die Milz, regen den Lymphfluss und die Bildung der weißen Blutkörperchen an. Damit wird das Immunsystem gestärkt.

Beifuß und Wermut, (Artemisia vulgaris und Artemisia absinthum) wurden in der Volksheilkunde immer schon als Wurmmittel eingenommen, sie tragen daher auch den Namen Wurmkraut. Regelmäßige Gaben von wermuthaltigen Bittermischungen ersparen häufige Wurmkuren, das Verwerfen der Eier ist dabei auch nicht nötig.

Löwenzahn gilt als natürliches Mittel gegen Kokzidien und sollte als Blatt, Blüte, Wurzel oder als Presssaft mitgefüttert werden.

Gerbstoffe (Tannine, Adstringentien)

Sie fällen unstrukturierte Eiweiße aus. Mit Gerbstoffen macht man aus verderblichen Tierhäuten haltbares Leder. Pflanzliche Gerbstoffe bezeichnet man auch als Tannine. Sie verhindern bei vielen Parasiten die Nährstoffaufnahme und regenerieren die Darmschleimhaut des Wirtes. So sorgen sie dafür, dass eingenistete Parasiten ausgeschieden werden können. Beispiele sind: Rinden wie von Eiche, Weide, Erle; Kräuter wie Gänsefingerkraut, Rosmarin, Andorn, aber auch die Schafgarbe. Gerbstoffe und Bitterstoffe kommen oft gemeinsam in Pflanzen vor. Gerbstoffreiche Kräuter werden gerne mitgefressen. Sie sollten nicht länger als eine Woche gegeben werden, da sie die Nährstoffaufnahme einschränken können.

Scharfstoffe

Sie hemmen das Wachstum von Bakterien. Scharfe Gewürze sind gerade in heißen Ländern besonders beliebt und verbreitet. Denn dort wird das Wachstum von Bakterien, also auch von Krankheitserregern und Lebensmittelverderbern, durch das Klima besonders begünstigt. Da das Geflügel nicht über Geschmacksrezeptoren für scharf verfügt, werden z. B. Ingwer, Paprika, Kreuzkümmel und Curcuma gut akzeptiert und gefressen. Auch Meerrettich, Knoblauch und Zwiebeln gehören in diese Gruppe. Pharmazeuten bezeichnen sie als Amara acra, also scharfe Bitterstoffe.

© oxie99 - Adobe StockDie Wissenschaft bestätigt die alte Praxis, dass Knoblauch, Zwiebeln und weitere Kräuter im Kropf und Darm gegen potenziell krankmachende Keime wirken und Parasiten, wie Kokzidien und Würmer, hemmen. Auch wenn man es immer wieder liest, Knoblauch und Zwiebeln haben keinen Einfluss auf den Geschmack der Eier! Hier wird die Erfahrung von milchgebenden Tieren auf Geflügel übertragen. Denn tatsächlich werden die Schwefelverbindungen von Zwiebeln und Knoblauch und der durchdringende Geschmack zwar an die Milch abgegeben, nicht aber an Eier.

Auch der Neembaum, Azadirachta indica, mit seinen speziellen Inhaltsstoffen, sollte hier erwähnt werden. Der Knoblauch-Zwiebelduft des Neemöls zeigt uns ebenfalls Schwefelverbindungen an, mit denen gegen innere und äußere Schädlinge erfolgreich gearbeitet wird.

Eine seit Jahrzehnten erprobte Mischung zur Pflege des Kropfes enthält, neben Zwiebeln und Knoblauch, weitere schleimhautpflegende Kräuter wie Ringelblume, Spitzwegerich, Johanniskraut und Anis.

Viele Pflanzen mit Scharfstoffen enthalten auch ätherische Öle und eignen sich besonders als Gewürz: Cuminum, Chili, Curcuma. Diese Dreierkombination ist ein bewährtes Mittel bei unbestimmten Durchfällen und gegen pathogene Darmkeime, sie wirkt sogar gegen Salmonellen.

Aromareiche Kräuter und ätherische Öle

Ätherische Öle sind stark duftende, flüchtige Vielstoffgemische. Sie werden von Pflanzen in speziellen Öldrüsen produziert und sind für den charakteristischen Pflanzengeruch verantwortlich. Sie wirken desinfizierend, bakterizid, fungizid und virostatisch.

© samsevents - Pixabay.comBekannte Beispiele sind Lavendel, Rosmarin, Salbei, Thymian, Origanum, die auch als Nestkräuter das Wohlbefinden verbessern und Parasiten aus dem Nest fernhalten. Als Futter zusatz fördern sie die Verdauung und reinigen den Darm. Salbei, Thymian und Origanum, ergänzt mit Bitterstoffkräutern, sind eine wirksame Kombination gegen allgemeine Darmprobleme und treiben Würmer aus. Diese Kombination ist insbesondere bei Brieftaubenzüchtern als klassische Methode zur Maximierung der Vitalität ihrer Tiere bekannt. Wie immer gehört zur Behandlung die regelmäßige Stallhygiene, um die Reinfektionsgefahr zu reduzieren.

© Mouse23 - PixabayAromatische Kräuter wie Rosmarin und Lavendel stimulieren den Stoffwechsel. Sie sind auch ausgezeichnet für Stallhygiene und -klima.

Ballaststoffe oder Faserstoffe

Ballaststoffe (Faserstoffe oder Pflanzenfasern) wie Cellulosen, Hemicellulosen und Lignine, sind unverdauliche Stoffe. Sie liefern keine Energie. Durch ihr Quellvermögen spielen sie in der Ernährung eine wichtige Rolle. Die unverdaulichen Nahrungsbestandteile vergrößern ihr Volumen durch Wasseraufnahme und regen so den Darm zu vermehrter Darmbewegung an. Zum anderen stellen Faserstoffe die alleinige Nahrungsgrundlage der natürlichen, erwünschten Darmflora dar. Diese mikrobielle Flora setzt Faserstoffe in einem stetigen Fermentationsprozess um. Dadurch etabliert sich ein vielseitiges, abwehrstarkes Mikrobiom und es stellt sich ein stabiles pH-Milieu ein. Bei dieser Hauptaufgabe der Darmflora (Fermentation) entsteht reichlich Energie, die als Körperwärme und für die Darmgesundheit genutzt wird.

Besonders faserreich sind: Leinsamen, Getreidekleien, Gemüse (z. B.: Kohlrabi und besonders Wurzelgemüse wie Rote Bete, Möhre, Sellerie), Früchte bzw.  Fruchtschalen (von Apfel, Hagebutten und diversen Beeren). Beim Einsatz von Faserstoffen kann man das Futter etwas einweichen. Zusätzlich muss immer auf ausreichende Tränke geachtet werden, denn wegen des Aufquellens der Ballaststoffe im Darm trinken die Tiere mehr.

Mehrwert durch Vielfalt

In den Lebensräumen der Verwandten und Vorfahren unseres Gartengeflügels herrscht ein breites und vielseitiges Futterangebot. Orientieren Sie daran die Fütterung ihrer Tiere und folgen Sie dem Weg der Natur im Jahresverlauf. Wegen der vielen verschiedenen Pflanzeninhaltsstoffe ist es nicht einfach, die Pflanzen eindeutig einer speziellen Wirkstoffgruppe zuzuordnen. Ein Wirkstoff steht ja nie alleine und die Pflanzen sind gerade wegen ihrer Wirkstoff-Kombinationen und -Komplexe so außergewöhnlich und besonders. Wegen dieser Vielfalt innerhalb der einzelnen Pflanzen und des in der Natur dargebotenen breiten Spektrums an Futterpflanzen, ist eine breit angelegte Fütterung sinnvoll und notwendig. Hühner, Tauben und Wachteln nehmen die Kräuter gerne an. Das sind Kräuter, die im Garten angebaut und geerntet werden, Beikräuter wie z. B. Brennnessel,  Vogelmiere, Taubnessel oder Löwenzahn, die bei der Ernte mit anfallen. Kräutermischungen, die für spezielle Ernährungssituationen angeboten werden, sind eine weitere Bereicherung in der artgerechten naturnahen Versorgung und ein wichtiger Beitrag für die Geflügelgesundheit. Gehen Sie den Weg der Natur.

Lotte Giza, Tierärztin
Manfred Heßel, Dipl.-Ökologe und Phytotherapeut

27.08.2022

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