Wie beschlägt man schwierige Hufe?

Fallstudie über den Haflinger Nandino

Eisen unter jeden Huf ist schon lange nicht mehr angesagt. Es gibt besseres. Im vorliegenden Fall haben wir ein Pferd mit einer komplexen Fehlstellung, das zudem noch beim Auffußen dreht.
Nadino ist 23 Jahre alt, ein Wallach. Er hat einen leichten Senkrücken. Krankheiten sind nicht bekannt. Er lebt in einem Offenstall mit Weidegang und wird zum Freizeitreiten verwendet.
Nandino erhielt einen Hufschutz von Anna Unger aus dem Odenwald. Sie ist Absolventin der BESW Akademie in Hufpflege, Huftechnik und Hufbeschlag.

Vordergliedmaßen

Nandino steht bodeneng, die Beine gehen ab der Schulter gleichmäßig enger werdend nach unten. Die Hufe stehen zeheneng, ab dem Krongelenk drehen sie nach innen. Im Schritt bleibt er mit den Beinen eng und dreht beim Auffußen den rechten Huf mehr nach innen. Er fußt mit beiden Hufen außen auf. Im Trab verändert sich nichts. Von beiden Seiten betrachtet ist keine Fehlstellung erkennbar, beide Beine stehen schön grad. Fesselung ist ok. Exemplarisch wird die Bearbeitung des rechten Hufs beschrieben.

Hufschutz: Für das vordere Beinpaar wähle ich einen Aluminiumhufschutz. Dieser zeichnet sich gegenüber konventionellen Eisenbeschlägen u. a. durch ein geringeres Gewicht aus. Er ist weniger steif und ermöglicht der Hufkapsel etwas mehr Beweglichkeit. Das weichere Aluminium verursacht weniger Schwingungen beim Auffußen und dämpft die Stoßenergie dabei um etwa 50 % besser als Stahl. Das insgesamt weichere Material unterliegt aber auch einer größeren Abnutzung. Im Vergleich zu anderen Hufschutzarten ist der Aluminiumhufschutz immer noch vergleichsweise hart. Jeder Kunststoffhufschutz ist weicher, stoßdämpfender und erlaubt wesentlich mehr Beweglichkeit der Hufkapsel.

Ich habe mich für den Alu St. Croix Eventer Größe 0 entschieden, da Nandino den rechten Huf nach innen dreht im Laufverhalten und dadurch ein Kunststoff nicht geeignet wäre. Der Beschlag hat eine schönere Zehenrichtung, so kann das Pferd besser abrollen. Bei diesem Huf ist die innere Wand weiter, diese wurde gestreckt. Der Schnabel an der Zehe wurde abgeraspelt. Überschüssiges Strahlhorn und Sohlenhorn entfernt, Eckstreben gekürzt. Tragerand wurde gekürzt, im Zehenbereich mehr, so dass der Huf plan wird.

Der Beschlag wurde mit der Zehe gleich gelegt und auf der äußeren Seite weiter gelegt, da auf der äußeren Wand eine stärkere Belastung ist und diese Wand steiler ist. Dadurch wurde das nach innen Drehen des Hufes verbessert. Der linke Huf ist fast identisch, außer das Drehen, so musste ich den Beschlag außen nicht ganz so weit legen.

Hintergliedmaßen

Hinten ist Nandino bodeneng, aber die Hufe stehen grad nach vorn. Im Schritt geht er bodeneng. Er streift gegen das Standbein, berührt das Standbein aber nicht. Die Belastung liegt außen. Im Trab wird das Streifen besser. Von beiden Seiten betrachtet ist keine Fehlstellung erkennbar, beide Beine stehen schön grad. Fesselung ist ok. Im Schritt und Trab greift er sehr weit nach vorn.

Hufschutz: Am hinteren Beinpaar kommt ein Kombihufschutz von Duplo zum Einsatz. Dabei handelt es sich um einen Kunststoffhufschutz mit einem stabilisierenden Eisenkern. Damit unternimmt jeder Kombihufschutz den Versuch, das Beste aus zwei Welten zu vereinen: Die Stabilität des Eisenbeschlags mit der Stoßdämpfung und Flexibilität des Kunststoffhufschutzes. Der Kunststoff bringt zudem ein Gleitverhalten, das dem Barhuf gleichkommt und schont die Trachten. Außerdem ist der Kunststoff wegen der geringeren Verletzungsgefahr der Pferde untereinander herdentauglicher als Eisen. Allerdings ist die Anpassung an ungewöhnliche Hufformen schwieriger, da immer wieder der Eisenkern im Weg ist. Bei Beschlägen mit durchgehendem Eisenkern ist fast keine vertikale Bewegung der Hornkapsel möglich.

Der Duplo weist einige Besonderheiten auf. In den relativ weichen Kunststoffkörper wird auf der hufzugewandten Seite eine Leiste mit Stacheln aus gehärtetem Kunststoff eingearbeitet, die aus dem Hufschutz herausstehen. Sie drücken sich in die Hufsohle ein und dienen dem Schutz gegen Verdrehen. Ein Ersatz für die bei Kunststoffbeschlägen oft wenig wirksamen Aufzüge. Damit hat der Duplo als erster Kombihufschutz ein wirkungsvolles Mittel gegen das Verdrehen des Beschlags am Huf gefunden, was einen der größten Nachteile des Kunststoffs darstellt. Gleichzeitig wirken die Metalleinlagen dem Aufwölben entgegen. Ein weiterer prinzipbedingter Nachteil von Kunststoffbeschlägen. Die Nagellöcher sind vorgebohrt und in den Eisenkern eingelassen, was die Steifheit erhöht. Das erleichtert das Anbringen, schränkt aber auch die freie Wahl des Nagellochs ein. Schließlich ist die Haltbarkeit ausgezeichnet – der dritte Nachteil von einigen Kunststoffbeschlägen.

Nandino bekommt hinten Duplo Größe 122, Nägel E4, da er im Offenstall steht und da keine Alu- oder Eisenbeschläge erlaubt sind. Ich habe mich für den Duplo entschieden, da er öfters mal weite Wände bekommt, was ein reiner Kunststoffbeschlag noch verstärkt. Bei diesem Huf ist die innere Wand weiter, diese wurde gestreckt. Der Flügel an der Außenwand wurde abgeraspelt. Überschüssiges Strahlhorn und Sohlenhorn entfernt, Eckstreben gekürzt. Tragerand wurde gekürzt, im Zehenbereich mehr, so dass der Huf plan wird. Der Beschlag wurde mit der Zehe gleich gelegt und auf der äußeren Seite weiter gelegt, da auf der äußeren Wand eine stärkere Belastung ist, und diese Wand steiler ist. Der linke Huf ist identisch mit dem rechten.

So, jetzt ist das Pferd rundum Beschlagen. Nach dem Beschlag betrachtete ich ihn noch mal im Schritt und Trab. Er fußte nun plan auf und das Drehen vorne rechts war besser, aber noch nicht ganz weg. Ich empfahl dem Besitzer, zwischen 6 und 8 Wochen den Beschlag neu zu machen.

Anna Unger, Hufpflegerin und -technikerin, Affolterbach

01.05.2012

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