Vectra 3D

Die neue Giftspritze für Hunde

Spot-on für den HundVectra 3D – klingt doch nach innovativem Opel-Modell?

Wäre das Thema „Flohmittel bei Hunden und Katzen“ nicht so tragisch, könnte man diesem Wortspiel mit Humor begegnen …

Was ist Vectra 3D?

Ein neues Floh- und Zeckenmittel für Hunde der Firma Ceva, auch Tier“arzneimittel“ genannt, und seit einigen Monaten (seit 2014, Anm. d. Red.) auf dem europäischen Markt. (Arzneimittel ist gleichbedeutend mit Medikament; lat. medicamentum = das Heilmittel).

Der Therapieerfolg dieses Breitspektrum-Ektoparasitizids (Mittel gegen Parasiten, die auf der äußeren Oberfläche ihres Wirtes leben) wird folgendermaßen beschrieben:

  • Behandlung und Vorbeugung von Flohbefall (Ctenocephalides canis und C. felis, Hunde- und Katzenfloh): Die Hunde sind 1 Monat vor Flohbefall geschützt und über die Zeitdauer von 2 Monaten wird die Vermehrung der Flöhe gehemmt.
  • Zecken abwehrender und akarizider (Zecken abtötender) Effekt: Die Wirkung als Repellent und Akarizid gegenüber Zecken hält ca. 1 Monat an.
  • Repellent-Wirkung gegenüber Sandmücken, Stechmücken und Stechfliegen: 4-wöchiger Schutz vor Insektenstichen.

Fantastisch! Flöhe und Zecken tot – Hund vergiftet?

Schauen wir einmal hinter die Kulissen:

Vectra 3D ist eine Kombination aus 3 Insektiziden, genannt „Wirkstoffe“: Permethrin, Dinotefuran und Pyriproxifen.

Permethrin

Permethrin ist ein hochwirksames Insektizid und Akarizid. Es gilt als neurotoxisches (giftig auf Nervenzellen wirkendes) hochaktives Kontakt- und Fraßgift. Die Insekten bzw. Spinnentiere sterben langsam, bei Zeckenbefall u. U. ein Problem: Die Wahrscheinlichkeit, dass Zecken Krankheitserreger wie z. B. Borreliosebakterien in das Blut der Wirtstiere abgeben, ist bedeutend größer als bei einem schnellen Absterben der Zecken!

Katzen reagieren sehr empfindlich auf permethrinhaltige Medikamente. Sie können diesen Wirkstoff nicht abbauen – offenbar im Gegensatz zu Hunden. Katzen haben die gutgemeinte „Entflohung“ durch ihre Besitzer schon des Öfteren mit dem Tod bezahlt!

Nebenwirkungen von Permethrin werden als nur geringfügig beschrieben. Langzeitwirkungen scheinen nicht geklärt zu sein.

Eigenartigerweise ist Permethrin in Deutschland, Österreich und in der Schweiz in Land- und Forstwirtschaft nicht mehr zugelassen …

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Dinotefuran

Dinotefuran aus der Gruppe der sogenannten Neonikotinoide ist ein hoch toxisches Nervengift. Verbindungen dieser Stoffgruppe haben eine 7000fach höhere Giftwirkung als DDT!

Dinotefuran tötet alle Flohstadien sowie Zecken, wehrt Zecken ab und zeigt eine vorbeugende Wirkung gegen Stiche von Sandmücken und Stechfliegen. Hört sich gut an! Aber: Neonikotinoide sind gut wasserlöslich und schwer abbaubar. Diese Verbindungen haben lange Halbwertszeiten (bis zu 3 Jahren) und reichern sich in Böden und Sedimenten an. Dadurch belasten Neonikotinoide in hohem Maße Landwirtschaftsböden – und natürlich Feld- und Wegränder mit allen dort lebenden Insekten, Kleinlebewesen und letztlich Säugetieren als letztem Glied der Nahrungskette. Aufgrund der guten Wasserlöslichkeit ist die Grundwasserbelastung und folglich die Gefährdung der im Wasser lebenden Tiere vorprogrammiert.

Dinotefuran kann die Blut-Milch-Schranke überwinden - das heißt, in die Muttermilch gelangen. Hierzu gibt es keine Untersuchungsergebnisse hinsichtlich des Gefährdungspotenzials bei Hündinnen!

Ein weiteres: Die Empfehlung, dem Hund Vectra 3D monatlich zu verabreichen, gibt einem doch zu denken. Ein langlebiger Wirkstoff wie Dinotefuran könnte sich durchaus im Körper anreichern – stets, ständig, schleichend.

Neonikotinoide sind hochgradig bienengiftig! Hummeln und Schmetterlinge reagieren ebenfalls sehr empfindlich auf die Nervengifte dieser Stoffklasse. Massensterben von Bienen und Hummeln sind leider keine Seltenheit. Nach Beizung von Maissaatgut starben beispielsweise im Oberrheingraben 2008 ca. 11 000 Bienenvölker! Und 2013 in Oregon in den USA mindestens 25 000 Hummeln, nachdem Linden während der Blütezeit  mit dinotefuranhaltigen Insektiziden gespritzt worden waren. Verbotenerweise! Gesetze scheinen nichts zu gelten.

Das i-Tüpfelchen: Dinotefuran hat als Pestizid (z. B. in der Agrarwirtschaft) in der EU überhaupt keine Zulassung! Die anderen Neonikotinoid-Wirkstoffe unterliegen noch bis 2018 einer Überprüfung der toxischen Bewertung bzw. einer eventuellen Neuzulassung!

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Pyriproxyfen

Pyriproxyfen, der dritte Wirkstoff in Vectra 3D, stört die Reifung der Floheier und die Larvenentwicklung. Dieses Insektizid wirkt als Wachstumshemmer, als sogenanntes Juvenilhormonanalogon. Um auch erwachsene Flöhe abzutöten, wird Pyriproxyfen meist in Kombination mit Pyrethroiden gegeben.

Nebenwirkungen bei Hündinnen während der Trächtigkeit und Laktation sind überhaupt nicht erforscht. Die Entscheidung, Hündinnen in dieser sensiblen Phase Vectra 3D zu verabreichen, liegt im Ermessen des behandelnden Tierarztes. Angelehnt an eine Nutzen-Risiko-Bewertung! Der Unsinn dieser Empfehlung liegt auf der Hand: Das Risiko ist nicht einmal im Ansatz erfasst, die entsprechenden Untersuchungen wurden ja gar nicht durchgeführt!

So etwas wird Tierhaltern verschwiegen …

Der Hinweis, Pyriproxyfen nicht bei laktierenden Hündinnen anzuwenden, findet sich auch in der "Leitlinie Verhinderung der Erregerübertragung durch Blut saugende Vektoren bei Hunden" (www.tieraerzte-hamburg.de/files/content/Leitlinie_Verhinderung_Erregeruebertragung_Blutsaugendevektoren_2007.pdf).

Die hohe Toxizität von Pyriproxyfen für Kleinlebewesen im Wasser und für Fische ist dagegen nachgewiesen.

Dieser drei gesundheitlich bedenklichen Wirkstoffe nicht genug: Als Lösungsmittel dienen Pyrrolidon-Verbindungen. Das so genannte N-Methyl-2-pyrrolidon gehört heute "zu den besonders besorgniserregenden Stoffen" (Schweiz. Bundesamt für Gesundheit / Direktionsbereich Verbraucherschutz) Diese Verbindung kann die Fortpflanzung stören und den Fötus schädigen, wie Versuche an Labortieren belegen.

Trauriges Resümee

Unterbrechung der Nahrungskette, Störung des Ökosystems. Die positive Wirkung von Vectra 3D bei der Bekämpfung von Flöhen, anderen Insekten und Spinnentieren bei Hunden steht offenbar in keinem Verhältnis zur gesundheitsgefährdenden Wirkung auch für die Hunde. Die hohe Wasserlöslichkeit von Dinotefuran (schnelle Verteilung über das Blut im Körper), der langsame Abbau und die dadurch mögliche Anreicherung im Körper der Hunde sprechen für die Bedenklichkeit dieses Medikaments. Die Toxizität der drei Wirkstoffe und mögliche Wechselwirkungen untereinander sowie der Zusatz teratogen (d. h. fruchtschädigend, Fehlbildungen hervorrufend) wirkender Lösungsmittel lassen ein ernstzunehmendes Gefahrenpotential von Vectra 3D vermuten. Laut Angaben des Herstellers verteilt sich dieses Spot-on schnell über den gesamten Körper des Hundes (als Vorteil belobigt!). Hunde lecken gerne ihr Fell – und nehmen auf diesem Weg dann sogar oral die Giftstoffe auf!

Deshalb: Welch eine Unverfrorenheit, ein Giftgemisch wie Vectra 3D als nützliches, harmloses Ektoparasitizid ahnungslosen Hundehaltern zu verkaufen. Es kann nicht angehen, dass man als verantwortlicher Hersteller und insbesondere als Vertreiber (Tierarzt) eine mögliche Vergiftung der Hunde in Kauf nimmt. Mit der lauen Entschuldigung,  das genaue (Gift)wirkpotential von Vectra 3D sei nicht bekannt. Selbständig denkende Menschen sollten doch in der Lage sein, von der Pharmalobby unabhängig zu recherchieren!

Dr. Frauke Garbers, Biologin

29.11.2014

Quellen


http://www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/veterinary/002555/WC500163786.pdf

https://aktion-hummelschutz.de/schutz/neonicotinoide/

http://de.wikipedia.org/wiki/Neonicotinoide

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/102/1710218.pdf

http://www.pharmazie.com/graphic/A/67/8-00467.pdf

www.hamburger-fortbildungstage.de/2008/Zeckeninvasion.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Juvenilhormon

www.tieraerzte-hamburg.de/files/content/Leitlinie_Verhinderung_Erregeruebertragung_Blutsaugendevektoren_2007.pdf

Karl Fent: Ökotoxikologie: Umweltchemie-Toxikologie-Ökologie. Thieme-Verlag 2013.

06.09.2017

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