Herbstgrasmilben - das große Kratzen

Hund beim Spaziergang im Herbst

Die Herbstgrasmilbe

Erreichen die Temperaturen kaum mehr als 16˚C, herrschen ideale Bedingungen für die Herbstgrasmilbe, auch unter Trivialnamen wie Grasmilbe, Erntemilbe, Stachelbeermilbe oder Herbstlaus bzw. Erdlaus bekannt. Fast alles Bezeichnungen, die sich auf die Jahreszeit beziehen: Die Larven dieser zu den sog. Laufmilben gehörenden Art werden im Herbst (Mitte Juli bis Ende Oktober), insbesondere an sonnigen, trockenen Nachmittagen aktiv. Neotrombicula autumnalis ist die bedeutendste Laufmilbenart in Europa. 

Entwicklung

Die Eier werden im feuchten Boden abgelegt. Nach dem Schlupf wandern die sechsbeinigen, orange- bis ziegelroten, ca. 0,2 bis 0,3 mm langen Larven an Grashalmen hinauf. Auch auf gefallenem Laub sammeln sie sich an. Dort warten sie – oft versammelt zu Hunderten bis Tausenden von Einzeltieren – am höchsten Punkt ihres Standortes auf Opfer. Bezüglich ihres Wirtes sind sie nicht sonderlich wählerisch – vor allem Nagetiere werden befallen, aber auch Hunde, Katzen, Pferde, Vögel und der Mensch sind vor ihnen nicht sicher.

Die Milbenlarven heften sich an die Haut der vorbeilaufenden Wirtstiere und durchschneiden mit ihren Mundwerkzeugen die oberste Hautschicht. Das durch Speichelsekret angedaute Wirtsgewebe dient ihnen als Nahrung. Im Gegensatz zu Zecken nehmen sie selten Blut auf. Nach einer Dauer von mindestens drei Tagen fallen die gesättigten Larven zu Boden und entwickeln sich zu den ca. 1 bis 2 mm langen Adultformen (erwachsene Milben). Im gemäßigten Klima tritt meist nur eine Generation im Jahr auf – eben im Spätsommer und Herbst. 

Nur die Larven leben parasitär, die Milben nicht. Die Erwachsenenformen ernähren sich u.a. räuberisch von anderen Gliederfüßlern. Aufgrund ihrer Lichtorientierung sind sie nachts inaktiv.

Die Milbe fühlt sich in verwilderten Gärten, an Waldrändern und auf Wiesen wohl. In Deutschland war sie als Symptomverursacher lästigen Juckreizes und quälender Allergien lange kaum bekannt, denn früher waren die Hauptverbreitungsgebiete Südosteuropa, Frankreich und die Alpenländer. Nur in ländlichen Gegenden kannte man das Problem nach der Heu- und Strohernte als Erntekrätze auch früher schon. Mittlerweile wandern diese Milben jedoch immer weiter nach Norden und verbreiten sich bereits in Großstädten und gepflegten Gärten und Parks.

Befall

Die Milbenlarven setzen sich bevorzugt an dünnhäutigen Körperregionen ihrer Wirte fest. Als kleine Punkte – mit bloßem Auge kaum erkennbar – fallen sie meist erst dann auf, wenn es bereits zu spät ist. Typische Stellen am Körper sind bei Hunden und Katzen der Zwischenzehenbereich an den Pfoten, die Arm- und Schenkelbeugen, der Nasenrücken, die Augenbögen, der Ohrrand und die Ohrfalte, der Lidrand, der Anus und die Vulva. Beim Eindringen in den Gehörgang können Symptome einer Ohrentzündung entstehen.

Beim Pferd sind der Kopf, die Stirn und besonders der Nasenrücken befallen. Auch die Schenkelinnenseiten und die Ballen können betroffen sein.

Krankheitssymptome

Die Folgen des Befalls mit diesen Milbenlarven sind mäßiger bis unerträglicher, anhaltender Juckreiz, hervorgerufen durch die winzigen Hautläsionen und den in die verletzte Haut sezernierten Speichel. Es bilden sich Erytheme (Hautrötungen, Entzündungen), Pusteln und Quaddeln. Bei frischem Befall entstehen orangerote Krusten an der Oberfläche dieser kleinen Hautveränderungen, an denen es auch zu Haarausfall kommen kann. Kratzen sich die Tiere aufgrund des andauernden Juckreizes, so kann dies zu bakteriellen Sekundärinfektionen und Entzündungen und bei Pferden z. B. zu Mauke führen (bzw. Mauke verstärken).

Bei massiver Larvenbelastung können durch den Speichel der Milbenlarven hervorgerufene Allergien ein großes Problem darstellen. Gelegentliche Krämpfe und epileptiforme Anfälle sind ebenfalls als Krankheitssymptome bekannt.

Selbst nach Abfallen der Larven bleiben diese Symptome meist noch einige Tage bestehen. 

Diagnose

Bei Haustieren ist der Milbenbefall gut diagnostizierbar, da sich immer eine Vielzahl von Larven an den genannten Körperstellen versammelt. Die Larven sind entweder mikroskopisch nachweisbar oder sogar mit der Handlupe gut erkennbar.

Die in unseren Breiten vorkommende Neotrombicula autumnalis ist kein Krankheitsüberträger wie z. B. bestimmte in Ost- und Südasien verbreitete Milben-Arten. Dennoch können die hiesigen, offensichtlich im Vormarsch begriffenen Milbenlarven eine qualvolle Beeinträchtigung des tierischen und menschlichen Befindens darstellen. Daher sind gezielte Maßnahmen der Prophylaxe bzw. der Symptomlinderung angeraten. 

Vorbeugung und Behandlung

Das Entfernen der ‚Nester’ durch Abkratzen mit dem Fingernagel ist eine Erste-Hilfe-Maßnahme, die erneute Besiedelung durch Milbenlarven erfolgt jedoch recht schnell. Schulmedizinisch werden Grasmilben mit speziellen Insektiziden, sogenannten Akariziden (milbentötenden Mitteln) bekämpft. Allerdings scheinen die chemischen Mittel laut einer Studie der Universität Paderborn keinen Erfolg zu haben, stattdessen müssen noch die Nebenwirkungen in Kauf genommen werden.

Pflanzliche Mittel wie z. B. Neemöl sind dagegen durchaus wirksam und zudem nebenwirkungsfrei: Neemöl greift in den Hormonhaushalt der Milben ein und führt auf längere Sicht zur Ausrottung der Tierchen am Wirt.

Achtung: Für Katzen ist die Unschädlichkeit von Neemöl nach wie vor umstritten. Neemöl daher bei Katzen eher nicht anwenden, außer in Produkten, die wieder ausgespült werden, z. B. Shampoos! 

Der Einsatz von pflanzlichen Mitteln als Repellents (‚Abschreckungsmittel’) zum Auftragen auf die Haut kann ebenfalls sehr hilfreich sein, so etwa Geraniol oder Kokosöl. Die Milben (und auch Zecken und Kriebelmücken) meiden die mit Geraniol oder Kokosöl bestrichenen Körperpartien bzw. lassen sich schnell wieder abfallen. Geraniol hat darüber hinaus eine insektizide Wirkung: Der die Milben überziehende kriechende Ölfilm verstopft das Tracheensystem (Atmungssystem) und führt zum Erstickungstod.

Ein probates Mittel gegen Milben scheint auch Melkfett zu sein, das auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen wird und die Milben erstickt. Die Heißluft eines Haarföns wirkt offensichtlich recht effektiv – auch gut gegen Haarlinge beim Pferd. Sind die Milbenlarven 3 Sekunden lang 50° C ausgesetzt, sterben sie. 

Dr. Frauke Garbers, Biologin

Quellen


Johannes Eckert et. al., Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin, Verlag Enke, Stuttgart 2009

01.08.2017

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