Equines Cushing-Syndrom (ECS)

Das equine Cushing-Syndrom ist ein Krankheitsbild mit endokriner Störung bei überwiegend älteren Pferden. Mittlerweile hat man diese Erkrankung aufgrund verfeinerter Untersuchungsmethoden auch bei jüngeren Pferden festgestellt.

Symptome

Klassisches Symptom des ECS ist die Hufrehe oder Hufreheanfälligkeit bei gleichzeitiger Insulinresistenz bzw. auch Diabetes. Weitere typische Krankheitssymptome sind

  • verzögerter Fellwechsel oder Hirsutismus (gestörter Fellwechsel mit auffallend langem Haarkleid auch im Sommer), struppiges, welliges Haar
  • Muskelatrophie, Abmagerung mit Senkrücken und oftmals „Weidebauch“ (durch den ständig überhöhten Blutzuckerspiegel und die daraus resultierende Insulinresistenz bekommen die Zellen zu wenig Energie, die Glucose wird mit dem Harn ausgeschieden)
  • Starker Durst, häufiges Harnlassen
  • Umverteilung des Körperfetts wie beim metabolischen Syndrom mit vermehrter Fettablagerung am Nacken (Speck-Hals) und im Schulter- und Kruppenbereich
  • Beeinträchtigung des Immunsystems (Infektneigung, verstärkter Wurmbefall u. a.)
  • Schlechte Wundheilung
  • Bindegewebsschwächen, Sehnen- und Bänderschäden
  • Müdigkeit, Leistungsschwäche
  • Unfruchtbarkeit bei Stuten

Ursachen

Die Ursache dieser Erkrankung liegt allgemein in einer vermehrten körpereigenen Kortisolausschüttung. Auch längerfristige therapeutische Gaben von Kortisol als entzündungshemmendes Mittel werden als Auslöser für das ECS diskutiert. Da der Blutzuckerstoffwechsel massiv gestört ist, müssen als mögliche Ursachen des ECS auch Fehlernährung bei zu hoher Energiezufuhr (Überfütterung) und mangelnde Bewegung des Tieres in Betracht gezogen werden.

Die Hypophyse


Generell wird die vermehrte Kortisolausschüttung mit einer Entartung der Pars intermedia (Zwischenlappen) der Hypophyse erklärt: Die Hormonproduktion des Hypophysenzwischenlappens (u.a. adrenokortikotropes Hormon ACTH) unterliegt der hemmenden Kontrolle des Botenstoffes Dopamin. Die Zellveränderungen der Pars intermedia verringern jedoch die Sensibilität für Dopamin, so dass verstärkt und unkontrolliert ACTH ausschüttet wird. ACTH wiederum stimuliert die Nebennierenrinde zur vermehrten Cortisol-Ausschüttung.

Auch wird in der Fachwelt die Bildung eines gutartigen Hypophysentumors als Grund für die Entstehung des ECS diskutiert. Eine Hypothese geht von Schädigungen der zwischen Hypothalamus und Hypophyse verlaufenden dopaminergen Neuronen durch Sauerstoffradikale aus. Dies führt zu verminderter Dopamin- und damit zu verstärkter ACTH-Ausschüttung. Diese Störung der Hormonproduktion wird vom Zwischenlappen mit Kompensationswachstum (Hypertrophie) des Drüsengewebes beantwortet.

In diesem Zusammenhang sollten die betreffenden Drüsen (Langerhanssche Inseln der Bauchspeicheldrüse, Hypophyse, Nebenniere) in einem gemeinsamen Regelkreis der Blutzuckerregulation gesehen werden. Innerhalb dieses Regelkreises unterliegen die genannten Hormondrüsen einer gegenseitigen Wechselwirkung. Längerfristige Fehlfütterung (zu großer Kohlenhydratanteil, zu stark zucker- oder melassehaltiges Futter) und ein Mangel an Bewegung treiben den Blutzucker nach oben und können zur Insulinresistenz führen. Die ständig erhöhte Blutzuckerkonzentration könnte im Rahmen der engen Funktionsverknüpfungen der blutzuckerregulierenden Hormondrüsen zu Störungen der Hypophysenfunktion bzgl. ACTH-Sekretion führen: Eine Erschöpfung des Pankreas aufgrund ständiger Überforderung führt zu sehr geringer Insulinsekretion bzw. zum völligen Stillstand der Sekretion. Dieser geringe Insulinstatus bzw. die völlig ausbleibende Insulinausschüttung durch die Bauchspeicheldrüse könnte den Glucose-Rezeptoren im Hypothalamus das Signal für „zu wenig Blutzucker“ geben. Dies würde wiederum eine verstärkte Kortisolausschüttung verursachen.

Wirkung von Kortisol

Als Antagonist zum Insulin ist die Hauptwirkung des Kortisols die Blutzuckererhöhung, infolge deren der Insulinspiegel steigt. Kortisol fördert den katabolen Prozess (Eiweißabbau in Muskulatur, Fettgewebe und Haut). Es stimuliert den Abbau von Fett aus Fettdepots, so dass freie Fettsäuren ins Blut gelangen. Beim ECS entstehen durch die hohe Kortisolsekretion vermehrt freie Fettsäuren. Die wirken sich wiederum negativ auf den Blutzuckerspiegel aus (s. Diabetes).

Kortisol fördert die Glykogensynthese in der Leber, bewirkt die Erhöhung der Glukosekonzentration im Blut, wirkt entzündungshemmend, antiallergisch und immunsuppressiv durch Hemmung der Abwehrzellen.

Hufrehe

Lösen Überzuckerung und Insulinresistenz aufgrund einer Gefäßschädigung oder Glucoseunterversorgung der Huflederhaut eine Hufrehe aus, so entsteht für das Pferd Schmerz und damit Stress. Dieser Stress bewirkt über die Hypophyse eine vermehrte ACTH- und somit Kortisolausschüttung über die Nebennierenrinde (NNR). Besteht ein solcher Zustand über längere Zeit, so kann es zu Zellveränderungen der Hypophyse und zur NNR-Hypertrophie mit folglich unkontrollierten Kortisolausschüttungen kommen.

Die Anfälligkeit für Hufrehe ist noch nicht eindeutig geklärt. Eine weitere mögliche Ursache der Hufrehe ist in einer Überschwemmung des Blutes und der Gefäße der Huflederhaut mit Toxinen zu sehen: Falsche, d. h. stärke- und zuckerhaltige Fütterung bewirkt eine Veränderung der Darmflora: Es kommt zum Absterben großer Mengen an Bakterien, deren Toxine freigesetzt werden und ins Blut gelangen.

Diagnose

Eine vorliegende Überfunktion der Nebennierenrinde kann der Tierarzt mit entsprechenden Tests diagnostizieren, die den ACTH- oder Kortisolstatus ermitteln. Über den Dexamethason-Suppressionstest, bei dem das Pferd Kortisol in geringfügiger Dosis verabreicht bekommt, zeigt sich eine Schädigung der Nebennierenrinde durch fortgesetzte ACTH-Ausschüttung. Beim gesunden Pferd hingegen tritt eine sofortige Hemmung der ACTH-Sekretion ein.

Therapie

Standardmäßig wird von den Tierärzten Pergolid zur Symptombehandlung herangezogen. Als Agonist zu Dopamin wirkt Pergolid hemmend auf die Pars intermedia der Hypophyse, so dass die Kortisol-Ausschüttung über eine Hemmung der ACTH-Sekretion reduziert wird. Allerdings gibt es noch keine Langzeitstudien zur Pergolidtherapie. Man geht von einer lebenslangen Behandlung mit Pergolid aus.

Eine natürliche, und auch langfristig erfolgreiche Behandlungsmethode ist offensichtlich die Therapie mit Mönchspfeffer, einem pflanzlichen Samenextrakt mit dopaminsensibilisierender Wirkung.

Da der gestörte Blutzucker-Stoffwechsel beim Cushing-Syndrom im Vordergrund steht, muss die Steuerung der Glucosekonzentration im Blut in Balance gebracht werden. Hierzu ist eine Futterumstellung hin zu artgerechter Ernährung notwendig (reichlich Heu, Reduktion von Stärke und Zucker, Ergänzung mit Kräutern), ebenso wie regelmäßige Bewegung und artgerechte (stressreduzierte) Haltung.

Dr. Frauke Garbers, Biologin

Quellen


www.eqivetinfo.de/html/cushing.html
www.st-hippolyt.de/de/beratung-und-aktuelles/futterjournal/ausgabe-14/237-sanfte-rosskur-fuers-cushing-syndrom
www.dr-susanne-weyrauch.de/cushing-syndrom-seniorenkrankheit-oder-ern%14hrungsmangel
www.biokurs.de/skripten/12/bs-49.htm
www.hygeia.de/cortisol
www.chiropraxis-gimplinger.de/cms/projekt01/dissertation/thema.html
www.medizinfo.de/diabetes/physiologie/insulin.htm
www.gesundheit.de/medizin/naturheilmittel/heilpflanzen/moenchspfeffer
www.vetline/facharchiv/pferde/journal-club/langzeittherapie-mit-pergolid.htm

Bildnachweis:

Abujoy - wikimedia commons

03.08.2017

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