Mein Pferd hat schlechte Hufe

Wann ist die Fütterung schuld?

Das Lauftier Pferd ist nur so gut wie sein schlechtester Huf. Ein bekannter Spruch, doch was tun, wenn es dort unten, trotz bester Pflege und guten Haltungsbedingungen, bröckelt und bricht? Kann es am Futter liegen? Es kann! Allerdings sind die Zusammenhänge zwischen Hufgesundheit, Fütterung, erblicher Veranlagung, Pflege und Haltungsbedingungen sowie Bewegung äußerst komplex.

Hufe als Spiegel des allgemeinen Gesundheitszustands

Typische Anzeichen einer Selenvergiftung



In Bezug auf die Ernährung sollten Sie sich als Pferdebesitzer vor Augen führen, dass Hufe, Haut und Haare mit ihren Anhangsgebilden und Drüsen ein System bilden, das denselben Nahrungsbedarf hat. Die Hufe lassen – wie das Haarkleid – Schwächen und Störungen rasch erkennen und sind daher ein zuverlässiger Indikator für den Gesundheitszustand des Pferdes.

Selten wird ein Pferd mit ernährungsbedingt schlechten Hufen schönes glänzendes Langhaar und ein seidiges Fell haben. Meist sind schlechte Hufe mit einer Störung des Allgemeinzustands gekoppelt. Da geht es den Pferden nicht anders als uns Menschen. Wenn Sie überlegen, was bei uns Ursache schlechter Fingernägel, brüchiger Haare und fader Haut sein kann, dann wissen Sie im Prinzip auch schon viel über die Zusammenhänge beim Pferd.




Solche Rillen in der Hornkapsel sind typische Hinweise auf Stoffwechselstörungen und damit verbundene Störungen in der Hornproduktion.


Ernährungsbedingte Faktoren

Sind Ernährungsfaktoren die Ursache für Haut, Haar- und/oder Hufprobleme, so kann es sein,

  • dass das Pferd insgesamt oder in Bezug auf einzelne Nähr-, Vitalstoffe, Spurenelemente, Mineralstoffe, Vitamine etc. nicht genügend erhält,
  • dass es diese nicht ausreichend verwerten kann (z. B. schlechte Zähne, Stoffwechselstörungen),
  • dass „Fehlfütterungen“ zu Verwertungsstörungen führen (z. B. zu enges Calcium-Phosphor-Verhältnis, zu viel Eiweiß),
  • dass insbesondere wichtige Grundbausteine für ein gesundes Hufhornwachstum in der Nahrung fehlen oder im Mangel sind (z. B. Zink, Biotin, Vit. A, Methionin / Cystein) oder
  • dass zu viel von bestimmten Nahrungsstoffen aufgenommen wird (z. B. Selen).

Wichtige Nährstoffe

Es hat sich gezeigt, dass das Hufhorn nur durch eine sehr komplexe Versorgung mit unterschiedlichen Nährstoffen beeinflusst werden kann. So sind die schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin und Cystein wichtig für die Bildung eines gesunden Bindegewebes und damit einer gesunden Huflederhaut als „Wachstumszone“ des Hufhorns. Kupfer und Vitamin C sind ebenfalls erforderlich, denn sie dienen als Katalysatoren bei der Bildung eines festen und gesunden Horns. Essenzielle Fettsäuren und Lecithin sind für ein gesundes und glänzendes Haarkleid und auch für geschmeidiges und gut durchfeuchtetes Hufhorn notwendig.
Vitamin A hat große Bedeutung für die Haut und die Schleimhäute. Ein Mangel wirkt sich negativ aus auf die Haut, auf alle Organe, die Schleimhaut besitzen, auf die Hufe und bei Stuten auch auf die Fruchtbarkeit.

Das Pferd stellt Vitamin A selbst her aus Carotin (1 mg ß-Karotin = 400 IE Vit. A); dieses muss es in genügender Menge zu sich nehmen. In frischem Grünfutter ist stets genügend Carotin enthalten, in der Winterfütterung muss die Carotin-Versorgung aber beachtet werden. Eine Überdosierung von Carotin gibt es nicht, bei der direkten Vitamin A-Zufuhr sind aber Höchstgrenzen einzuhalten.





Ein Pferd in so schlechtem Zustand wird auch schlechte Hufe haben.




Bisher wenig beachtet: Siliciummangel

Auf Grund der jahrzehntelangen Züchtung auf Massenertrag fehlen in vielen Gräsern und Halmgewächsen Mineralien und Mikro­nährstoffe, oder sie sind nur unzureichend verfügbar. Neben Calcium und Magnesium gilt dies für ein bislang in der Pferdefütterung wenig beachtetes Element, das Silicium. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass der Gehalt an Siliciumdioxid (SiO2) in manchen Getreidesorten in den letzten hundert Jahren um bis zu 80 Prozent abgenommen hat. Beim Menschen sind die Folgen längst bekannt: schlechtes Bindegewebe, Cellulite, vorzeitige Hautalterung bis hin zu Magen-Darm- oder Gelenkproblemen und anderen Störungen. Da die Grundlage unserer Pferdefütterung jedoch Gräser und Getreide sind, fehlt im Stoffwechsel unserer Vierbeiner – besonders in den schnell wachsenden Körpergeweben wie Hufe, Haut und Haare – meist auch der lebensnotwendige Baustein SiO2.

Gezielte Nahrungsergänzung zur Verbesserung des Huf-, Haut- und Fellwachstums

Deshalb muss bei mangelnder Hornqualität und stagnierendem Hufwachstum neben Calcium, Magnesium, Zink und Eisen auch SiO2 ergänzt werden. SiO2 sollte vor allem bei Fohlen ergänzt werden, denn in der Jugendzeit werden die Weichen auch für gute oder schlechte Hufe gestellt. Was in dieser Zeit versäumt wird, kann nie wieder aufgeholt werden. Übrigens: Wenn Fohlen am Sand lecken oder diesen sogar aufnehmen, ist dies ein mehr als deutliches Zeichen, dass SiO2 fehlt.

Biotin – eine Wunderwaffe gegen Hufprobleme?

Der Einfluss von Biotin – auch als Vitamin H bezeichnet – auf die Beschaffenheit des Hufhorns ist unumstritten. Doch ist eine zusätzliche Ergänzung über die Fütterung beim Pferd eigentlich nicht notwendig, da Biotin von den Mikroorganismen in Blind- und Grimmdarm in ausreichender Menge gebildet wird.

Nur bei Verdauungsstörungen – z. B. nach Koliken, Durchfallerkrankungen oder bei einer Antibiotika-Therapie – und in Stresssituationen reicht diese Eigenproduktion nicht mehr aus. Aber auch Fütterungsfehler (z. B. zu große Kraftfuttermengen oder wenn Kraftfutter grundsätzlich vor der Raufuttergabe gefüttert wird) können die Darmflora schädigen und damit die Biotinsynthese hemmen. Und natürlich müssen die Mikroorganismen selbst genügend „Futter“ für die Synthes des Biotins bekommen. Dieses „Futter“ ist in erster Linie Heu.

Amerikanische Studien haben gezeigt, dass nur etwa fünf Prozent der Pferde mit Hufproblemen auf reine Biotinzugaben ansprechen. Und die weltweit bekannteste Untersuchung zu Biotin – durchgeführt an der Spanischen Hofreitschule in Wien – hat gezeigt, dass täglich mindestens 15 mg Biotin pro Pferd verabreicht werden müssen.
Außerdem muss die Zufütterung langfristig erfolgen: Im Versuch dauerte es mindestens acht Monate, bis die ersten Wirkungen erkannt werden konnten. Im Bereich der weißen Linie (oft eine Problemzone in Sachen Huffestigkeit) kann man mit ersten Erfolgen erst nach 14monatiger Zufütterung von Biotin rechnen.
Hinsichtlich der Festigkeit des Hufhorns insgesamt sind noch weitaus längere Zeiträume zu kalkulieren. Allerdings scheint die positive Wirkung der Biotinzugabe auch nach dessen Absetzen über einen längeren Zeitraum „nachzuwirken“.



Bröckeliges Wandhorn, ein „schwarzer Graben“, wo eigentlich die Weiße Linie sein sollte und schlechtes Strahlhorn sind vergleichbare Symptome wie bei Menschen brüchige Fingernägel. Auch die Ursachen sind oft ähnlicher Natur.



Welchen Einfluss haben die verschiedenen Spurenelemente?

Neben dem Biotin haben auch bestimmte Spurenelemente einen Einfluss auf die Hornbeschaffenheit. Gesunde Hufe benötigen Zink, Kobalt, Kupfer und Eisen, um Keratin zu bilden. Keratin festigt die äußeren Schichten des Hufs und der Haut.

Bei unzureichender Keratinbildung bleibt der Huf weich und verletzungsanfällig. Untersuchungen des Instituts für Tierernährung der Hochschule Hannover aus dem Jahr 1995 haben gezeigt, dass fast alle Pferde mit schlechtem Hufhorn einen Zinkmangel hatten. Wie weit verbreitet Zinkmangel insbesondere bei Freizeitpferden ist, zeigt auch die Meisterarbeit im Rahmen der Prüfung zum Pferdewirtschaftsmeister von Hufpflegerin Nina Besser aus Salzgitter aus dem Jahr 1993: Sie ermittelte in ihren Untersuchungen an 112 Pferden über Zusammenhänge zwischen Haltung, Fütterung und Hufqualität bei 60 Prozent der Pferde einen akuten Zinkmangel.

Zu viel Selen kann zur Vergiftung führen

Auch Vitamin E und Selen sind wichtig für den Stoffwechsel und damit auch für die Gesundheit des Hufs. Selen (Se) ist ein Zellschutzelement. Eine Unterversorgung schwächt die Infektionsabwehr. Sie kann bei ausschließlicher Heu- / Haferfütterung vorkommen. Vorsicht jedoch bei zu viel Selen! Es kann beim Pferd bereits bei 2 mg pro kg Futtertrockensubstanz – das entspricht der zehnfachen Überdosierung des Erhaltungsbedarfs – Vergiftungserscheinungen hervorrufen.
Weil Selen den Schwefel in den schwefelhaltigen Aminosäuren des Strukturproteins Keratin ersetzt, werden brüchige, nichtfunktionelle Haare und Hufe gebildet. Betroffene Pferde lahmen, der Kronsaum verändert sich und es entwickeln sich von der Eckstrebe bis zum Hufrücken tiefe Ringe in der Hufwand. In schweren Fällen können die Pferde sogar ausschuhen.

Vergiftungen können durch die Aufnahme besonders selenhaltiger Pflanzen verursacht werden, die allerdings nicht in Deutschland, sondern nur in Nordamerika, Irland, Israel, Australien, China oder Südafrika vorkommen. Probleme können jedoch in industriellen Gebieten vorkommen, wenn der Selengehalt im Boden durch Emissionen erhöht ist oder es durch Klärschlammdüngung zu Selenanreicherung in Pflanzen kommt. Ebenso kann das Trinkwasser durch Eintrag über das Grundwasser in solchen Gebieten erhöhte Selengehalte aufweisen. Eine weitere Quelle von Selenvergiftungen sind Mischfehler bei der Herstellung selenhaltiger Zusatzfuttermittel oder Überdosierung von Injektionslösungen zur Prophylaxe des Selenmangels.

2 bis 3 mg Selenit oder Selenat/kg Futtertrockenmasse (2 bis 3 ppm) führen beim Pferd zu chronischen Vergiftungen. Ebenso geht ein Selengehalt im Trinkwasser von über 10 ppm mit chronischen Vergiftungen einher sowie die tägliche Aufnahme von 44 mg Selen/kg Körpergewicht übers Futter.

Eiweißüberfütterung als Ursache von Hufproblemen

Wenn Pferde mehr Protein bekommen als sie benötigen (z. B. auf Grund zu hoher Kraftfutterration oder zu langem Weidegang etc.), entsteht eine erhöhte Belastung für Leber und Nieren, weil diese den durch die Proteinumsetzung entstehenden Ammoniak ausfiltern müssen. Wird dieser Leber- und Nierenstress zum Dauerzustand, so sind Langzeitschäden im Stoffwechsel vorprogrammiert, die auch negative Auswirkungen auf das Hufwachstum haben können. Dazu gehört in erster Linie die Übersäuerung.

Auch eine der gefährlichsten Huferkrankungen, die Hufrehe, wird häufig durch Fütterungsfehler ausgelöst. Beispiele dafür sind

  • plötzliche Futterumstellung, wodurch die Darmbakterien absterben
  • Eiweißüberschuss durch zu viel Kraftfutter oder junges Weidegras
  • Fructan aus schnell wachsenden Gras­sorten bei kalter Witterung, wenn die Pflanzen diesen Speicherstoff noch nicht abgebaut und zum Wachstum genutzt haben
  • Vergiftungen

Karin Kattwinkel, Walsrode

05.09.2017

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