Mutterkorn

- auf der Pferdewiese!

 
 

Neulich dachte ich zunächst, ich traue meinen Augen nicht: MUTTERKORN? An Wiesengräsern? Und direkt am Grasrand neben meiner Wiese? Aber doch, das was ich da gefunden hatte, war ganz zweifelsfrei Mutterkorn.

Also begann ich zu recherchieren: Ja, nicht nur Getreide, sondern tatsächlich auch andere Gräser werden von Mutterkorn befallen. Und offenbar ist Mutterkornbefall an überständigem Gras gar nicht mal so selten. Nur liest man darüber trotzdem recht wenig. Die Informationen, die ich zu Mutterkorn auf der Wiese fand, waren auch eher spärlich.

Mir stellen sich nun die Fragen: Was bedeutet dieser Mutterkornbefall für uns Pferdehalter? Wie oft kommt das vor? Welche Konsequenzen müssen wir ziehen und welche Probleme unserer Pferde hängen möglicherweise auch mit Mutterkorn auf der Wiese zusammen?

Zunächst einmal: Was ist Mutterkorn?

Als Mutterkorn wird das Sklerotium (verhärtete Dauerform) des Mutterkornpilzes Claviceps purpureabezeichnet. Dieser Pilz befällt vor allem Getreide, aber auch Gräser. Während der Getreide- und Gräserblüte verbreiten sich die Sporen durch dem Wind. Die Hyphen, also die fadenförmigen Zellen des Pilzes, dringen in den Fruchtknoten der Gräserblüte ein. Der Pilz bildet dort zunächst ein Pilzmyzel (Geflecht), das dann annähernd zur gleichen Zeit wie die Samen in der Ähre zum Sklerotium, also zum Mutterkorn reift. Später fällt es aus der Ähre heraus und überwintert auf dem Boden. (In dieser Darstellung habe ich der Einfachheit halber einige Entwicklungsschritte übersprungen. Ich bitte darum, dieses zu entschuldigen! Ich möchte es hier nicht zu kompliziert machen ...)

Das Mutterkorn ist länglich und ähnlich geformt wie ein Getreide- oder Gräsersamen. In der Ähre fällt es meist dadurch auf, dass es dunkel gefärbt und etwas größer ist als die jeweiligen Samen. Das Innere des Mutterkorns ist hell, fast weiß. Auf den Fotos ist gut zu erkennen, wie unterschiedlich Mutterkorn aussehen kann: Manchmal ganz auffällig groß und gekrümmt, manchmal muss man schon sehr genau hinschauen.

Wo tritt es auf?

Diese Erklärung ist wichtig, um deutlich zu machen, wann und wo Mutterkorn zu finden sein könnte: Nämlich an Gräsern nach der Blüte, also ab ca. Juli bis ca. September. Betroffen sind also vor allem Flächen mit überständigem Grasbestand. Besonders in Heulage (bzw Silage) von solchen Flächen sind dann ebenfalls die giftigen Sklerotien enthalten. Bei der Heugewinnung dagegen fallen viele Mutterkörner während des Wendens des schon recht trockenen Grases aus den Ähren aus, so dass das Risiko von Vergiftungen zwar reduziert, aber nicht ausgeschlossen ist.

Mutterkorn enthält giftige Alkaloide, die vielfältige Probleme verursachen können. Zu den durch Mutterkorn verursachten Vergiftungssymptomen gehören z.B. Durchfall, Nekrosen an den Gliedmaßen, Lahmheiten und einiges mehr.

In der Futtermittelverordung ist festgelegt, dass Futtermittel nicht mehr als 0,1 % Mutterkorn enthalten dürfen. Das sind also 1 g Mutterkorn pro kg Futter. In dieser Dosierung soll es unbedenklich sein. Im Lebensmittelbereich gilt für Mutterkorn in Getreide jedoch der Grenzwert 0,05 %. Ob es möglich ist, dass Pferde tatsächlich diese Menge an Mutterkorn auf der Wiese aufnehmen, kann ich nicht sagen. Auf der Seite „Giftpflanzen für Pferde“ las ich, dass bereits 20 Sklerotien (also Mutterkörner) zu Vergiftungserscheinungen führen können. Damit sind jedoch die größeren Sklerotien aus Getreideähren gemeint. Über die Gefahr auf Pferdewiesen konnte ich eher wenig Informationen finden. Offenbar ist Mutterkorn auf Wiesen in der Pferdehaltung bisher kein großes Thema.

Trotzdem: Mutterkorn ist stark giftig. Und es ist auf Pferdeweiden zu finden. Aber auch, wenn die kritische Dosis vermutlich auf der Wiese nicht erreicht wird: Ich denke, es ist gut und wichtig, doch mal genauer hinzuschauen. Vielleicht ist manchmal dann doch das Mutterkorn einer der Punkte, die „das Fass zum überlaufen bringen“. Und für mich stellt sich nun die Frage, ob man die gerade in diesem August gehäuft auftretenden heftigen Maukeausbrüche u.U. mit Mutterkorn auf der Wiese in Verbindung bringen könnte ...

Ich würde mir wünschen, dass wir Pferdehalter darüber mehr Informationen sammeln. Wer hat schon Mutterkorn auf der Wiese gefunden? Gab oder gibt es gesundheitliche Probleme? Wie kann man damit umgehen? Gibt es da Erfahrungen?

Natürlich! Direkt nach der Blüte zu mähen, ist eine Möglichkeit. Aber ist es die einzige Lösung? Ich denke, es sind noch viele Fragen offen und ich würde mich über einen Austausch freuen! Denn ich vermute ganz stark: Es sind doch viele Wiesen betroffen! Denn auch bei Spaziergängen hier in der Umgebung habe ich einige betroffene Gräser (vor allem in Nähe von Getreidefeldern) gefunden.

Almut Helwig, Betzendorf


Quellenangaben:

http://www.pflanzenkrankheiten.ch/index.php/de/krankheiten-an-kulturpflanzen/getreide-mais/roggen/82-mutterkorn-claviceps-purpurea-sc
(Redaktion Pflanzenkrankheiten, Schubiger Franz Xaver)
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Mutterkornpilz

http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?clinitox/toxdb/pfd_011.htm?clinitox/pfd/toxipfd.htm
(Institut für Vetirinärpharmakologie und -toxikologie, Schweiz)

http://www.giftpflanzen-fuer-pferde.de/Mutterkorn.htm
(Dietbert Arnold)


Ganz herzlich möchte ich mich für die Fotos bedanken bei Andreas Kögel, Betzendorf, Atelier für Gestaltung, www.heideknipser.de

Weitere Informationen

http://www.bfr.bund.de/cm/350/analytik_und_vorkommen_von_mutterkornalkaloiden_in_ausgewaehlten_lebensmitteln.pdf

Untersuchungen zu Nachweis und Vorkommen von Ergotalkaloiden in Futtergräsern der Universität Gießen:
http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2012/8673/pdf/RiemelJasmin_2012_02_14.pdf

05.09.2017

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