Geimpft, entwurmt - und doch verloren?

Noch sind Tierhalter und ihre Begleiter ausgeliefert… aber auch Tierhalter sind mündige Bürger!

Natur ist nur so lange erwünscht, wie sie auch Profit einbringt. Oder anders herum: Wo die viel gepriesene Natürlichkeit zu wirtschaftlichen Einbußen führt, lässt man den Tierhalter lieber in Unwissenheit und kocht die verschie­denen Giftsüppchen weiter.

Was haben wir?

Ein gesteigertes Bedürfnis nach Wellness, nach Bioprodukten, Homöopathie, nach Ganzheitlichkeit, also „Natur“ oder was Mensch darunter versteht. Wir nehmen aber inzwischen nicht mehr einfach hin und bezahlen, was man uns als richtig, nötig und gesund suggeriert.

Wir sagen „Nein, das will ich nicht“. Tieren hingegen zwingen wir auf, was angeblich passend und „gesund“ sein soll. Und was einschlägigen Branchen Geld bringt.
Einschlägige Branchen sind hier die Futtermittelindustrie, die Pharmaindus­trie und ihre Verteiler, die Veterinäre, wenn sie sich, ohne kritisch zu hinter­fragen, einwickeln lassen, was vielen leichtfällt, weil hoher Profit winkt. „Wes’ Brot ich ess’, des’ Lied ich sing’!“ Nach dieser Devise wird argumentiert und gehandelt oder besser: verkauft. Und nirgendwo gibt es eine kritische Instanz, die das kritisch überprüft und Einhalte gebietet. Der Tierhalter bezahlt, stillschweigend und oft zähneknirschend.

Worum geht es?

Zum Beispiel darum, dass Sie sich nicht jedes Jahr gegen Masern, Mumps und Röteln impfen lassen. Ihren Hund, Ihre Katze, Ihr Pferd… Ihren „Liebling“ aber – getreu der Postkartenerinnerung, die pünktlich in Ihrem Briefkasten landet – bringen Sie Jahr für Jahr zum Tierarzt, damit alles „aufgefrischt“, geboostert und gleich noch entwurmt wird, und wahrscheinlich gibt’s dazu noch ein paar Tropfen in den Nacken oder eine Spritze gegen Parasitenbefall. Rundum versorgt.

Sie bekommen oder bekamen schon mal Zweifel? Ich auch. Es kam Ihnen zu Ohren, dass das eventuell nicht so sein müsse? Mir auch. Aber der Reihe nach: Seit 2002 halte und führe ich Hunde. Anfangs einen, seit 2006 immer mehrere, Pflegehunde und eigene. Immer waren auch Katzen bei uns. Alle Tiere brachte ich brav jährlich zur Impfung. Bei meinem zweiten Hund – mein dienst­ältester – die Akbashinen-Mix-Dame, durchbrach ich aus einem Bauchgefühl heraus diesen Rhythmus und zögerte die Impfungen bis zu zwei Jahren hinaus…

Mit etwas schlechtem Gewissen, weil mir fachliche Informationen zu meinem Bauchgefühl fehlten. Um es gleich zu sagen: Sie lebt gut, ist zwölf Jahre alt… nur noch selten geimpft. Geimpft werden MUSSTE sie, als ich 2004 mit ihr in die Hundeschule wollte, musste… Ohne Kleber und Stempel im Impfpass keine Hundeschule. Wieder geimpft werden MUSSTE sie 2008 für die Tierpension. Ohne Kleber und Stempel keine Tier­pension! Dasselbe Procedere zwei Jahre später! Mich ärgerte dies, aber ich sah keinen Ausweg. Nirgendwo und niemand in diesen Institutionen kam auf den Gedanken, dass diese Impfungen vielleicht nicht nötig sein könnten.

Vor einem Jahr im Februar stellte ich mein altes Mädchen im hiesigen Altenwohnheim vor mit der Frage, ob es denn erwünscht sei, sie für die Bewohner einmal pro Woche zum Hundebesuchsdienst zur Verfügung zu stellen. Sie sei nun zwar kein ausgebildeter Therapiehund, aber gelassen, freundlich, ein bisschen Kunststückchen machen könne sie… streicheln… Ja, gerne, sagte man mir, ein Versuch mal. UND IMPFEN… Hm, warum eigentlich, was hat das mit den alten Menschen zu tun? Aber gut, dachte ich, wenn es daran hängt, obwohl sie doch erst vor einem Jahr für die Tierpension geimpft worden war.

Wir machen einen Termin bei unserer Tierärztin, wir marschieren hin und Gina wird, weil ich den Fehler machte, zu sagen, was wir vorhaben, geimpft nach Strich und Faden… und mit Wurm­mitteln versorgt und mit der Auflage entlassen, ja das boostern nicht zu vergessen.

Wir gehen zum Hundebesuch und ich habe dabei ständig das Gefühl, dass mein Hund einen Preis zu bezahlen hat, der die Sache nicht wert ist, zumal wir spätestens nächstes Jahr wieder impfen müssen. Im Sommer fällt mir bei meinem Futterlieferanten das Buch von Dr. vet. Jutta Ziegler in die Hände: „Hunde würden länger leben, wenn…“ Da finde ich endlich bestätigt, was mein Bauchgefühl schon immer wusste. Inzwischen kristallisierte sich heraus, dass mein großer Pole auch zum Hundebesuchsdienst antreten dürfe: Vertretungsweise für Gina oder auch im Behinderten-Wohnheim… ABER, so meine Tierärztin, der braucht ja eine Grundimmunisierung.

Ich nicke und lasse mich überrollen und frage mich auf dem Heimweg, wozu er wohl einen Impfpass mitbrachte, als er im August 2010 bei mir ankam. Weil der aber in Polnisch geschrieben war, konnte ich ihn nicht lesen. Deshalb habe ich dann bei der Dame angerufen, von der ich ihn vermittelt bekommen hatte. Und die sagte mir sofort ein lautes „stopp“ – er habe ja doch im Winter/Frühjahr eine Grundimmunisierung mit Boosterung erhalten! Die letzten Impfungen dann im Juli – er brauche um Himmelswillen nicht schon wieder alles! Ich lasse also den „Auffrischtermin“ gleich mal sausen und kann dies der „Einrichtung“ noch recht gut plausibel machen.

Das Jahr geht zu Ende. Meine Hunde gehen zum Hundebesuch, alles schön… In mir reift die schon mal angedachte Therapiehund-Idee – noch mal einen Welpen aufziehen und darauf vorbereiten, und zwar richtig. Im Januar zieht die kleine Jule bei mir ein und darf im Februar auch schon mal mit ins „Heim“ und gucken. Aber die Betreuerin für Ehrenämter hat was auf der Seele. Es wäre halt heraus gekommen, bei einer Visita­tion, dass eigentlich für Hundebesuch überhaupt keine Richtlinien bestünden. Und zudem hätte ich doch erwähnt, meine Hunde roh zu füttern. Da wäre das Wurmrisiko sicherlich erhöht… und die Salmonellengefahr.

Was ich denn da genau füttern würde… und man müsse halt vorübergehend den Hundebesuch aussetzen, bis das Heim da eine Richtung habe – aber um Himmelswillen – das habe auf gar keinen Fall etwas mit meiner Hundehaltung zu tun!!!
Ich bin geknickt. Es tut mir leid für Nugget, der immer zum Altenheim einschwenken will, wenn wir in der Nähe laufen. Und für Jule, die doch alles von klein auf lernen sollte. Und für die Gini, die dort ihre speziellen „Freunde“ bei den alten Leuten hat. Und für Frau X und Frau Y und Frau Z und Herrn L, die nun vergebens auf uns warten…

Noch bin ich guten Mutes: Ich trage einfach zusammen, was ich weiß, bestelle mir Fachliteratur und glaube, so aktiv dazu beigetragen zu haben, dass alles gut wird, das Heim sich ein paar Punkte zusammenschreibt, und wir bald unsere Hundebesuche fortsetzen können. Ab und an wurde ich telefonisch von der Dame, die das Ehrenamt betreut, „informiert“, aber mit Entsetzen stellte ich fest, dass man auf meine Ausführungen überhaupt nicht einging. Sondern immer neue „alte“ Quellen auftat. Man habe nun beim Gesundheitsamt Infos eingeholt, und rohes Fleisch zu füttern sei nun einmal gefährlich, was Keime und Bakterien anginge, habe man dort gesagt. Dann habe man sich beim Veterinäramt erkundigt… Mir schwante nichts Gutes.

Man bot mir an, wenn es denn zu einer weiteren Zusammenarbeit käme, viermal im Jahr eine Kotprobenuntersuchung zu bezahlen – oder alternativ die Chemische Keule. Ich war einfach nur traurig, wütend und maßlos enttäuscht.Aber der Gipfel kommt erst noch: Vor einigen Wochen erhielt ich eine E-Mail, in der die „Einrichtung“ mir mitteilte:

„…Wir haben jetzt die Empfehlung bezüglich Hundebesuchsdiensten von Frau Dr. Strodl (Amtstierärztin im Veterinäramt) erhalten. Diese weist uns auf die Merkblätter der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) „Nutzung von Tieren im sozialen Einsatz“ Nr. 131 und Nr. 131.4 hin. Diese können Sie unter www.tierschutz-tvt.de/merkblätter einsehen. Hierbei wird eine regelmäßige gesundheitliche Beurteilung des Hundes durch den Betreuungstierarzt mindestens 1x jährlich empfohlen. Weiterhin sind folgende Maßnahmen durchzuführen und nachzuweisen: Regelmäßige Kotuntersuchung/Entwurmung 4x jährlich zur Vorbeugung gegen Darmparasiten. Impfung gegen Tollwut, Staupe, Zwingerhusten, ansteckende Leberentzündung (Hcc), Parvovirose, Leptospirose, Borreliose. Auffrischung nach Vorgaben des Serumherstellers. Lückenlose Dokumentation im Impfpass und Entwurmungskalender. Regelmäßige Fellpflege und Inspektion zur Prophylaxe von Ektoparasitenbefall…“

Sonst noch was? Sie sollten sich diese Seite der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) mal aufrufen und kritisch unter die Lupe nehmen: www.tierschutz-tvt.de

Wie schön doch, dass sich Tierärzte so vehement für die Tiere und deren Wohlbefinden einsetzen. Aber ist das wirklich so? Wenn man etwas genauer hinschaut, kommen einem Zweifel. Was wird hier eigentlich bezweckt? Wessen Interessen werden hier vertreten? Die der Hunde oder die Geschäftsinteressen der Veterinäre und der Hersteller von Medikamenten? Das Ganze riecht nach einer Kampagne und einem Kundenbeschaffungsprogramm für Tierärzte mit erheblicher finanzieller Potenz, und das versteckt hinter einem hohen ethischen Anspruch.

Was helfen uns die Erkenntnisse zur längeren Wirksamkeit von Impfstoffen oder die neuesten Informationen zur Schädlichkeit von Entwurmungsmitteln, wenn Halb- oder Falschinformationen „offiziell“ weiterverbreitet und als verbindlich dargestellt werden? Da muss sich dringend etwas verändern – der natürlichen „artgerechten“ Gesundheit unserer Tiere zuliebe.

Alexandra Heinrich

04.09.2017

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