Freilebende Koniks Teil 6

Ist das Pferd ein Grasfresser?

Forschung an freilebenden polnischen Koniks seit 1936

Überlegungen zu Rotwild, Tarpan und Auerochse

Im Naturschutz werden Pferde und Rinder ganz klar als sogenannte Grazer, als Grasfresser eingesetzt. Die großen Pflanzenfresser halten zudem die Landschaft offen, verbeißen also die Gehölze. Hirsche sind zwar große Pflanzenfresser, werden aber nicht zu den Grasfressern, sondern zu den Konzentratselektierern (sieh z. B. HU Berlin, Dissertation Anke Behrend) oder zwischen Grasfresser und Konzentratselektierer eingestuft: Sie verbeißen ungleich stärker Gehölze, obwohl sie durchaus gerne zarte Gräser fressen, z. B. junges Getreide.

Nachdem wir in den vorangegangenen Artikeln dieser Serie gesehen haben, wo und wie die Vorfahren unserer Pferde gelebt haben, stellt sich uns Pferdehaltern die entscheidende Frage: Was fressen Pferde bei freier Wahl, wie ernähren wir sie optimal? Wo sollen wir unsere Pferde als Pflanzenfresser einordnen? Hierüber gibt es tatsächlich sehr verwirrende Aussagen aus der eher theoretischen Lehre und den praktischen Erfahrungen des modernen Naturschutzes. Letztere entsprechen eher dem, was Halter robuster Pferderassen tagtäglich beobachten. Aber der Reihe nach.

Um die Frage nach der Einordnung unserer Pferde als Pflanzenfresser beantworten zu können, müssen die Zähne, der daran anschließende Verdauungstrakt und das Verhalten der Pferde betrachtet werden. Schauen wir zuerst, was uns Forschung und Lehre sagen, bevor wir dann diese Aussagen mit den aktuellen Ergebnissen aus Naturschutzgebieten mit freilebenden Koniks und Wiederkäuern (Rinder, Hirsche) überprüfen.

Was sagt uns der Körperbau über die Ernährung?

Fangen wir beim Verdauungstrakt ganz vorne an, beim Maul. Schon die äußere Form, also die Lippen, die Breite des Mauls und seine Beweglichkeit geben uns Auskunft darüber, wie selektiv ein Tier Nahrung aufnehmen kann.

Eine weiche, feine Nase kann sensibel spüren und gezielt sogar in dornigem Gestrüpp zupfen, während ein breites, härteres Maul wie ein Mähwerk gleichmäßig den Bewuchs kürzt. Hochkronige Zähne mit harten Schmelzfalten, die wie Mahlsteine einer Mühle alles Harte fein zerreiben und so dem Verdauungstrakt zugänglich machen können, finden wir bei den Backenzähnen der Pferde ebenso verwirklicht wie bei den großen Wiederkäuern. Diese Zähne wachsen übrigens keinesfalls nach, sondern sie sind sehr lang und schieben jedes Jahr ca. 2 mm aus dem Kiefer heraus, bis sie abgenutzt sind. Spätestens mit dem Ausfallen der Zahnstummel ist in der Wildbahn das Lebensende erreicht, das Tier verhungert. Nachwachsende Zähne finden wir bei den Nagetieren und den Hasenartigen, zu denen unsere Pferde bekanntlich NICHT gehören.

Ein Unterschied zwischen Pferden und den großen Wiederkäuern findet sich aber bei den Schneidezähnen: Pferde haben im Ober- und Unterkiefer Schneidezähne, während bei unseren heimischen Paarhufern einzig die (Wild-) Schweine Schneidezähne im Oberkiefer haben. Alle anderen heutigen Paarhufer der europäischen Savanne haben statt Schneidezähnen im Oberkiefer eine Kauplatte. Pferde können im frontalen Nahkampf also sehr gefährlich beißen, Hirsche und Rinder stoßen dagegen mit Geweih oder Hörnern zu.

Heck-Rinder in Eidertal

Zudem haben Rinder eine sehr kräftige Greifzunge, mit der sie ganze Büschel ins Maul ziehen, während Pferde jeden Happen äußerst wählerisch im Maul durchsortieren und Unerwünschtes gleich wieder aus dem Mundwinkel fallen lassen.

Am Verdauungstrakt scheiden sich die Geister

Der vielleicht wesentlichste Unterschied zwischen Unpaarhufern (Pferde, Nashörner) und Paarhufern (Rinder, Hirsche) besteht wohl in der Lage der Gärkammern innerhalb des Verdauungstraktes. Die vorherrschende Lehrmeinung ist z. B. in dem Buch Die Urpferde der Morgenröte – Ursprung und Evolution der Pferde (Elsevier, Heidelberg 2007) des weltweit anerkannten Evolutionsforschers Jens Lorenz Franzen wiedergegeben. Dort auf S. 144 finden wir den heute üblichen Vergleich zwischen Pferd und Wiederkäuer, speziell dem Rind, begründet auf einer 30 Jahre alten amerikanischen Veröffentlichung (Janis 1976).

Sowohl das Pferd als auch das Rind kann man in Bezug auf ihre Verdauung als eine Art „automobiler Fermenter“ verstehen (Vanselow 2002). Ein Fermenter ist ein großes Gefäß, in dem Substanzen von Mikroorganismen (MO) umgesetzt werden. Dabei stellt der Fermenter zum einen eine Zellkultur dar, zum anderen ein Reaktionsgefäß, in dem zugeführte Nährstoffe aufgeschlossen, verarbeitet und Abbauprodukte wieder abgeführt werden. Damit die MO optimale Bedingungen haben und das Ökosystem der MO nicht kippt, müssen die Temperatur, die Gasbildung, der pH-Wert, die Nährstoffzufuhr und Abbauproduktabfuhr, die Durchmischung und andere Faktoren ständig überprüft und reguliert werden.

Nun haben Pferde und Wiederkäuer ihre Gärkammern, also die Fermenter, an unterschiedlichen Bereichen ihres Verdauungstraktes entwickelt. In den Gärkammern finden sich die lebenswichtigen Symbionten (MO) zum Aufschließen schwer verdaulicher Zellwandbaustoffe der Pflanzen wie Zellulose und Lignin. Während der Wiederkäuer die Gärkammern gleich vornean im Bereich des Magens dem Darm vorgeschaltet hat, sind Pferde als Monogastrier (also nur ein Magen) sogenannte Enddarmfermentierer. Der Ort der größten Aufnahme von Nährstoffen findet sich im Dünndarm. Pferde haben ihre Gärkammern also am Ende des Verdauungstraktes im Bereich des Blinddarms und des Grimmdarms – beide hinter dem Dünndarm gelegen.

Wir erinnern uns: Eine gleichmäßige Befüllung der Fermenter mit Nahrung für die MO ist unumgänglich, damit das Milieu in den Gärkammern nicht kippt. Das bedeutet schon einmal, dass das Rind große Mengen gleichförmigen Futters aufnehmen muss, während das Pferd dafür Sorge tragen muss, dass die vorne aufgenommene Mixtur hinten bei den MO in geeigneter Durchmischung und Zusammensetzung ankommt.

Hinzu kommt, dass Rinder Futter aufnehmen, sich dann hinlegen, das Futter wieder hochwürgen, erneut durchkauen und dann erst diesen Brei in den anschließenden Verdauungstrakt weiter schieben. Das Pferd frisst dagegen ohne Unterbrechung für ein Wiederkäuen und schiebt das Futter wie auf einer Autobahn durch seinen Körper – während es weiter frisst.

Die Darmlänge des Pferdes beträgt etwa das Zehnfache seiner Körperlänge, während es beim Rind etwa das Zwanzigfache der Körperlänge ist. Franzen (2007) gibt den Anteil der Verdauungstrakte am Körpergewicht mit Bezug auf die amerikanische Paläobiologin Christine Janis (1976) als 40% beim Rind und 15% beim Pferd an und weist dabei auf die Fähigkeiten des Pferdes als schnelles Lauf- und Fluchttier hin. Helmut Meyer gibt in seinem Standardwerk Pferdefütterung den Inhalt des Verdauungstraktes beim Pferd mit 10-20 % des Köpergewichts an. Entsprechend der Länge seines Verdauungstraktes schleppt das Rind also etwa doppelt so viel Nahrungsbrei mit sich herum wie das Pferd.

Pferde fressen Rohfasern, Rinder naschen hochwertige Kost?

Franzen (2007) fasst die Fähigkeiten der Pferde im Vergleich zu den Rindern auf der Basis der Veröffentlichung von Frau Janis (1976) nun folgendermaßen zusammen: Grundsätzlich hält er die Vormagenfermentierung der Rinder für effektiver als die Enddarmfermentierung der Pferde, weil die Zelluloseverdauung beim Pferd im Blinddarm erst hinter dem Dünndarm geschieht. Das Pferd kann demnach diese Nahrungsbestandteile nicht in vollem Umfang nutzen und scheidet sie aus. Dennoch vertritt er die Ansicht, dass Pferde im Gegensatz zum Rind auch trockene, zellulosereiche Halme der Gräser verarbeiten könnten, während die Rinder auf saftigere, zelluloseärmere Nahrung angewiesen wären. Deshalb könnten Pferde, Zebras und Esel Trockensteppen besiedeln, Wiederkäuer nicht.

Weiter führt er aus: Bei jungem, noch niedrigem Pflanzenwuchs würden die Rinder (Vormagenfermentierer, Wiederkäuer) vor allem faserarme und eiweißreiche Blätteranteile zu sich nehmen, während sich die Pferde (Blinddarmfermentierer) mit einer größeren (schlechtere Ausbeute der Nahrung!) Menge des faserreicheren und eiweißärmeren Halmanteils begnügen würden. Der Nahrungsbrei würde im Pferd doppelt so schnell ausgeschieden und das Pferd würde Zellulose nur mit 70% Effizienz im Vergleich zum Wiederkäuer verdauen. Bei hohem und dichtem Pflanzenwuchs mit hohem Faser- und niedrigem Eiweißgehalt würde sich dagegen die Situation zugunsten der Pferde (Blinddarmfermentierer) ändern: Sie würden ihre Verdauungseffektivität von Zellulose in etwa beibehalten, während die der Rinder so stark abnähme, dass sie für die Ernährung nicht mehr ausreichen würde. Daher seien Equiden in Steppen und Halbwüsten gegenüber Wiederkäuern stark begünstigt.

Pferdehalter, die ihre Tiere oft beobachten, dürften hier etwas ungläubig innehalten und sich fragen, ob sie nicht richtig verstanden hätten oder was hier nicht stimmt. So jedenfalls habe ich 2003 vor einem Kollegen gestanden, der mir genau diese Lehrmeinung im Brustton der Überzeugung kund tat und daraus herleitete, dass die gerade auf der Geltinger Birk frei gelassenen Koniks die idealen Grasfresser dort seinen, noch viel besser als Rinder, da die Koniks ja pausenlos fressen würden (keine Pausen für Wiederkäuen), das Futter viel schlechter auswerten könnten als Rinder und vorwiegend überständiges Altgras vernichten würden, anstatt zarte Aufwüchse zu fressen. Wie die Beweidung auf der Geltinger Birk mit den Koniks dann zu Beginn des Projektes verlief, habe ich im Teil 4 dieser Serie dargestellt.

Wiederkäuer können Stickstoff recyceln

In dieser Sichtweise nicht berücksichtigt sind neben dem tatsächlichen Verhalten der Tiere zwei Tatsachen:

Erstens fressen Rinder eigentlich gar kein Gras. Sie füttern mit dem Gras in erster Linie ihre MO. Rinder sind eigentlich „Mikroorganismenfresser“, wenn man es genau nimmt. Weil das so ist, enthält das Fett der Rinder überwiegend die gesättigten Fettsäuren der MO, während das Fett der Pferde und Schweine mehr die ungesättigte Fettsäuren der Pflanzen enthält. Die MO sind aber eine äußerst eiweißreiche, energiereiche, leichtverdauliche Kost.

Zweitens verfügen Rinder über den sogenannten „rumino-hepatischen Kreislauf“. Wikipedia erklärt kurz, was das ist:

Im Gegensatz zu anderen Säugetieren, wo der Harnstoff über den Urin ausgeschieden werden muss, sind Wiederkäuer in der Lage, diesen wiederzuverwerten, bei eiweißarmer Fütterung bis zu 90 %. Diesen Vorgang bezeichnet man als Pansen-Leber-Kreislauf (ruminohepatischer Kreislauf).“ (Zitat aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Pansen )

Dieses Stickstoffrecycling wollen wir uns im folgenden Absatz einmal näher anschauen.

Rinder sind die idealen Rohfaserfresser?

In dem Lehrbuch Allgemeine Mikrobiologie von Hans Schlegel (Thieme, Stuttgart, 6te Aufl. 1985) finden wir auf S. 406 folgenden schönen Absatz, in der der Mikrobiologe Schlegel der Aussage des Paläobiologen Franzen schlicht widerspricht:

Das Futter der Wiederkäuer an ihren natürlichen Standorten auf den Savannen und Steppen ist sehr stickstoff- und proteinarm. Um die Proteinsynthese durch die Pansensymbionten sicherzustellen, hat sich daher bei den Wiederkäuern ein sinnreicher Cyclus herausgebildet, der „ruminohepatische Kreislauf“: Der im Zuge der Ammoniumentgiftung in der Leber synthetisierte Harnstoff wird nur zum Teil mit dem Harn ausgeschieden; ein Teil des Harnstoffs gelangt durch Sekretion über die Speicheldrüsen und durch die Pansenwand in die Vormägen und wird damit der Proteinsynthese durch die Pansenflora zugänglich gemacht. Auf Grund der Symbiose mit der den Pansen bewohnenden Mikroflora sind die Wiederkäuer proteinautark; es ist wiederholt gezeigt worden, daß sich die Kühe proteinfrei ernähren lassen.“ (Zitat aus: Schlegel 1985)

Tatsächlich kann man Rinder wie die Galloway monatelang, beispielsweise über Winter, nur mit Stroh und Wasser ernähren.

Ich möchte darauf hinweisen, dass Paläobiologen selten mit lebenden Tieren und eher mit Knochenfragmenten längst ausgestorbener Tierarten zu tun haben. Sie können also das Verhalten nicht beobachten und bestenfalls heute lebende Nachkommen oder ähnliche, aber nicht verwandte Lebensformen für Hypothesen zum Verhalten heranziehen. Weichteile sind nur sehr selten erhalten. In landwirtschaftlichen Studien wiederum werden heutige Zuchtrinder mit Höchstleistungen in der Milch- und Fleischproduktion oft nicht von Robustrindern oder quasi wilden Auerochsen- Rückzüchtungen unterschieden. Und schließlich sieht der Mikrobiologe zwar begeistert die Fähigkeiten der Symbionten im Verdauungstrakt, steht aber selten vor deren Wirt und sieht daher nicht, ob der Eigentümer dieses Darms zufrieden wirkt oder ein glänzendes Fell hat.

Pferde und Rinder sind Waldbewohner?

Um die Verwirrung komplett zu machen, werden Pferde und Rinder in den sogenannten Hutewald-Projekten (z.B. www.naturpark-solling-vogler.de, www.hutewald.de ) von Ökologen gezielt zum Gehölzverbiss eingesetzt. Allerdings sind diese Tiere im Gegensatz zu Elefanten nicht in der Lage, einen Hochwald mal eben aufzulichten. Sie können nur die Verjüngung bremsen oder unterbinden und so langfristig (je nach Lebenserwartung der vorherrschenden Baumart nach 100 und 500 Jahren) zur Auflichtung der Wälder beitragen Ein geschlossener Wald ohne größere Auflichtungen ernährt Rinder- und Pferdeherden nicht, siehe Teil 3 dieser Serie.

Überlassen wir die Entscheidung den Pferden, sie haben den größeren Kopf …

Nachdem wir uns mit verschiedenen Ansichten je nach Blickwinkel der Forscher einen festen Knoten im Kopf zugezogen haben, fragen wir besser die Pferde. Die Erfahrungen aus vielen Jahren der Praxis in europäischen Naturschutzprojekten mit freilaufenden Herden sind hier zusammengefasst (http://www.rewildingeurope.com/wp-content/uploads/2014/09/Rewilding-horses-in-Europe-2014.pdf ):

Im mongolischen Hustai Nationalpark kehrten das Wildschaf, die mongolische Gazelle und das Rotwild zurück, nachdem das Przewalski- Pferd wieder ausgewildert war. Die Pferde verwandelten die gleichmäßigen hohen Grasländer in typische, beweidete Mosaik-Grasländer, die für die anderen Pflanzenfresser attraktiv waren. Pferde sind in der Lage, auf nährstoffarmen Gräsern zu überleben und fressen tote Gräser als einen Hauptanteil ihrer Nahrung. Indem sie das tote Grasmaterial vernichten, stimulieren sie den Neuaufwuchs, was einer größeren Anzahl von Auerochsen und Hirschen das Leben in nährstoffarmen Landschaften ermöglicht. In nährstoffreichen Landschaften reduzieren weidende Hirsche, Bisons und Auerochsen die Mengen an hohen Gräsern und Kräutern auf das, was von den Pferden bevorzugt wird[Nieuwdorp 1998a]. Pferde wiederum bewahren Grasländer in einem kurz gegrasten Zustand, der von Grasfressern wie Kaninchen und Gänsen bevorzugt wird.

Häufig sind nährstoffreiche Umgebungen saisonal verfügbar und Pferde und andere Weidetiere wandern von nährstoffreichen Gebieten im Sommer zu nährstoffarmen im Winter, nutzen also beide Habitattypen.  (…)

Pferde entweiden gern Pappeln, Weiden, Fichten und Buchen; dadurch lichten sie geschlossene Wälder auf. Als Nicht-Wiederkäuer jedoch können sie die Rinde giftiger Arten wie Holunderbeere oder Traubenkirsche nicht verdauen. Daher lichtet die Kombination von Wiederkäuern und Nicht-Wiederkäuern die Wälder auf und schafft Raum für Offenlandarten wie Gebüsche, Kräuter, Gräser und die dazugehörigen Insekten und Vögel.“ (Zitat aus: http://www.rewildingeurope.com/wp-content/uploads/2014/09/Rewilding-horses-in-Europe-2014.pdf , S. 11)

Diese Aussagen aus dem Naturschutz mit Pferden, Rindern und Hirschen dürften bei Pferdehaltern auf Zustimmung stoßen.

Wo fressen Pferde was?

Ein paar Beispiele aus der Praxis veranschaulichen das Verhalten der Pferde:

Im Naturschutzgebiet Schäferhaus an der dänischen Grenze machen die Galloway je nach Winter Gewichtsschwankungen von bis zu 100 kg im Jahr durch. Die dicke Speckschicht kann in harten Wintern völlig aufgezehrt werden. Die Koniks, die zusammen mit den Galloway laufen, bleiben dagegen ganzjährig rund. Unser im Vergleich zu Masuren mildes Küstenklima und der in Schäferhaus reichliche Witterungsschutz durch Gebüsche und Wäldchen verhindern, dass die Koniks im Winter gestresst werden. Zudem zeigte sich, dass die Rinder in Schäferhaus im Winter hungrig Gehölze wie die Traubenkirschen massiv verbissen und schälten, während die Koniks offenbar ihren Speiseplan dem Angebot anpassten und keineswegs hungerten. Allen Erwartungen der Naturschützer zum Trotz überließen die Koniks das Verbeißen der Gehölze in großen Mengen überwiegend den Rindern und beschränkten sich eher auf Gehölze als leckeres „Zusatzfutter“, nicht als „Grundfutter“. In harten Wintern werden die Rinder reichlich mit Heu aus ihrem Naturschutzgebiet zugefüttert. Die Koniks hätten das Heu nicht nötig, beanspruchen es aber für sich, wenn man sie nicht von den Rindern trennt.

Der Flüchtlingstreck aus Ostpreußen am Ende des zweiten Weltkrieges zeigt uns, wozu Pferde in der Lage sind: Die flüchtenden Landwirte konnten auf ihren Karren bestenfalls Hafer mitnehmen, keineswegs Heu. Sie waren auf der Flucht darauf angewiesen, auf verlassenen Höfen Lebensmittel für sich und Heu für die Zugtiere zu finden. Als die Russen den Landweg abschnitten, blieb nur die Flucht über das zugefrorene Haff, also das Meer. Dort gab es aber nur wenige verlassene Dörfer und Gehöfte am Strand, die bereits nach kurzer Zeit leer geräumt waren. Den Zug- und Reitpferden nachfolgender Flüchtlinge blieb im wahrsten Sinne des Wortes nur das Stroh (Reet) von den Dächern der Häuser. Es zeigte sich, dass diese extreme Belastung nur die kleinen Robustpferde (Huzulen, Koniks, Bosniaken u. a.) sowie die Trakehner überlebten, während die auf größere Raufuttermengen angewiesenen Kaltblutpferde und schweren Warmblüter verhungerten.

Dass Ziegen notfalls von Zeitungspapier überleben, ist bekannt, und dass sie eine Handvoll Hafer gerne mit reichlich Altgras ergänzen, um die Ration zu optimieren, habe ich bereits im Teil 3 dieser Serie erwähnt. Pferde können in Notzeiten fast so extreme Mixturen zusammenstellen wie Ziegen. Ein Spruch aus meiner Kindheit, als noch viele Flüchtlinge aus dem Osten lebten, spiegelt diese Erfahrung wieder: „Das Pony kannst Du mit Stroh vom Dach ernähren …“

Koniks im niederländischen Naturschutzgebiet Oostvaardersplassen graben im Winter bei großem Hunger die stärkehaltigen Wurzeln und Sprosse vom Schilf aus. In einigen Naturschutzgebieten in Deutschland, die aufgrund ihrer seltenen Vegetation als besonders wertvoll gelten, sind niederländische Koniks einiger Reservate nicht willkommen, da den Koniks aus diesen Gebieten nachgesagt wird, sie würden nicht (mehr) selektiv, sondern im Gegenteil alles fressen. Koniks aus Oostvaardersplassen, die auf die Geltinger Birk bei Flensburg gebracht wurden, fällten im Winter bei starkem Hunger gut beindicke Pappeln, indem sie in Hüfthöhe wie die Biber den Stamm durchnagten. Die Koniks dieser Herde verbissen in dem Winter auch Schlehengestrüpp extrem. Obwohl noch Altgras vorhanden war, reichte diese Ergänzung der Rohfasern mit mineral-, kohlehydrat- und eiweißreichen Knospen und Rinden der Gehölze nicht, um die Koniks vor überstürztem Fettabbau und massiver Abmagerung zu bewahren (siehe hier). Vielleicht hätte es gereicht, die im angrenzenden Moorgebiet – hinter dem Zaun – zahlreich geschlagenen Birken an die Koniks zu verfüttern, um zusammen mit dem vorhandenen, vergilbten Gras die wenigen harten Winterwochen zu überbrücken.

Regulation der Herdengrößen

Das niederländische Naturschutzgebiet Oostvaardersplassen ist für uns sehr aufschlussreich. Es wurde als „futterlimitiertes System“ geplant, was bedeutet, dass die Bevölkerungsdichte mit Pflanzenfressern ohne Beutegreifer (Raubtiere) nur über das Futterangebot reguliert werden sollte. Die Hypothese dahinter beruht auf der Beobachtung, dass in natürlichen Ökosystemen die Zahl der Pflanzenfresser vom Futterangebot abhängt und gesteuert wird, nicht von den Beutegreifern, deren Anzahl wiederum von den Beutetieren abhängt.

So hat die Untersuchung der weltweiten Zerstörung von Weidelandschaften durch Überweidung zu dem Ergebnis geführt, dass Dürreregionen durch den massenhaften Hungertod der Herden besser vor der Degradation geschützt sind, als Landschaften mit gleichmäßiger Wasserversorgung (von Wehrden et al. 2012). Diese natürlich programmierten Katastrophen schützen das System. In der Mongolei machen den seit 1992 wieder angesiedelten Przewalski- Pferden (Takhis) neben Dürren auch die eisigen Schneestürme im Winter zu schaffen:

2000/01 und 2009/10 mussten die Takhis harte Winter überstehen, welche jeweils die Bestände massiv dezimierten. Das in der Mongolei periodisch auftretende Wetterphänomen Dzud war 2009/10 in der Gobi B besonders heftig. Es brachte nach einem trockenen Sommer Temperaturen von bis zu minus 40oCelsius gefolgt von kompakten Schneehöhen, welche bis zu einem Meter im Winter waren. In jenem Winter überlebten von 137 Takhis nur gerade deren 48.“ (Zitat aus: http://www.takhi.org/de/takhi/Bestandesentwicklung.php ).

In niederschlagsreichen Gebieten werden die Herden von anderen Faktoren kontrolliert. Ein aufsehenerregendes Phänomen war das zunächst ungeklärte Sterben von über 3000 Antilopen in Süd-Afrika: Die Futterpflanzen der Großen Kudus (Antilopen) sind Akazien. Da sie als Fleischtiere genutzt werden, sind Landwirte bestrebt, die Tiere auf ihren Flächen zu halten und zu nutzen. Zäunt man die Antilopen ein und hindert sie ggf. an der Abwanderung, dann bringt die Futterpflanze im Falle der Überweidung die Antilopen um, bis die Besiedlungsdichte aus Sicht der Akazie wieder stimmt (Hughes 1990, http://spectrevision.net/2010/01/08/acacia-self-defense/ ).

Die Futterpflanzen skandinavischer Lemminge (hamsterähnlicher Nagetiere) sind wilde Wollgräser und Seggen. Werden diese Gräser ständig intensiv verbissen, dann bringen sie die Lemminge um (Seldal et al. 1994) bzw. erzwingen eine massenhafte Abwanderung der Tiere (siehe Artikel Vergiftungen von Pferden durch Graesergifte).

Aufgrund der häufig anzutreffenden regulatorischen Eigenschaften von Futterpflanzen für Pflanzenfresser darf darüber nachgedacht werden, inwieweit der durch Beweidung jährlich um etwa 5% gesteigerte gesteigerte Infektionsgrad von Futtergräsern mit viehgiftigen Endophyten der Steuerung der Bevölkerungsdichte der großen Weidetiere gilt (Vanselow 2008, 2010, 2011a, 2011b). Mutterkorngifte in Futtergräsern durch Endophyten können ganzjährig gesundheitliche Probleme verursachen, werden aber nur selten bemerkt – im Gegensatz zu den auffälligen Mutterkörnern auf Gräsern.

Zum hochproblematischen Thema giftiger Gräser siehe unsere Artikel Risiko Pferdeweide , Hirsutismus, Eine nüchterne Rechnung, Wehrhafte Gräser, Mutterkorn auf der Pferdewiese sowie http://www.radiohamburg.de/Nachrichten/Deutschland-und-die-Welt/Norddeutschland-kompakt/2013/Mai/Parasiten-im-Schlickgras-Hochgiftige-Pilze-an-der-Nordseekueste-entdeckt

Gnadenlose Selektion

Nicht berücksichtigt im futterlimitierten System ist die Tatsache, dass Beutegreifer alles Kranke und Schwache ausmerzen und an der Vermehrung hindern – die Beutegreifer haben also einen enormen Einfluss auf die Gesundheit der Population ihrer Beutetiere. Nachdem sich Koniks, Heckrinder (Auerochsen-Rückzüchtung) und Rotwild in Oostvaardersplassen fleißig vermehrt hatten kam der Punkt, an dem die Futtergrundlage nicht mehr ausreichte. Abgesehen davon, dass Tiere verhungerten, was mit dem Tierschutz nicht vereinbar ist, wurde sichtbar, dass ohne Regulierung von außen die Koniks sowohl das Rotwild als auch die Rinder verdrängen würden. Es war also zu befürchten, dass die großen Wiederkäuer im futterlimitierten System aussterben würden.

Diese Tatsache ist in Hinblick auf die Ernährung so interessant und wichtig, dass wir uns die Hintergründe näher anschauen müssen, speziell auch im Vergleich zu den Erfahrungen mit Koniks in Popielno/Polen (Teile 3 und 4 dieser Serie).

Einen Überblick über die niederländischen Naturschutzprojekte mit Koniks und den Erfahrungen daraus finden wir im Buch Koniks, wilde paarden in Nederland (Markerink 2002). Wir erfahren dort, dass Koniks in den Niederlanden an Blitzschlag, Einbrechen im Eis und Ertrinken, an Beinbrüchen, inneren Verblutungen und Vergiftungen sterben. Tödliche Hengstkämpfe kommen in den Niederlanden vor, ebenso das Tottrampeln von Fohlen bei heftigen Kämpfen um unerfahrene junge, fohlenführende Stuten.

Diese Angaben weisen auf eine hohe Bevölkerungsdichte hin. In Versuchen mit Ratten wurde schon vor Jahrzehnten gezeigt, dass allein eine Erhöhung der Bevölkerungsdichte bei weiterhin gutem Futterangebot die Aggression gegen Artgenossen steigert. Die ständige Unterschreitung der Individualdistanz führt zu permanentem Stress, unter dem das Sozialverhalten gegenüber Artgenossen zunehmend leidet, bis hin zu rücksichtsloser Schädigung und tödlichen Attacken. Auch unselektives Fressverhalten und Vergiftungen deuten auf zu hohe Tierzahlen hin.

Zudem ist mit der Fortpflanzung kranker Tiere zu rechnen. Makerlink (2002) gibt daher Selektionsmerkmale (Tötung) für Koniks in den Niederlanden an: Sommerekzem (3-4 Tiere auf 100 Tiere sind hiervon betroffen), Hufrehe, schlechte Hornqualität und weiße Abzeichen (Hauspferdemerkmal).

Weiße Abzeichen sowie die Farbe Rot (-mausfalb) gelten als Hauspferdemerkmale. In Polen bekommen solche Koniks auch bei bester Abstammung keine Zuchtzulassung. Die hier abgebildeten Koniks leben im Naturschutzgebiet Schäferhaus und werden bei Überbevölkerung sehr behutsam an ein Leben als Freizeitpferde gewöhnt – ohne Zuchtbucheintrag. Foto: R. Vanselow.

Während im Westen Europas die großen Beutegreifer wie Braunbär und Wolf weitgehend fehlen, sind freilebende Pferde der Naturschutzreservate im Osten Europas dieser gnadenlosen Selektion ausgesetzt. Die Selektion verhindert, dass kranke Tiere beispielsweise mit Hufrehe weiterhin Nachkommen haben. Die mongolischen Wildpferde (Takhi) geben uns Einblicke in die Bestandsentwicklung und die Wirkung der Raubtiere. Die sehr langsame Zunahme nach der Ansiedlung 1992 in ihrer ursprünglichen Heimat ist auch auf die Angriffe von Wölfen, speziell auf Fohlen, zurückzuführen. Erst größere Herden (ca. 20 Tiere) können ihre Fohlen offenbar effektiv gegen Wölfe verteidigen. Auf der internationalen Homepage des Takhi-Projektes heißt es:

Im Great Gobi B-Schutzgebiet ist der Wolf der grösste Beutegreifer. Er tritt hier regelmässig auf, hat aber sehr grosse Streifgebiete. Ein besenderter Wolf bewegte sich in zwei Jahren über ein Gebiet von 143‘000 km2.
Der Wolf ist ein wichtiger Selektionsfaktor für die Takhis. Fohlen werden regelmässig gerissen, hie und da auch ältere Pferde. Die lokalen Nomaden verlieren geschätzte 1-2% ihrer Viehbestände an die Wölfe. Die Verluste unter den ungehüteten Pferden, Rindern und Kamelen sind dabei massiv höher als unter den gut überwachten Schafen und Ziegen.
Die rechtliche Situation des Wolfes in der Mongolei lässt sehr viel Spielraum für Sonderregelungen. Außerhalb der Schutzgebiete können Wölfe jederzeit und mit allen Mitteln bejagt werden. In den Schutzgebieten werden zum Schutz bedrohter Tierarten oder von Haustierbeständen Wolfsabschüsse genehmigt. Trotzdem ist der Bestand insgesamt nicht bedroht.
In der Gobi B wurden in den letzten Jahren keine Abschüsse getätigt. Wölfe sind regelmässig anzutreffen, ihre Dichte ist aber nicht hoch.
“ (Zitat aus: http://www.takhi.org/de/lebensraum/tiere.php)

Und Ende 2013 hieß es:

Die grösste Gruppe zählt momentan 25 Tiere und teilt sich manchmal in zwei kleinere Gruppen auf, welche sich aber bei Gefahr wieder vereinen. Die vier Stuten, welche letztes Jahr vom Zoo Prag aus nach Takhin Tal gebracht worden sind, haben sich mit Hengst Erhes zusammengetan und bilden so eine kleine Haremgruppe.
Eine der grössten Herausforderungen für die Takhis und vor allem die Jungtiere sind Wölfe, welche die Gruppen zu attackieren versuchen.
“ (Zitat aus: http://www.takhi.org/de/ )

Ausgewachsene Koniks und Sorraiapferde greifen Hunde nicht selten gnadenlos an und bringen dann ahnungslose Haushunde mit den Vorderhufen und Zähnen auch gezielt um.

Das Pferd als Generalist

Die Beispiele aus der Praxis lehren uns, dass Pferde offenbar weniger festgelegt in ihrem Nahrungsspektrum sind als konkurrierende oder ergänzende Wiederkäuer. Zudem können sie bei extrem wechselndem Angebot durch gezielte Auswahl und Mischung der Zutaten die tägliche Ration erstaunlich optimieren. Das bedeutet, dass wir es bei unserem Pferd im Vergleich zu den anderen großen Pflanzenfressern mit einem wenig spezialisierten Tier zu tun haben, also eher mit einem Generalisten (im Gegensatz zum Spezialisten).

Als nachvollziehbares Beispiel, um zu verstehen, was ein Generalist ist, nehmen wir einmal den heimischen Rotfuchs:

Vermutlich wird niemand bestreiten, dass Rotfüchse Fleischfresser sind. Jeder weiß, dass sie Mäuse, Kaninchen oder auch Rebhühner fressen. Ihr Gebiss ist mindestens so gut dazu geeignet, Fleisch zu zerreißen, wie das eines Hundes. Der eine oder andere wird wissen, dass Füchse aber auch gerne Brombeeren naschen, denn es gab immer wieder Warnungen wegen möglicher Übertragungen des Fuchsbandwurms. Der Verhaltensforscher David Macdonald hat jahrelang Rotfüchse in freier Wildbahn begleitet und ihr Verhalten dokumentiert – auch ihren Speiseplan (Macdonald 1993). Dabei zeigte sich, dass Füchse unerwartet flexibel waren. Die vielleicht überraschendste, weil wildärmste, Speisekarte fand sich ausgerechnet in einem Gebiet mit besonders hoher Fuchsdichte: Etwa ein Drittel der Nahrung dieser Gruppe bestand aus Regenwürmern (im Spätwinter durchschnittlich 150 Würmer pro Nacht), wobei das saisonale Vorkommen der Würmer bedingt, dass englische Füchse im Februar die meisten Würmer finden, im Juli bei Dürre die wenigsten. Der nächstgrößte Nahrungsposten dieser Gruppe bestand aus Resten an Vogelfütterplätzen (mehr als ein Viertel der Ration). Saisonales (Fall-) Obst machte immerhin noch etwa ein Achtel aus. Der Rest (zusammen etwa ein Viertel) verteilte sich auf Mäuse, Kaninchen und Vögel und wurde ergänzt durch schmackhafte und nahrhafte Käfer oder andere Insekten. Hätten Sie sich die Speisekarte des Fleischfressers Rotfuchs so vorgestellt?

Andere Fuchsgruppen an anderen Standorten ernährten sich fast ausschließlich von Säugetieren und Vögeln, ergänzt durch Insekten. Der Fuchs ist in der Lage, seinen Speiseplan und sein Verhalten ganz dem vorgefundenen Standort anzupassen, und hat so weite Teile dieses Planeten erobert. Übrigens ist die Regenwurmausbeute auf Pferdeweiden hervorragend, auf Rinderweiden dagegen mies. Woran liegt das? Natürlich an den wunderbaren „Kotecken“, die Pferde im Gegensatz zu Rindern anlegen (siehe Teil 5). Unter diesen Dunghaufen finden sich im Boden jede Menge Insekten, Würmer und kleine Säugetiere, die alle von diesem wertvollen Substrat profitieren.

Pferde als Erfolgsmodell?

Schauen wir noch einmal zurück zu der Beurteilung der Pferde durch Franzen (2007). Er stuft aus der Sicht der Evolution bei Betrachtung der Abstammung der Pferde die Wiederkäuer als erfolgreicher ein als die Pferde. Seine Begründung ist die höhere heute erhaltene Vielfalt an Wiederkäuer-Arten bei geringerer Individuenzahl. Von den zahlreichen Entwicklungen innerhalb der Pferdeverwandten sind heute fast alle ausgestorben. Zu den wenigen Ausnahmen noch lebender Unpaarhufer, die jedoch vom Aussterben bedroht sind, zählen die Nashörner als „lebende Fossilien“. Die übrig gebliebenen Pferde tummeln sich in großer Zahl.

Man kann das auch anders sehen. Im futterlimitierten System haben wir gesehen, dass Koniks überleben, Heckrinder und Rotwild jedoch verdrängt werden und aussterben. Wer ist nun also „erfolgreicher“? Das Pferd wurde wie der Fuchs nach Übersee verschleppt und konnte in völlig fremden Ökosystemen Fuß fassen. Im Beuteltierland Australien kommt heute auf zwei Menschen ein Pferd (Franzen 2007). Generalisten, die in fremde Gebiete eingeschleppt werden, verdrängen oft andere Lebewesen, indem sie deren Lebensgrundlagen für sich beanspruchen. Man denke nur an den Menschen, der überall siedelt und einen massiven Artenschwund verursacht, da er alles für sich beansprucht. Sind Menschen erfolgreich? Oder sind Menschenaffen ein Auslaufmodell der Evolution auf diesem Planeten?

Dr. Renate Vanselow, Biologin

März 2015

Lesen Sie alle Teile dieser Reihe über freilebende Koniks:

Literatur

Franzen, J.L. (2007) Die Urpferde der Morgenröte. Ursprung und Evolution der Pferde. Elsevier Spektrum Akademischer Verlag, München.

Hughes, S. (1990) Antelope activate the acacia’s alarm system.
http://spectrevision.net/2010/01/08/acacia-self-defense/

Janis, C.M. (1976) The evolutionary strategy oft he Equidae and the origin of rumen and cecal digestion. Evolution, 30: 757-774. Zitiert in: Franzen 2007.

Macdonald, D. (1993) Unter Füchsen: eine Verhaltensstudie. Knesebeck, München.

Markerink, M. (2002) Koniks, wilde paarden in Nederland. Stichting Ark, Hoog Keppel.

Schlegel, H. G. (1985) Allgemeine Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart.

Seldal, T.; Andersen, K.-J.; Högstedt, G. (1994) Grazing-induced proteinase inhibitors: A possible cause for lemming population cycles. Oikos 70: 3-11.

Vanselow, R. (2011 a) Rehegefahr aus dem Gras durch giftige Resistenzen – Ein globales Problem. In: B. Hertsch [Hrsg.] Internationales Symposium “Hufrehe” Berlin 2008, FN-Verlag, Warendorf, 24-36.
http://www.fnverlag.de/shop/product_info.php/info/p951_Internationales-Symposium--Hufrehe-.html

Vanselow, R. (2011 b) Giftige Gräser auf Pferdeweiden. Endophyten und Fruktane – Risiken für die Tiergesundheit. Westarp Wissenschaften (Die Neue Brehm-Bücherei), Hohenwarsleben, 3te überarb. Aufl., NBB Kompakt Bd. 1.

Vanselow, R. (2010) Verlust an Biodiversität: übersehene pilzliche Regulatoren. Naturschutz und Landschaftsplanung, 12: 372-376.

Vanselow, R. (2008) Rehegefahr aus dem Gras durch giftige Resistenzen – Ein globales Problem. Vortrag beim Internationalen Symposium “Hufrehe”, Gesellschaft für Pferdemedizin e.V. und Freie Universität Berlin, 11.-13. Nov. 2008, Berlin.

Vanselow, R. U. (2002) Risiken und Nebenwirkungen einer Begegnung: Giftpflanzen und Pferde - Eine wechselseitige Anpassung. Ed. Schürer, Kirchheim.
Zu beziehen über: Edition Schürer, Reckeroder Hof, 36275 Kirchheim

von Wehrden, H., Hanspach, J., Kaczensky, P., Fischer, J. & Wesche, K. 2012. A global assessment of the non-equilibrium concept in rangelands. - Ecological Applications 22: 393-399.

04.09.2017

Bildergalerie

Zurück zur Übersicht