Die Ernährung des Haus-Esels

Ihre Herkunft sagt uns, was unsere Esel an Futter brauchen. Sie stammen von Wildeseln aus dem Bereich des Horns von Afrika ab. Ihr Lebensraum ist die gebirgige Landschaft Äthiopiens, Eritreas und Somalias. Zwei Trockenzeiten mit hohen Temperaturen und zwei Regenzeiten wechseln sich ab. Die Gesamtniederschlagsmenge ist gering, entsprechend ist die Vegetation dürftig und nährstoffarm.

Dem haben sie sich angepasst. Mit Hilfe ihrer Darmbakterien können sie das Raufutter um etwa 30 % besser verwerten. Für diese Anspruchslosigkeit war man ihnen tausende Jahre dankbar. In Deutschland wird ihnen das jedoch zum Fluch, denn die hiesige Vegetation ist für sie viel zu nährstoffreich und das Wetter nördlich der Alpen ist für sie zu nass. Für manche bedeutet das den Tod.

Zu der falschen Grundnahrung mit eiweißreichem Gras und viel zu wenig Raufutter kommt noch das Bedürfnis vieler Besitzer, sie mit Leckerlis zu „verwöhnen“ und deren Glaube, ohne Müsli & Co ginge nichts. Das heißt im Klartext: Viele Esel bekommen das falsche Futter – und das auch noch in doppelter und dreifacher Menge. Der häufigste Grund für den Eseltod in Deutschland ist neben der Bronchitis (= feuchtes Klima) die Verfettung, also Überfütterung der Esel.

Was aber ist richtig?

Bei einem Esel mit einer solchen Figur besteht immer die große Gefahr, dass der Stoffwechsel entgleist.Die Grundnahrung sollte etwa zur Hälfte aus Futterstroh und der Rest aus grobem überständigen Heu bestehen, wobei die Mengenverhältnisse je nach Futterqualität, Außentemperaturen und körperlicher Leistung variieren können.
Frisches Gras ist nur „das Sahnehäubchen“, denn zu viel frisches Gras bedeutet zu viel Eiweiß, das ein Eselorganismus nicht verwerten kann.

Kraftfutter, also Getreide, ist für Esel äußerst problematisch; es sollte nur an Esel verfüttert werden, die wirklich arbeiten müssen und dann auch nur in geringen Mengen. Man darf nie vergessen, dass Esel das Futter viel besser verwerten als Pferde.

Unsere meist artenarmen Wiesen und das davon gewonnene Heu enthält nicht annähernd die Inhaltstoffe, vor allem Mineralien und Vitalstoffe, welche die Tiere in einer artenreichen Gebirgslandschaft fänden. Ein biologisches Mineralfutter muss deshalb ergänzt werden. Die „normale Weide“ darf für die Ernährung des Esels nur eine untergeordnete Rolle spielen. Besser ist ein großer Auslauf mit vielen sogenannten „Un“-kräutern, wie z. B. Disteln, Brennesseln und sogar Wolfmilchgewächsen. Spitzwegerich, Breitwegerich und viele Heilkräuter werden gezielt aufgenommen, während das giftige Jakobskreuzkraut fast zu 100 % gemieden wird. Esel sind in ihrem Fressverhalten sehr instinktsicher.

In der Ernährung der Esel spielt die Einsicht „weniger ist mehr“ eine wichtige Rolle, was aber nicht bedeuten soll, dass der Esel hungert. Bei der Fütterung der Esel sollte man sich immer wieder die karge Heimat der Esel mit ihren trockenen Böden und hart-stängeligem, aber vitamin- und mineralstoffreichemnBewuchs erinnern.

Stroh und Heu

Stroh

Zum Grundfutter gehören neben Blättern und Rinden, Stroh und Heu – und zwar in dieser Reihenfolge. Stroh sollte etwa 50 % des Futters ausmachen. Zum Stroh gehören auch die ausgedroschenen Teile von Ölpflanzen und Leguminosen. Man muss sich also erkundigen, wo diese anfallen. Wichtig ist eine luftige und trockene Lagerung, also nicht im Freien.

Heu

Man sollte darauf achten, möglichst grob strukturiertes Heu zu erhalten, da dies am ehesten der kargen Vegetation der Ursprungländer der Esel in den ostafrikanischen Steinwüsten entspricht. Sogenanntes „Rinderheu“, also hochwertiges Heu mit teilweise hohem eiweißreichen Kleeanteil für Masttiere oder Milchlieferanten ist für Esel ebenso ungeeignet wie Heu, das nur aus dürren Stängeln besteht.

Gutes Heu für Esel besteht aus einer Vielfalt von Gräsern und Kräutern, möglichst ohne Klee. Heu von den für Pferde oft üblichen Flächen, die vorzugsweise mit Deutschem Weidelgras eingesät sind, ist für Esel ebenso ungeeignet wie für Pferde.

Weidegang

Von der Vorstellung „Wir kaufen einen Esel, stellen ihn auf die Wiese – und gut ist“ sollte man sich frei machen. Mehr als stundenweiser Weidegang ist außer bei  extremen Magerweiden mit rohfaserreichem und energiearmem Gras nicht möglich. Das Gras der „normalen“ hiesigen Weiden – auch der Pferdweiden – ist viel zu saftig und kohlehydratreich für den genügsamen Esel und führt oft schon innerhalb einer Weidesaison zur Verfettung der Leber, die ihre Funktion nicht mehr erfüllen kann. Damit kommt es zum Kippen des Stoffwechsels und in der Folge zu EMS (Equines Metabolisches Syndrom) und Hufrehe. Beides sind schwere und teils sehr schmerzhafte Stoffwechselerkrankungen mit massivsten Folgen für den Esel. Auf eine fette Weide wird er nie wieder dürfen.

Ideal sind große Flächen, auf denen Esel laufen, die die Flächen sauber halten sollen, also „Landschaftspflege mit Eseln“. Das sind aber meistens keine gepflegten Weiden, sondern es ist verbuschtes Grasland, auf dem neben etwas Gras eine ausreichende Anzahl von Büschen und Bäumen wächst, deren Knospen, Blätter und Rinde einen großen Teil der Nahrung ausmachen.

Knabberäste

Sie sind unabdingbar für das Wohlbefinden der Esel. Nicht nur, dass sie ihrem Kau- und Knabberbedürfnis entgegenkommen, sie sind auch wichtige Vitamin- und Mineralstofflieferanten. Knabberäste – frische und abgeknabberte, ja sogar uralte, schon fast zerfallene – sollten in keinem Eselauslauf fehlen.

Infrage kommen die meisten heimischen Gehölze. Absolute Favoriten sind Weide, Birke, Esche und Erle sowie Obstbäume. Aber auch Fichten und Tannen werden gelegentlich gern gefressen. Nur muss man hier darauf achten, nicht zu viele verharzte Äste vorzulegen. Junge Fichtentriebe hingegen sind mit ihrem Gehalt an ätherischen Ölen und Vitamin C im Mai sehr beliebt. Die Holzarten sollte man bunt durchmischen – nie zu viel von einer Art; aber etwas Knabberbares sollte immer vorhanden sein.

Eine Gefahr allerdings gibt es und die ist tödlich: Die Eibe. Esel vergiften sich nur sehr selten. Aber bei der Eibe versagt ihr „Erbgedächtnis“, denn mit dieser Pflanze kommen sie in ihrem Herkunftsland nicht in Berührung – sie können sie also gar nicht kennen. Von der Eibe reichen bereits einige Gramm bzw. einige Bissen von Blatt oder Rinde, den Esel oder das Pferd zu töten.

Andere Giftbäume wie Robinie, Goldregen etc. werden instinktiv gemieden, dennoch sollte man sich über Giftpflanzen informieren, wenn man unsicher ist. Es gibt wenig fachlich-richtige Literatur, sodass eine Beratung hinsichtlich der Ernährung durch Fachleute unabdingbar ist.

Kräuter

Seit Esel hierzulande auf meist viel zu fetten und was die Pflanzenvielfalt angeht extrem armen Weiden stehen, bemerkt man beispielsweise bei Spaziergängen und Wanderungen mit Erstaunen ihren Heißhunger auf Kräuter. Dabei kann man feststellen, dass sie sehr wählerisch sind. Ein kranker Esel sucht zielsicher nach den für sein Leiden passenden Kräutern. Immer wieder sieht man, dass Esel mit Atemwegserkrankungen oder auch nur -problemen beispielsweise den weit verbreiteten Spitzwegerich in großen Mengen fressen, wenn sie ihn finden. Esel mit Darmproblemen hingegen scheinen direkt süchtig nach beispielsweise Beifuß zu sein.

Kräutermischungen mit einem hohen Anteil an Gerb- und Bitterstoffen eignen sich hervorragend als Ergänzung für unsere Esel. Und auch eine Brennnesselkur im Frühjahr oder im frühen Herbst jeweils zum Fellwechsel kann man als „Laien“-Eselbesitzer durchführen. Einige Wochen lang täglich ein paar Handvoll angewelkte Brennnesseln oder 100 ml Brennnesselsaft wirken blutreinigend, sind vitamin- und mineralstoffreich. Das Zusammenstellen von therapeutischen Kräutermischung sollte man jedoch unbedingt Fachleuten überlassen.

Vom Wegrand

Auf Spaziergängen und Wanderungen sollte man ihnen die Möglichkeit geben, hier und da ein wenig vom Wegrand fressen zu dürfen. Gerade dort – selbstverständlich nicht an viel befahrenen Straßenrändern – wachsen Pflanzen, die sie bevorzugen, wie z. B. Brennnesseln, die Früchte und Dornenranken der Brombeeren, Hagebutten, die sie sorgfältig von den Ästen pflücken, Löwenzahn, Schafgarbe und Wegerich, Pastinake und Kümmel. Es tut ihnen gut, wenn sie sich auf einem längeren Spaziergang eine bunte Mischung davon zusammenstellen können.

Ein Gruß aus der Küche

Was für uns Reste sind oder ungenießbar erscheint, sind für Esel oft wertvolle Nahrungsmittel. So zum Beispiel Apfelschalen und Kerngehäuse, Möhrenschalen (bitte ohne das grüne Ende), Kohlrabischalen und Schalen von gut abgewaschenen Melonen mit noch ein bisschen Fruchtfleisch daran sowie Kohlrabiblätter und auch mal aus dem Garten eine krumm gewachsene Gurke oder Zucchini.

Auch wenn man würzt, fällt oft etwas ab: Die Stiele von Majoran, Thymian und Pfefferminze, harte Stängel von Petersilie und ein Zweig Lavendel, eine Handvoll Liebstöckel oder ein paar Salbeiblätter – alles absolute Leckerbissen für Esel. Unter das tägliche Futter gemischt oder einfach so aus der Hand sind sie ein kulinarisches Highlight für die Langohren und sehr gesund.

Und wenn man ihnen im Winter hier und da ein paar Apfelscheiben, eine getrocknete Aprikose oder gar – ganz selten natürlich – einmal eine Dattel spendiert, macht man sie sozusagen „glücklich“. Wichtig ist, dass die Tiere genügend Abwechslung und damit Vitamine und Mineralstoffe in Form von vielfältigen Kräutern erhalten.

Salz

Salz ist lebenswichtig für Esel. Ein normaler Salzleckstein für Pferde – es kann auch einer für Rinder sein, der etwas mehr Calcium enthält – ist unabdingbar für Esel. Er sollte für die Tiere jederzeit erreichbar sein. Erfahrungsgemäß wird er von den Tieren unterschiedlich aufgesucht: Es gibt Esel, die nach jeder Mahlzeit „schlecken“, andere wiederum nur gelegentlich. Unterschiede im Gesundheitszustand wurden deshalb nicht festgestellt.

Eselfütterung – ganz einfach?

Im Grunde ja, wenn man sich immer wieder vor Augen hält, woher die Langohren kommen – nämlich aus dem trockenen Klima im Osten Afrikas mit seinen steinigen Hochwüsten. Was dort wächst, ist nicht „fett“. Saftig grüne Wiesen gibt es nicht. Dafür eine karge energiearme Vegetation. Bis zu 16 km legt ein Esel in diesem unwegsamen Gelände täglich bei der Nahrungssuche zurück und zupft mal hier ein Gräschen, rupft dort ein Blatt von einem Busch oder knabbert an einer Rinde oder bricht eine Knospe ab. Eine zeitaufwändige Angelegenheit bei permanenter langsamer Bewegung. Das sollte man sich bei der Eselfütterung immer wieder bewusst machen.

Will man seinen Esel einigermaßen artgerecht ernähren, verteilt man das Futter auf möglichst viele Mahlzeiten und möglichst viele Futterstellen, die so weit als möglich auseinander liegen.

Uta Over

01.12.2018

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