Freilebende Koniks Teil 3

Was fressen die Koniks in Popielno?

Verlandungsbereich eines kleinen Sees innerhalb der Halbinsel bei Popielno mit Hochseggenried.

Biotope

Das größte polnische Reservat Popielno entstand nach 1949 auf der Halbinsel zwischen Sniardwy-See (Spirdingsee) und Warnolty-See im Osten, dem Beldany-See im Westen, sowie südlich von Mikolajki (Nikolaiken) und nördlich des Ortes Ruciane-Nida. Die Halbinsel ist etwa 9 km lang und 3 km breit. Hierher wurden die wertvollsten Koniks vorwiegend aus Vetulanis Rückzüchtungs-Experiment aus Bialowieza gebracht. Zuerst wurden die Pferde in einem sumpfigen Waldgebiet am Sniardwy-See gehalten, das jedoch den Hufen nicht genug Abrieb bot.

 

Birken-Bruchwald am Sniardwy-See.

 1956 siedelten die Pferde daher in höher gelegene Flächen am Beldany-See um. Seit 1962 steht den Pferden fast die gesamte Halbinsel zur Verfügung. Das Reservat umfasst heute ca. 1630 ha Waldgebiete mit Bruchwäldern (Pappeln, Weiden, Erlen), Uferzonen (Schilfzone) und verlandende Seen (Hochseggenrieder) innerhalb des Waldes.

Es handelt sich überwiegend um Nadelwald, und zwar masurische Kiefer (Pinus silvestris), mit Enklaven von Mischwald (u. a. Fichte, Kiefer, Birke, Eiche, Hainbuche, Vogelbeere, Haselnuß) und Laubwald (z. B. Ahorn, Linde). Im Unterwuchs des Waldes finden sich viele Heidekrautgewächse wie Heidelbeeren, aber auch Bärlappe, an den Rändern der Grasflächen finden sich u. a. Weißdorn und Besenginster.

Blühende Haselnüsse und junge Fichten im Unterwuchs des Kiefernwaldes im Reservat Popielno.

Während die niedrigen Bereiche sumpfig bis moorig sind, liegen die höheren Bereiche auf ärmstem Sandboden. Innerhalb des Reservates findet sich eine Kiesgrube, die das Bodenprofil des Sandbodens zeigt: Der dünnen Humusauflage und dem Auswaschungshorizont scheint kein Ortstein zu folgen. Das Reservat steht wegen seiner Vegetation, z. B. seltenen Orchideen und wilden Thymianarten, unter Naturschutz. Das Nahrungsangebot für die Koniks und somit die Besatzdichte des Reservats mit Pferden wird bestimmt von künstlich durch Kahlschlag gewonnenen Grasflächen von insgesamt etwa 80 ha.

Die Haupt-Weideflächen "Neue Weiden" (oben) und "Alte Wiesen" (unten) im Reservat Popielno wurden künstlich durch Kahlschlag für die Koniks angelegt, da der Unterwuchs im Wald und auf den Lichtungen zur Ernährung der Pferde nicht ausreichte.Wegen der Futterknappheit im Winter können nur etwa 50 erwachsene Koniks im 1630 ha großen Reservat überleben.

Harte Winter zehren im Reservat Popielno, Masuren, vor allem hochtragende Stuten extrem aus. Während die eine Stute kurz vor der Geburt steht (oben), hat die andere ein wenige Tage altes Fohlen bei Fuß (rechts).

 

Futteraufnahme und Aktivität

In schneearmen Wintern muss kein Heu gefüttert werden, in schneereichen Wintern stehen den Koniks mindestens 2 kg Heu pro 100 kg Körpergewicht täglich zur Verfügung. Das Heu, dass ich im April 2006 vor Ort zu sehen bekam, war ein spät geschnittenes, sehr halmreiches und blattarmes Heu aus überwiegend Kammgras, Ruchgras, Rotschwingel, aber auch Seggen und Rohrglanzgras.

In harten Wintern wird den Koniks im Reservat Popielno Heu zur freien Verfügung gestellt.

Die Nachzucht aus dem Reservat wird im Oktober ins Staatsgestüt überführt. Die Versuchsstation mit dem Staatsgestüt im Norden der Halbinsel samt Ackerflächen und Weiden ist durch stabile Zäune von den angrenzenden Reservatsflächen getrennt.

Die Fanganlage im Reservat Popielno ist aus oberschenkeldicken Kiefernstämmen gebaut, um die Verletzungsgefahr minimal zu halten. In drei Kammern können die Herden getrennt mit Heu angefüttert und aufgeteilt werden.

Der außen herum führende Treibgang endet in der Fangbox (links), die auch nach oben mit Stämmen gegen Ausbruchsversuche gesichert ist. Hier in der Fangbox wird den Fohlen im Oktober erstmals ein Halfter angelegt, ehe alle Fohlen gemeinsam in einem großen Sammeltransporter möglichst stressfrei in das wenige hundert Meter vom Reservat entfernte Konik-Staatsgestüt überführt werden.

Im Winter können über Monate Schneehöhen von etwa einem Meter liegen. Die Seen um die Halbinsel frieren in kalten Wintern komplett zu. Die Polen fahren dann mit Autos aufs Eis, sägen Löcher hinein und vergnügen sich beim Eisfischen. Die neugierigen Koniks erkunden in dieser Zeit immer mal das Festland auf der anderen Seite der Seen, kehren aber auf ihre Halbinsel zurück.

Forschungsarbeiten haben die Aktivitäten der freilebenden Koniks in Popielno gut untersucht. Die folgende Tabelle 1 gibt die Hauptaktivitäten von Hengsten, Stuten und Fohlen im Reservat wieder:

Zeitaufwand [%]

Hengste

Stuten

Fohlen

Grasen

70,1

69,6

55,3

Liegen

2,4

3,6

7,1

Bewegung

5,7

3,5

18,2

Stehen

21,8

23,3

19,4

Tabelle 1: Hauptaktivitäten von Hengsten, Stuten und Fohlen in %. Nach: Jezierski, T. und Jaworski, Z. (1995).

Damit wird deutlich, wieviel Zeit die erwachsenen Koniks im Reservat Popielno mit der Futteraufnahme verbringen, nämlich 16 bis 17 Stunden täglich. Welche Pflanzen nehmen sie dabei zu sich? Auch hierzu gibt es aus Polen Forschungsarbeiten (Tabelle 2):

Wiesen, Kahlschläge, insgesamt 70% der Grasenzeit

Weiß-Klee

Trifolium repens

Gänse-Fingerkraut

Potentilla anserina

Spitz-Wegerich

Plantago lanceolata

Wiesenrispengras

Poa pratensis

Wiesen-Lieschgras

Phleum pratense

Wiesenschwingel

Festuca pratensis

Rohrglanzgras

Phalaris arundinacea

Kleiner Sauerampfer

Rumex acetosella

Wiesenfuchsschwanz

Alopecurus pratensis

Weißes Straußgras- Gruppe

Agrostis alba

Vogel-Wicke

Vicia cracca

Gemeiner Hornklee

Lotus corniculatus

Wiesen-Platterbse

Lathyrus pratensis

Wiesen-Klee

Trifolium pratense

Knäuelgras

Dactylus glomerata

Hopfen-Klee

Medicago lupulina

Hasen-Klee

Trifolium arvense

Wald, insgesamt etwa 27% der Grasenzeit

Wald-Reitgras

Calamagrostis arundinacea

Hain-Rispengras

Poa nemoralis

Schafschwingel

Festuca ovina

Himbeere

Rubus idaeus

Rotes Straußgras

Agrostis vulgaris

Wald-Sauerklee

Oxalis acetosella

Wiesen-Wachtelweizen

Melampyrum pratense

Wald-Erdbeere

Fragaria vesca

Rasenschmiele

Deschampsia caespitosa

Wilde Vogelbeere

Sorbus aucuparia

Seeufer, insgesamt etwa 3% der Grasenzeit

Seebinse

Schoenoplectus lacustria

Schilf

Phragmitis communis

Tabelle 2: Beim Grasen von den Koniks in Popielno bevorzugte Pflanzenarten in Abhängigkeit vom Biotop (Orientierungswerte nach Beobachtungen). Nach: Jezierski, T. und Jaworski, Z. (1995).

Bei meinem eigenen Aufenthalt im Konikreservat in Popielno (Polen) vom 8. bis zum 14. April 2006 habe ich auf den intensiv beweideten Weideflächen folgende Gräser gefunden (Tabelle 3):

Wiesen-Rispengras

Poa pratensis

Knäuelgras

Dactylis glomerata

Rasenschmiele

Deschampsia caespitosa

Rohrglanzgras

Phalaris arundinacea

Rotschwingel

Festuca rubra

Wiesen-Lieschgras

Phleum pratense

Quecke

Elytrigia repens

Kammgras

Cynosurus cristatus

Einjährige Rispe

Poa annua

Weiche Trespe

Bromus hordeaceus

Wiesen-Fuchsschwanz

Alopecurus pratensis

Honiggras

Holcus lanatus

viele Seggen und Binsen

Carex, Juncus

Tabelle 3: Bei meinem Aufenthalt im Konikreservat in Popielno (Polen) vom 8. bis zum 14. April 2006 gefundene Gräser auf den intensiv beweideten Kahlschlägen des Reservats und auf den Weiden des Staatsgestüts.

Weidelgras - Fehlanzeige!

Auffällig ist das Fehlen von Deutschem Weidelgras (Lolium perenne) sowohl im Reservat als auch auf den Weideflächen des Staatsgestüts Popielno. Diese Tatsache wird erklärt durch Veröffentlichungen des Botanikers Prof. Dr. Carl Albert Weber (geb. 1856, gest. 1931, http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Albert_Weber ), der als Grünland- und Moorexperte an der Preußischen Moor-Versuchsstation in Bremen die Urbarmachung der norddeutschen Moore für die Landwirtschaft begleitete und als landwirtschaftlicher Lehrer aktiv war.

In seinem Buch Wiesen und Weiden in den Weichselmarschen schreibt Weber im Jahr 1909 im Kapitel „VI. Einige Vergleiche mit der Vegetation anderer Marschen Norddeutschlands“ über das Englische Raigras (anderer, damals geläufiger Name für das Deutsche Weidelgras, Lolium perenne):

„Der Bestand des englischen Raigrases ist mir indes im Weichselgebiete niemals in jener reinen Form auf alten Dauerweiden begegnet, in der er an der Ems, Weser und Elbe wie in den Nordseemarschen so überaus häufig und in weitester Verbreitung auftritt. Der Grund der Erscheinung scheint mir darin zu liegen, daß sich die Dauerweidenbestände dieses Grases an der Weichsel bereits in der Nähe ihrer klimatischen Grenze befinden. Das englische Raigras kommt infolge des häufigen Anbaus weit hinaus über die Grenze seiner natürlichen horizontalen Verbreitung vor, die in Mittel- und Nordeuropa die Buchengrenze nur wenig zu überschreiten scheint, während sie in der vertikalen Verbreitung in den Alpen unter ihr zurück bleibt. Das Gras hat allem Anscheine nach bereits in Ostpreußen nur eine kurze Lebensdauer und erhält sich vornehmlich durch den Samenausfall eine Zeitlang an demselben Standorte, während es in Norddeutschland, Holland und England, wo es sehr ausgedehnte Bestände bildet, auf den Dauerweiden nur verhältnismäßig selten Gelegenheit zur Samenerzeugung hat, da es vom Vieh beständig kurzgehalten wird. Die Raigrasbestände des Westens werden in der Weichselniederung meist ersetzt durch die des Wiesenrispengrases und des Rotschwingels, auf schwerem Boden durch die des Wiesenschwingels. (…) Erst nach Abschluß dieser Arbeit habe ich im Sommer 1909 ähnliche, freilich in ihrer Ausdehnung nur recht beschränkte, alte Raigras-Dauerweidenbestände wie in England auf diluvialem Höhenboden Norddeutschlands kennen gelernt, selbst so weit ostwärts wie in Mecklenburg-Strelitz. Es handelte sich allemal um Weiden, die reich mit tierischem Miste oder mit Jauche gedüngt werden. Solche Düngung ist offenbar ein Mittel, das die Verteidigungskraft des englischen Raigrases gegen Mitbewerber auch unter ihm nicht vollkommen zusagenden klimatischen Verhältnissen stärkt. Tierische Düngung wirkt auch meist da mit, wo wir dieses Gras im äußersten Osten auf Wegrändern, auf Hofplätzen und an ähnlichen Orten in größerer Menge antreffen.“ (Weber, C.A. (1909) Wiesen und Weiden in den Weichselmarschen, Deutsche Landwirtschaftliche Gesellschaft, Heft 165)

Wer meint, einem Islandpferd, Fjordpferd, Shetlandpony oder einem iberischen Pferd eine Weidelgrasweide und Weidelgrasheu bzw. -Cobs zumuten zu müssen, der überlege einmal, ob die Heimat dieser Pferde von Rotbuchenwald besiedelt wird. Webers Worte sollten uns ein drastischer Hinweis darauf sein, was NICHT die traditionelle Futtergrundlage bestimmter Pferderassen war.

Der Abisko-Nationalpark im schwedischen Lappland liegt knapp nördlich des Polarkreises im Übergangsgebiet von der Taiga in die Tundra. Der Birkenwald nördlich der Nadelwaldzone (oben) wird nur noch etwas über mannshoch. Wenige Meter Erhebung im Relief führen zur Überschreitung der Baumgrenze hier im hohen Norden und lassen als Tundra arktisch-alpine Vegetation wie auf den höchsten Bergen Deutschlands wachsen.

In den nassen Niederungen wachsen Sauergräser. Der Unterwuchs des Kraut-Birkenwalds (unten) stellt die Nahrung für die hier lebenden Rentiere und Elche und entspricht etwa dem, was einst die Mammutsteppe bot. Tundra und Mammutsteppe sind zu kalt, als dass Bäume gedeihen könnten. Nordische Pferderassen können unter solchen Bedingungen bei ungehinderten jahreszeitlichen Nord-Süd-Wandermöglichkeiten noch überleben - Rotbuche und Weidelgras nicht. Das Naturreservat Cantera de Yeso (unten) liegt im Südosten Andalusiens. In dieser natürlichen Gipskarststeppe ist es zu trocken, als dass Bäume wachsen könnten. Die meisten Kräuter, die man hier findet, sind giftig. Gräser gibt es kaum, und wenn, dann sind sie derb und unattraktiv. Echte Steppenpferde können hier in extrem niedriger Besiedelungsdichte überleben - Rotbuche und Weidelgras nicht. Bei den genannten Rassen fand sicherlich keine Selektion auf eine spezielle Genetik zur Entgiftung von Endophytengiften des Deutschen Weidelgrases statt (siehe auch den Artikel Vergiftungen von Pferden durch Gräsergifte). Womit eine Rasse nie in Berührung kam, dafür hält sie vermutlich auch keine Lösung parat. Deshalb ist mit einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber Gräsergiften zu rechnen, wenn Rassen global verfrachtet und mit resistenten Wirtschaftsgräsern konfrontiert werden, denen ihre Vorfahren nie begegnet sind. Das gilt auch für die Einkreuzung von nicht standortangepassten Rassen und deren Nachkommen.

Heutzutage sind die Zuchtsorten des Deutschen Weidelgrases derart erfolgreich auf Widerstandskraft und Kampfkraft gezüchtet, dass der Naturschutz diese angesäten Zuchtgräser auch von Standorten nicht wieder verdrängen kann, die ursprünglich von diesem Gras nicht besiedelt werden konnten. Die Graszucht hat ein Supergras geschaffen, das sich in Renaturierungsmaßnahmen des Naturschutzes als „Super-Ungras“ erweisen kann.

Jezierski und Jaworski berichten in ihrem Buch Das polnische Konik (2008, S. 135 und S. 184) weiterhin über beobachtete Vorlieben der Koniks in der Auswahl von Futterpflanzen. In Polen werden Koniks traditionell an Ketten angepflockt, um an Wegrändern und auf nicht eingezäunten Flächen zu grasen. Dabei verhindert der vorgegebene Radius durch die 6 m lange Kette eine Verfettung der Pferde. Bei täglich 16 Stunden Weidezeit wird alle zwei Tage umgeweidet, der Pflock also in eine neue Parzelle der Naturweide geschlagen. Es wurden durchschnittlich 31,7 kg Aufwuchs von den Pferden aufgenommen. Die Koniks bevorzugten Pflanzen, die reich waren an Rohprotein, Rohfaser, Kalzium und Phosphor. Das Verhältnis von gefressener zu stehen gelassener Vegetation betrug 1,53:1, die Pferde nutzten also etwa 60% der zur Verfügung stehenden Fläche aus. Dieser traditionelle Weidegang deckt den Erhaltungsbedarf bei leichter Arbeitsleistung.

Fütterungsversuche an Koniks mit verscheidenen Anteilen an Heu und Kraftfutter haben gezeigt, dass das Kraftfutter den Verdauungskoeffizienten für die Aufnahme von Nährstoffen erhöht. Bei mehr als 80% des in Polen üblichen Heus (s. o.: halmreich, blattarm, spät geschnittener erster Schnitt bei einer Artenzusammensetzung, die man in Deutschland oft nur noch aus Naturschutzgebieten kennt) fallen die Verdauungskoeffizienten für alle Nährstoffe deutlich ab. Hohe Kraftfuttergaben führen daher bei Koniks schnell zur Verfettung.

Diese Forschungsergebnisse an Koniks decken sich mit Erfahrungen mit Ziegen im Naturschutz: Wenn Ziegen überständige Grasflächen sauber grasen sollen, führt das ohne Kraftfutter zu Problemen. Die Ziegen suchen, statt die derben Halme zu fressen, das zarte Grün am Boden. Füttert man den Ziegen aber vor dem Weidegang eine Handvoll ganzen Hafer, dann fressen sie zur Ergänzung des konzentrierten Kraftfutters die derben Halme und verschonen eher den jungen Aufwuchs. Der Nährstoffeintrag durch den Hafer bleibt minimal, insbesondere, wenn die Tiere nicht auf den Futterplätzen abkoten, sondern auf dem Weg dorthin oder im Stall bzw. Pferch.

Vorlieben

Auf einer Gebirgsweide 650 m über dem Meeresspiegel konnten bei den Koniks folgende Vorlieben für bestimmte Pflanzen festgestellt werden: Besonders beliebt waren Straußgräser (Agrostis-Arten), Rotschwingel (Festuca rubra) und Rasenschmiele (Deschampsia caespitosa). Etwas weniger beliebt waren Schafgarbe (Achillea millefolium), Johanniskraut (Hypericum-Arten) und Quecke (Elytrigia repens). Nur sporadisch aufgenommen wurden Honiggras (Holcus-Arten), Hainsimse (Luzula-Arten) und Labkraut (Galium-Arten).

Rotschwingel, Rundblättrige Glockenblume und Schafgarbe neben Hasenklee, Mausohr-Habichtskraut und Skabiose im Naturschutzgebiet Schäferhaus. Links: Echtes Johanniskraut, Schafgarbe, Hasenklee und Rainfarn im Naturschutzgebiet Schäferhaus.

Unten: Ruchgras (das "hohe" Gras), Feld-Hainsimse (die braunen Knäuel auf Stielen) - auch Hasenbrot genannt - und schwefelgelb blühendes Mausohr-Habichtskraut sind tonangebend in diesem natürlichen Magerrasen auf Sandboden im Naturschutzgebiet Bültsee bei Eckernförde. Alle drei Pflanzen sind Magerzeiger. Das Bild wurde aus der "Kaninchenperspektive" mit dem Fotoapparat auf dem Boden aufgenommen, denn diese Pflanzen werden nur 10 bis 20 cm hoch und würden auch bei einem Shetlandpony schwerlich zu Verfettung führen.

Beachtenswert: die Rasenschmiele

Die Rasenschmiele, das „Ungras“ heutiger Landwirte schlechthin, hat unsere Aufmerksamkeit verdient. Die heute geradezu verteufelte Rasenschmiele war auch zur Zeit von Prof. Dr. Carl Albert Weber schon unbeliebt, da sich die derben Bülten (Horste, also die dichten Büschel, die das Gras im Laufe von Jahren am Boden bildet) der Mechanisierung in der Landwirtschaft entgegen stellten. Weber erläuterte in einem Vortrag vom 25.02.1909 „Untersuchungen der Wiesen und Weiden des norddeutschen Tieflandes und ihre Ergebnisse“ (als Nachtrag der Jahresversammlung im Jahrbuch der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (Band 24, Berlin, S. 285-319) veröffentlicht), dass ihr plattdeutscher Name „de groot Meddel“ darauf hinweist, was dieses Gras für die Bevölkerung des sumpf- und moorreichen norddeutschen Tieflandes war: das Mähefutter (Meddel) schlechthin. Die Rasenschmiele wurde dazu sehr früh, nämlich VOR der Blüte, als Heu für das Vieh geschnitten. Später geschnittene Rasenschmiele diente als Einstreu.

Auch über das wollige Honiggras hat Weber in seinem Vortrag vom Februar 1909 berichtet, und zwar, dass man über den Unwert dieser Pflanze als Futter nicht im Zweifel sei,

„wenn man sieht, wie sehr sie beim Trocknen zusammenschwindet und wie ungern die Tiere sie fressen, nachdem sie mit Wiesenschwingel und Wiesenfuchsschwanz bekannt geworden sind. Es kommt allerdings vor, daß einzelne Tiere oder Sätze von Tieren selbst dieses Gras immer oder zeitweilig fressen mögen, woraus man aber natürlich keinen allgemeinen Schluß auf seinen Wert in unserem Gebiete ziehen darf.“

 Damit spricht Weber ein Problem an, das wir kennen: Haben sich die Pferde erst einmal an süße, schmackhafte Kost gewöhnt, wollen sie die weniger zarten Gräser manchmal nicht mehr fressen. Viele Pferde sind zudem nur noch Weidelgrasweiden gewöhnt und verweigern Gräser der traditionellen Viehweiden und Heu aus entsprechenden Wiesen. Säugetiere werden geschmacklich und geruchlich geprägt, oft schon im Mutterleib. Zudem verweigern sie gerne alles fremde Futter, denn es könnte ja giftig sein. Eine langsame Umstellungszeit, in der das Tier das neue Futter vorsichtig in kleinen Mengen ausprobieren, kennen lernen und als ungefährlich abspeichern kann, ist daher fast immer unumgänglich. Prägungen bleiben trotzdem lebenslang. Wer jedoch mit dem „Nutella-Brötchen“ gelaufen kommt, sobald Hänschen das Schwarzbrot mit Käse an die Wand pfeffert, wird erleben, dass Hänschen bei ungebremstem Nutella-Genuss aus dem Leim geht.

Koniks auf einer Weidelgras-Weißklee-Weide im Naturschutzgebiet Geltinger Birk. Das vordere Konik versucht mit dem Hinterhuf eine Bremse vom Ohr abzustreifen. Die Speckschicht ist unübersehbar. Im Reservat Popielno werden Gräser der offenen, höher gelegenen Flächen bevorzugt. Binsen, Schilf und Seggen werden nur bei Bedarf aufgenommen, obwohl die Herden im Sommer durchaus gerne Zeit im Schilfgürtel grasend verbringen. Im Herbst stehen auch die trockenen Laubblätter der Bäume auf der Speisekarte der freilaufenden Koniks, ebenso die Stängel von Himbeere und Brennessel sowie Eicheln. Laub- und Nadelbäume ergänzen das ganze Jahr über die Nahrungsaufnahme der Koniks.

Ob frei laufende Koniks sich bei Bedarf gezielt mit Heilpflanzen versorgen, wurde bisher leider nicht untersucht.

Dr. Renate Vanselow, Biologin

29.12.2014

Lesen Sie alle Teile dieser Reihe über freilebende Koniks:

Quellen

Jezierski, T. und Jaworski, Z. (1995) Polnische Koniks aus Popielno. Institut für Genetik und Tierzucht der polnischen Akademie der Wissenschaften, Jastrzebiec.

Dies. (2008) Das polnische Konik. Verlag Westarp Wissenschaften.

Weber, C.A. (1909) Wiesen und Weiden in den Weichselmarschen. Deutsche Landwirtschaftliche Gesellschaft, Heft 165.

04.09.2017

Bildergalerie

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